Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
Irrtum möglich.
Himmel, hilf. Zwar weiß ich nicht, was hier abgeht, aber eine kleine Spritztour ins Blaue ist es mit Sicherheit nicht.
Unauffällig halte ich nach einer Möglichkeit Ausschau, aus dem Auto zu springen. Leider sind wir schon aus der Stadt raus. Rote Ampeln sind nicht mehr zu erwarten. Anscheinend sind wir auf dem Weg ins Nirgendwo. Mir fällt auf, dass Riley auch viel schneller fährt als sonst. Dass ich bei voller Fahrt aus dem Auto springe, ist völlig ausgeschlossen. Wie gelähmt starre ich auf die Straße und versuche, nicht auszuflippen. Und plötzlich weiß ich, wohin die beiden wollen. Wir sind auf dem Weg zum Baggersee.
Wenig später hält Riley an dem Pfad, der zum See führt. Ich öffne die Tür und drehe mich um.
Taylor – oder wer immer sie ist – steht vor mir. «He, wo willst du hin?»
Gute Frage. Vor mir liegt der Feldweg, der erst nach einer guten halben Meile die Hauptstraße kreuzt. Ringsum befindet sich dichter Wald, in dem sich nichts regt. Zum Schwimmen wird keiner kommen, dazu ist es noch zu kalt. Für die abendlichen Pärchen dagegen ist es zu früh. «Ach, nirgends», erwidere ich schulterzuckend. «Was habt ihr denn jetzt vor?»
«Na, wir bleiben hier einfach ein bisschen. Wenn du magst, können wir auch nackt baden.»
Sonst noch was? «Sehr lustig. Das Wasser ist eisig.»
Taylor und Riley wechseln einen Blick. Als Taylor mich ansieht, sind ihre Augen leuchtend rot. «Und wennschon», sie lächelt verschlagen. «Hinterher kuscheln wir uns aneinander. Dann wird uns wieder warm.»
Mir wird übel. Riley steckt die Wagenschlüssel in die Tasche ihrer Shorts und läuft über den Pfad in Richtung See. Taylor wartet, bis ich Riley folge. Dann läuft sie mir hinterher. Auf dem Weg versuche ich zu überlegen, wie ich an den Autoschlüssel gelangen kann.
Wortlos trotten wir den Pfad entlang. Am See angekommen, setzt Taylor sich auf einen Felsen am Ufer. Ihre Augen flammen feuerrot auf. «Kommt, wir ziehen uns aus», schlägt sie vor. «Das Wasser sieht doch sehr einladend aus.»
«Ja, warum nicht?» Riley sieht mich auffordernd an. Mein Gott, auch ihre Augen haben angefangen, rot zu leuchten. «Ich geh nur rasch noch mal pinkeln.» Sie verschwindet zwischen den Bäumen. Mitsamt den Schlüsseln. Mist.
Taylor steht auf und kommt auf mich zu. «Du bist ja total verkrampft, Fee. Entspann dich.» An einer Hand, die wie Feuer brennt, zieht sie mich zu dem Felsen und drückt mich darauf nieder. Anschließend tritt sie hinter mich und massiert meine Schultern. Wenig später versucht sie, mir das T-Shirt auszuziehen. Ich schlage ihre Hände fort. «Lass das, Tay. Das Wasser ist zu kalt, verdammt noch mal.» Ihre Antwort besteht aus einer Art Knurren. Ich weiß, dass ich einen klaren Kopf bewahren muss. Aber mein Herz schlägt mir bis zum Hals, und das Blut rauscht in meinen Ohren. Ich kann mich einfach nicht konzentrieren. Plötzlich höre ich leises Rascheln in den Bäumen und fahre herum. Jemand tritt hervor. Ein paar dünne Sonnenstrahlen fallen auf seidiges schwarzes Haar.
«Luc!», rufe ich erleichtert, rutsche von dem Felsen und gehe ihm einen Schritt entgegen. Er hebt den Kopf.
«Hallo, Frannie», begrüßt er mich mit stechenden roten Augen. «Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Belias.»
Ich weiß, ich sollte davonlaufen, doch ich stehe wie angewachsen da. Vor meinen Augen verschwimmt es. Taylor schlängelt sich an mir vorbei und entfernt sich über den Pfad.
«Seit wir uns neulich begegnet sind, muss ich immerzu an dich denken», fährt Belias mit samtweicher Stimme fort. Meine Beine werden wie Gummi. Er tritt auf mich zu, fährt mit dem Finger über meine Wange und hinterlässt eine brennende Spur. «Alles ist gut, Frannie», raunt er. «Und wird sogar noch besser werden.» Er schlingt einen Arm um meine Taille und drückt mich an seinen glühend heißen Körper.
Mein Gehirn füllt sich mit Nebel. Widerstandslos sinke ich an seine Brust. Er fühlt sich wie Luc an, und deshalb schmiege ich mich an ihn und überlasse mich seinen heißen Händen. Als er mich küsst, geht mein Atem schneller, und ich lege meine Arme um ihn. In dem Augenblick höre ich die kleine Stimme, die «Nein!» in meinen Ohren schreit. Zwar kann ich noch immer nicht klar denken, aber instinktiv taste ich nach dem Kruzifix. Mit meinem allerletzten Rest Verstand löse ich mich aus Belias’ Armen. Dann reiße ich das Kruzifix hoch und ramme es ihm ins Auge.
Mit einem bestialischen Aufschrei
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