Angel City Love (German Edition)
zu finden. Plötzlich stutzte sie. Jemand hatte das Tor offen gelassen. Maddys Intuition schien sie zu warnen. Warum sollte jemand das Tor unverschlossen lassen? Natürlich konnte jemand vergessen haben, es zu schließen, aber das war unwahrscheinlich. Maddy war sich sicher, dass Jacksons Familie extra Personal hatte, das das Anwesen überwachte.
Maddy ging auf den Spalt zwischen den schmiedeeisernen Torflügeln zu und lugte hinein. Jemand musste es absichtlich offen gelassen haben, dachte sie. Aber warum sollte jemand ein solches Sicherheitstor offen lassen? Die Antwort kam ihr unvermittelt: damit jemand hineingelangen konnte.
»Leg den Umschlag einfach irgendwo hinter dem Tor ab und dann lass uns wieder verschwinden.«
Maddy betrachtete den Brief in ihrer Hand.
»Es tut mir so leid, Jackson«, flüsterte sie. »Mach’s gut.«
In dem Moment hörte sie den Schrei.
Er hallte über die lange Auffahrt und schien kurz vor dem Tor zu verklingen. Hätte sie nicht so nahe gestanden, hätte sie ihn vermutlich überhaupt nicht gehört. Es war der qualvolle Schrei einer Frau, aber ihr Leid hatte nichts mit körperlichen Schmerzen zu tun. Maddy lief ein Schauer über den Rücken.
»Hast du das gehört?«, fragte Gwen verblüfft.
Maddy zögerte nur einen kurzen Moment, ehe sie sich durch das Tor zwängte und Gwen bedeutete, ihr zu folgen.
»Komm mit«, flüsterte sie. »Folge mir und verhalt dich ruhig.«
Sie gingen geduckt immer an der Mauer der Auffahrt entlang und schlichen lautlos die gewundene Zufahrt hoch.
»Warte«, flüsterte Maddy und zog Jacksons Göttlichen Ring aus dem Umschlag. Zur Sicherheit fädelte sie ihn wieder an das Kettchen um ihren Hals. Dann setzten sie ihren Weg fort, bis das spektakuläre Gebäude in Sicht kam, das in einen perfekt gepflegten Garten eingebettet lag.
»Oh mein Gott, das Haus ist ja der Hammer, oder?«, flüsterte Gwen hinter ihr.
»Pst!«, zischte Maddy. Sie blieb stehen, dort wo die Mauer gerade noch hoch genug war, um sie zu verbergen, und blickte zum Haus hinüber. Jacksons Ferrari stand in der Einfahrt. Zusätzlich gab es drei schwarze Escalades mit getönten Scheiben. Das verhieß nichts Gutes. Die Haustür stand ebenfalls offen. Von drinnen waren laute Stimmen zu vernehmen. Es klang nach einem Streit.
»Ich muss näher ran«, flüsterte Maddy. Gebückt bewegte sie sich vorwärts und kauerte sich hinter einen runden Brunnen gleich neben den Wagen, die direkt vor dem Haus parkten. Jetzt konnte Maddy den Wortlaut der Auseinandersetzung verstehen. Sie zuckte angesichts der Feindseligkeit der Worte zusammen.
»Es war die einzige Möglichkeit, wie wir ihn ohne viel Aufsehen ins Haus schaffen konnten«, blaffte eine tiefe, autoritäre Stimme.
»Er ist dein Sohn! Du hast es versprochen! Tu etwas!« Das war wieder die Frau. Ihre Stimme klang so scharf und schneidend wie zerbrochenes Glas.
»Ich tue lediglich meine Pflicht, Kris«, erwiderte die männliche Stimme.
Maddy spürte, wie sich ihr Herz verkrampfte. Kris. Jacksons Mutter. Dann kam plötzlich jemand aus dem Haus oder wurde vielmehr nach draußen geführt. Maddy erstarrte.
Es war Jackson. Vier breitschultrige Kerle in schwarzen Anzügen begleiteten ihn. Sie hatten makellose, wie gemeißelte Gesichter. Das waren keine Menschen. Das waren Engel. Einer von ihnen hatte Jackson die Hand auf die Schulter gelegt. Als ein anderer sich umdrehte, um etwas zu sagen, erkannte Maddy, dass sein Anzug hinten im Jackett einen Schlitz hatte. Für die Flügel. Das musste die Engelspolizei sein, dachte Maddy. Ihr wurde schwer ums Herz.
Es war also alles eine Lüge gewesen. Kevin konnte es nicht gewusst haben, und Jacksons Mutter auch nicht. Sie waren alle drei hereingelegt worden. Der angebliche »Kompromiss« war allem Anschein nach nichts weiter als ein Trick gewesen, um Jackson dazu zu bewegen, freiwillig mitzukommen, damit man sich in aller Stille um ihn kümmern konnte. Kein Kampf unter den Engeln vor den Augen der ganzen Welt. Kein schwarzer Fleck auf der Weste der Unsterblichen. Kein Skandal. Sylvester hatte recht gehabt, fuhr es Maddy durch den Sinn. Die Erzengel waren wirklich zu allem bereit, wenn es darum ging, ihren eigenen Ruf zu wahren.
Und sie hatte ihnen dabei geholfen. Sie hatte Jackson an sie ausgeliefert.
Die Engelspolizisten kamen jetzt in ihre Richtung. Sie marschierten direkt auf die bereitstehenden Wagen zu. Jacksons Miene war ausdruckslos. Seine Augen wirkten farblos und grau und ihm hingen die Arme leblos
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