Angeklagt - Dr. Bruckner
steckte den Zündschlüssel ins Schloß und ließ den Wagen an. Bevor er abfuhr, legte er noch einmal seinen Arm um sie und zog sie an sich. »Du ahnst nicht, wie froh ich bin, daß ich dich kennengelernt habe. Fast hätte ich eine Sünde begangen …«
Er legte dann den ersten Gang ein und fuhr langsam ab.
»Wieso eine Sünde?« wiederholte sie fragend.
»Ich hätte fast gesagt, daß deine Bekanntschaft den Tod meiner Mutter wert war. Aber so etwas darf man nicht einmal denken.«
Er fuhr durch die nachtleeren Straßen und kam zügig voran.
Es dauerte nicht lange, bis in der Ferne das rote Backsteingebäude der Bergmann-Klinik auftauchte.
»Halt bitte hier«, bat sie ihn.
Er schaute sie erstaunt an. »Warum soll ich dich nicht bis vor die Tür fahren?«
Sie mußte an den Pfleger denken und an seine Worte, die er beim Verlassen der Klinik zu ihr gesagt hatte. »Ich möchte jedes Gerede über uns vermeiden. Sieh mal –«, sie schaute ihn bittend an. »Gerade weil ich noch die Doktorarbeit zu machen habe, möchte ich dem Klinikklatsch fernbleiben. Es wird zu gern und zuviel geredet. Verstehst du das?«
Er dachte nach, dann nickte er. »Wahrscheinlich hast du recht. Außerdem ist es ja nicht weit. Ich werde hier stehenbleiben und warten, bis du in der Klinik verschwunden bist.«
»Schau mal an, wer da ist!« Dr. Bruckner und Dr. Heidmann kamen von der Autobushaltestelle. Sie hatten den letzten Bus genommen, der von der Stadt in Richtung Klinik fuhr, und bummelten nun die Straße entlang, die zur Klinik führte.
»Peter Schnell und Barbara Pellenz!« Bruckner zog Heidmann, der stehengeblieben war, zur Klinik hin. »Die sind so beschäftigt, die sehen uns gar nicht.«
»Vielleicht sollten wir beim Pförtner auf sie warten. Man könnte sie ja dann fragen, ob sie bereit sei, mit Herrn Schnell zu sprechen!«
»Ich weiß nicht, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist.« Dr. Bruckner schaute auf die Uhr. »Auf alle Fälle hat sie heute noch Dienst. Sie müßte eigentlich jetzt schon in der Klinik sein und nach den Schwerkranken sehen.«
Sie waren auf der anderen Straßenseite vorbeigegangen. Unbemerkt waren sie zum Eingang der Klinik gelangt.
Johann Heidmann drehte sich noch einmal um. »Die scheinen sich überhaupt nicht trennen zu können«, brummte er vor sich hin.
»Neidisch?« Dr. Bruckner schaute ihn lächelnd an.
Heidmann stutzte einen Augenblick, dann nickte er. »Sie sagen es! Ich möchte gern anstelle von Peter Schnell sein und die Studentin Barbara im Arm halten. Ich nehme an«, ein schelmisches Lächeln spielte um seinen Mund, »daß Sie auch nicht gerade dagegen wären?«
»Absolut nicht! Aber man soll nicht nach sauren Trauben schielen. Unsere gute Barbara ist ja nun in festen Händen, wie es scheint …«
»Aber in was für Händen!« Heidmann schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, daß Sie die Hände von Menschen, die Ihnen so schaden, auch noch in den Mund nehmen …«
»Sie werden Ihre Antipathie, die Sie Herrn Schnell gegenüber haben, doch etwa nicht auf unsere geschätzte Kollegin Pellenz übertragen? Kommen Sie –«, Bruckner nahm Heidmanns Arm und nickte in die Gegend, in der Peter Schnells Auto stand, »unsere Kollegin kommt hierher. Sie soll nicht das Gefühl haben, daß wir sie bei ihrer kleinen Abschiedsszene beobachtet haben. Wir gehen auf Station. Da können wir auf sie warten. Und dann können Sie ja vielleicht versuchen, mit ihr über Ihr Vorhaben zu sprechen, auch wenn ich meine, daß es keinen Zweck hat. Unter diesen Umständen –«, Thomas Bruckner schaute die Straße zurück, auf der Barbara Pellenz jetzt entlang kam, »wird Ihr Plan kaum auf Zustimmung treffen.« Er zog Heidmann in die Klinik, und sie stiegen die Treppen hinauf, die zu Dr. Bruckners Abteilung führten.
Dieser schloß die Tür mit seinem Generalschlüssel auf, trat in den Korridor und ging zum Dienstzimmer. Es war leer.
Die Nachtschwester befand sich auf ihrer Runde durch das Krankenhaus.
»Wollen Sie jetzt nach Ihrem Patienten schauen?« Dr. Heidmann ging zum Schreibtisch, zog die Schublade auf und holte die Krankengeschichte heraus.
»Nein, warten wir, bis Frau Pellenz gekommen ist. Wir können gemeinsam mit ihr in das Krankenzimmer gehen. Auf diese Art stören wir den Patienten nur einmal. Sie hätten es als Schwerkranker auch nicht gern, wenn alle Augenblicke jemand das Zimmer betritt.«
Barbara zögerte ein wenig, als sie sich der Klinik näherte. Sie sah in dem ungewissen Licht zwei
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