ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
erzählst, was ausgerechnet du in der Zelle des Seelenfressers wolltest.“
Oh, da weißt du wahrscheinlich mehr als ich , dachte ich sarkastisch. Er grinste gefährlich. „Auch wenn ich dich nicht töten kann, so wirst du dir doch schon sehr sehr bald wünschen, du könntest sterben.“ Lachend machte er ein paar Schritte zurück-
Der erste Hieb krachte so unvermittelt und schnell auf meinen Körper nieder, dass ich den Schrei nicht mehr zurückhalten konnte. Ich brüllte vor Schmerz, als die Glassplitter in mein Fleisch schnitten und Stücke mit sich rissen, als sie es wieder verließen. Alles, was ich hörte, war sein Lachen, dieses grausam kalte Geräusch wie splitterndes Eis und das Krachen der Peitsche, wenn sie sich in meine Haut grub. Ich zählte die Schläge nicht, aber es mussten viele, Hunderte, gewesen sein, als ich endlich das Bewusstsein verlor...
*
Ich wusste nicht, wie lange ich hier schon so hing. Mein Zeitgefühl hatte ich verloren. Mein Leben bestand nur noch aus Schmerz und Bewusstlosigkeit. Alles was ich spürte war Schmerz. Schmerz in jeder seiner farbenfrohsten, wundervollsten Facetten.
Ich wollte das Bewusstsein nicht wiedererlangen, aber das kalte Wasser, das man mir über den Kopf goss, fühlte sich auf meiner dünnen Haut an, wie siedendes Öl. Ich versuchte zu schreien, aber alles, was über meine Lippen kam, war ein in meinem eigenen Blut ersticktes Keuchen. Automatisch spannten sich meine Muskeln an und der Schmerz verhundertfachte sich wieder. Weiße Blitze zucken vor meinen Augen. Ich drohte schon wieder in die rettende Schwärze zu stürzen, als mich der Geruch von frischem, menschlichem Blut schlagartig in die wache Welt zurückkatapultierte. Das hungrige, gierige Knurren konnte ich nicht zurückhalten.
Der Graue, so nannte ich meinen Folterknecht still im Geiste, stand dicht vor mir, in der einen Hand ein Messer in der andern ein bewusstloses Mädchen. Meine Sicht schärfte sich schlagartig, als meine Augen ihre Farbe änderten. Von einem tiefen Grün zu unmenschlichem, wütendem Gelb. An dem rechten Handgelenk des Mädchens, welches der Graue fest umklammert hielt, war ein frischer Schnitt, aus dem es rot herausquoll. Wieder stahl sich ein tiefes Grollen, voller Wut und Hunger aus meiner trockenen Kehle. Ich starb fast vor Hunger und da war es ... Das, was mir meine Kraft zurückgeben konnte. So nah!
„Na? Hättest du das gerne, Engel?“, schnurrte der Graue und ließ das Mädchen fallen. Wie ein Sack voller Fleisch fiel sie zu Boden. Ein leises Rumpeln, als ihr Leib auf den Stein traf. Still und ohne jeden Laut rann das Leben langsam aus ihr heraus. Ihr Blut mischte sich mit meinem in der Lache unter mir ...
Ich konnte nicht mehr. Das war grausam! Der Hunger fraß mich von innen her auf. Mein Körper brüllte nach Nahrung, um die Wunden und den Schmerz zu lindern.
Ich schrie vor Hunger und Verzweiflung ... Aber ich würde nicht betteln! Niemals würde ich diesen Menschen um Hilfe bitten! Niemals!
Als ich mich gegen die Ketten lehnte, versuchte ich abermals den Schmerz, den mir jede Anspannung meiner Muskeln in Armen und Beinen verursachte, zu ignorieren. Sie hatten mir durch die Arm- und Beinmuskeln mehrere lange Nadeln aus reinem Silber getrieben. Dem Himmel sei Dank waren sie glatt und würden keine Narben hinterlassen, wenn ich Glück hatte. Das Fleisch außen herum war trotzdem wieder zusammengeheilt und hatte die Nadeln eingeschlossen. Bei jeder Bewegung, bei jeder noch so kleinen Muskelkontraktion, brannte das Silber sich erneut in mein Fleisch. Die Fremdkörper vergifteten mich zusehends. Mir war schlecht und schwindelig. Ich zitterte und kalter Schweiß rann mir über die Stirn. Mir war bewusst, dass ich nicht mehr fern von dem Zustand totaler Dehydration und der Aufgabe meines wachen Verstandes war.
Das leise Knarren der Tür ließ mich den Atem anhalten. Denn jedes Mal, wenn ich die Tür hörte, kam der Novize wieder mit dem Tablett herein. Unter einem weißen Leinentuch lagen verborgen viele dieser langen, spitzen Silbernadeln. Ich kannte diese Prozedur schon ... Sie war jedes Mal gleich …
Sofort begann mein ganzer Körper in Erwartung des Schmerzes, der nun folgen würde, zu zittern und zu beben. Der Junge kniete neben dem grauhaarigen Mann nieder und hielt ihm das Tablett. Grinsend vor Belustigung über das Grauen in meinen Augen, lüftete mein Peiniger das Tuch und nahm die erste der Nadeln auf.
Nicht noch mehr … , dachte ich und schloss
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