Angel City Love (German Edition)

Klassenclown. Sie waren seit ihrem ersten Ausbildungsjahr beste Freunde und das auch geblieben. Damals hatte Mitch sich über Jacksons Flügel lustig gemacht. Obwohl die breite Öffentlichkeit kaum etwas über die Ausbildung der Engel wusste, hatte die NGE immer wieder kleinere Informationen zu Jacksons und Mitchs Fortschritten durchsickern lassen und auch ihre Freundschaft hochgespielt. Ganz besonders ein Foto war berühmt geworden: Darauf waren die beiden als freche Dreizehnjährige zu sehen, die Arme vor der Brust verschränkt und die Flügel hinter sich ausgebreitet, Jacksons von unglaublicher Strahlkraft und die von Mitch mit einem unglaublich komplexen, labyrinthischen Muster. Gemeinsam hatten sie die todlangweiligen Grundlagen der Aerodynamik gemeistert, hatten es durch Kurse wie Multiple Frequencing und Fliegen für Fortgeschrittene 406 geschafft, bis die NGE vor ein paar Monaten zu ihrem Entsetzen überraschend verkündet hatte, dass Jackson eine Klasse überspringen würde, um der jüngste Schutzengel zu werden, der je seine Zulassung erhalten hatte. Mitch hatte das mit Fassung getragen, und dennoch fragte Jackson sich hin und wieder, ob ihn die Sache nicht doch verletzt hatte.
    »Ich weiß nicht, Alter«, meinte Jackson, der sich sein iPhone zurückholte. »Ich geh bestimmt auf ein paar der Veranstaltungen, klar, aber ich will’s auch nicht übertreiben.«
    Mitch war verblüfft. »Bist du irre? Jeder weiß doch, dass das Beste an der Ernennung zum Schutzengel die Partys sind. Und die Frauen. Es geschieht nur alle Jubeljahre, dass jemand in so jungem Alter wie du schon seine Zulassung erhält. Das sollte die beste Woche deines Lebens werden – und du willst dir das entgehen lassen?«
    Jackson fuhr sich mit der Hand durchs Haar und trank von seinem Kaffee. »Es ist nur … ich muss mich konzentrieren, Mitch.«
    »Ach nee«, stöhnte Mitch. »Jetzt geht das wieder los! Warum muss bei dir eigentlich immer alles perfekt laufen?«
    »Es muss ja nicht unbedingt perfekt sein …«
    Mitch stellte seine Tasse ab. »Die besten Noten an der Schule. Klassenbester beim Simulationstraining. Der beste Pilot im Grundkurs Fliegen …«
    »Okay, schon verstanden«, sagte Jackson. »Aber meine erste Rettungsaktion muss einfach fehlerfrei sein. Du weißt doch, was man sagt: Deine erste Rettung vergisst du bis in alle Ewigkeit nicht. Immerhin geht es um das Leben eines Menschen. Da trägt man große Verantwortung. Ich will doch nur alles richtig machen.«
    Mitch beugte sich zu ihm vor. »Als dein bester Freund lass dir von mir eines gesagt sein, auch wenn du es vermutlich eh schon weißt. Du hast Talent. Und zwar unglaublich großes. Weit größeres als ich …«
    »Das stimmt doch nicht …«
    »Und ob es stimmt. Ich kann dir sagen: Wer immer deine Schützlinge sein werden, sie sind in den besten Händen. Also bitte: Tu mir den Gefallen und versuch wenigstens, diese Woche ein bisschen zu genießen.«
    Jackson hob die Hände und gab sich geschlagen. »Na gut, ich verspreche es. Ich werde meinen Spaß haben.«
    In diesem Augenblick fuhr ein Mercedes G550 auf den Parkplatz. Sosehr der Angestellte, der für den Parkservice zuständig war, sich auch bemühte, nicht zu glotzen, konnte er doch den Blick nicht von der Fahrerin des Wagens lösen. Aber das hätte wohl keiner geschafft. Mit ihren smaragdgrünen Augen, den makellosen Zügen und den glänzenden braunen Haaren war Vivian Holycross ohne den geringsten Zweifel der heißeste weibliche Engel auf dem gesamten Planeten. Im Vergleich zu ihr sahen die Supermodels am Nebentisch ziemlich blass aus.
    Da sie erst siebzehn war, würde Vivian frühestens in zwei Jahren ihre Approbation erhalten, und dennoch war sie bereits jetzt ständig in den Medien. Sie entstammte einer der ältesten, einflussreichsten Engelsfamilien und ihr Leben war bislang glücklich und unbeschwert gewesen.
    Während ein Leibwächter sie über den Parkplatz und zur Terrasse des Cafés geleitete, wurde sie von Fans wie Paparazzi gleichermaßen umschwärmt. Sie trug ein Paar Schuhe von Miu Miu mit Leopardenprint und ein rotes ärmelloses Jerseykleid, unter dem ihr BH und die Male der Unsterblichkeit hervorblitzten. Zu diesem Outfit trug sie die passenden Accessoires, nämlich eine Tasche von Louis Vuitton und eine Sonnenbrille von Bulgari.
    »Schau nicht hin«, verkündete Mitch, während er das Durcheinander beobachtete, das Vivians Erscheinen ausgelöst hatte, »aber wir haben unerwarteten Besuch bekommen.