Angeklagt - Dr. Bruckner
zubereitet?«
Er hatte sich erhoben, war ins Nebenzimmer gegangen und kam mit zwei Gläsern voller Krevetten zurück.
»Natürlich. Ich koche gern! Du etwa nicht?«
Sie überlegte, ob sie ihm die Wahrheit sagen sollte. Sie setzte sich nämlich viel lieber an einen gedeckten Tisch, als selber das Essen zuzubereiten.
»Ein bißchen, aber – ich bin keine gute Köchin.«
»Das macht nichts. Es genügt, wenn einer von zwei Menschen kochen kann.«
Es kam ihr in den Sinn, daß er schon über sie verfügte, als seien sie bereits ein Ehepaar.
»Ihr habt wieder auf Station einen Patienten, der –«, seine Stimme nahm einen merkwürdigen Klang an, »unheilbar krank ist und von Dr. Bruckner operiert wurde?«
Sie schaute ihn überrascht an. »Woher weißt du das?«
»Ich müßte nicht Journalist sein, um nicht über die Vorfälle Bescheid zu wissen, die sich an einem Ort abspielen, den ich observiere. Ich bin nur gespannt, wann Dr. Bruckner diesen Patienten umbringen wird.«
»Du sprichst immer vom Umbringen!« Barbara legte ihre Gabel beiseite. Vorwurfsvoll schaute sie ihr Gegenüber an. »Es sind schwerkranke Menschen, die eigentlich gar keine Lebenserwartung mehr haben …«
»Dann wärst du also auch bereit, einem Menschen dabei zu helfen, schnell ins Jenseits zu kommen, wenn er unheilbar krank ist?«
Barbara aß ihr Glas leer. Sie legte die Gabel beiseite und schaute Peter kopfschüttelnd an. »Du fragst reichlich merkwürdig.«
»Sag –«, er war aufgestanden, stellte die leeren Gläser auf ein Tablett, nahm es, ging zur Tür und blieb hier stehen, »du würdest also auch Euthanasie betreiben?«
»Du weißt, daß ich eine Doktorarbeit über dieses Thema schreibe. Da habe ich mich selbstredend mit dieser Frage auseinandersetzen müssen. Natürlich würde ich passive Euthanasie betreiben, wenn ich die Gelegenheit dazu haben würde …«
»Was soll das heißen?« Seine Stimme wurde plötzlich scharf. »Du würdest also einen Menschen umbringen, wenn du glaubst, er könnte nicht mehr weiterleben?« Er war an den Tisch zurückgekommen.
Barbara blieb ganz ruhig und erklärte: »Du mußt den Unterschied zwischen passiver und aktiver Euthanasie kennen«, erklärte sie. »Passive Euthanasie ist das, was wohl an den meisten Krankenhäusern geübt wird, wenn sie nicht so übertrieben handeln, nur der modernen Technik zu huldigen und nicht mit allen Mitteln, wie es heute leider oft genug geschieht, ein Leben verlängern wollen, das unrettbar todgeweiht ist. Man läßt der Natur den freien Lauf. Das ist der Unterschied zur aktiven Euthanasie. Dabei gibt man dem Menschen ein tödliches Gift, damit er rascher von seinen Leiden erlöst wird. Aber bitte –«, sie schaute zu ihm auf, »müssen wir uns denn über so ein schreckliches Thema unterhalten? Ich möchte wenigstens am Abend nichts mehr davon hören. Ich muß mich ja schon den ganzen Tag mit solchen Dingen beschäftigen. Bitte …«
Er schaute sie prüfend an, dann beugte er sich zu ihr hinunter und strich über ihr Haar. »Verzeih, wenn ich etwas hart mit meinen Worten und meinem Urteil bin. Aber ich habe den Tod meiner Mutter immer noch nicht überwunden. Es wird eine Weile dauern. Bitte – gib mir Zeit und hilf mir dabei. Versprichst du mir das?«
»Ich verspreche es dir!« Sie stand auf und zog ihn an sich. »Und nun will ich dir helfen, den zweiten Gang aufzutragen. Ich bin wirklich gespannt, was du zusammengezaubert hast.« Sie schnupperte zur Tür hin. »Es riecht ja sehr verlockend.«
»Hammelkeule mit Bohnen«, erklärte er stolz. Er lief ihr voran in die Küche. Sie folgte ihm und war glücklich, daß es ihr noch gelungen war, die Spannung, die sich heute Abend ausbreiten wollte, beseitigt zu haben.
8
Thomas Bruckner war mit Johann Heidmann zum Rhein gefahren. Sie bummelten am Ufer entlang. Bruckner hatte das Abendessen nicht in der Klinik einnehmen wollen. Er scheute das Gerede der Kollegen, die meist unbewußten Ablehnungsbezeigungen, die von den Ärzten der anderen Abteilungen, die ebenfalls im Kasino aßen, mehr oder minder deutlich gezeigt wurden.
Er kam sich vor, als ob er Spießruten liefe, als er am Nachmittag über den Hof ging, um ins Ärztehaus zu gelangen.
»Machen Sie sich nichts daraus«, hatte in Marthe Schwertlein, die alte Beschließerin des Ärztehauses, begrüßt, als er das Gebäude betrat. »Wir glauben ja nicht, daß Sie irgendeine Schuld trifft.«
Er drückte ihr die Hand. »Sicher glaubt es niemand, aber irgendwo
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