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Angela Merkel

Titel: Angela Merkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kurbjuweit
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ins Ziel gekommen. Gerhard Schröder hat sie in einer denkwürdigen Fernsehsendung am Wahlabend verhöhnt, hat ihr das Recht abgesprochen, Bundeskanzlerin werden zu können, obwohl die Union knapp stärker geworden war als die SPD, was Merkel traditionsgemäß das Recht auf die Kanzlerschaft in einer Großen Koalition gab. Sie hielt auch das aus. Sie ließ den Sturm vorüberziehen, sammelte ihre Partei hinter sich und wurde Bundeskanzlerin. Die wohl erstaunlichste Karriere in Nachkriegsdeutschland war an ihr Ziel gekommen.
     
    Nun ist sie seit bald vier Jahren Bundeskanzlerin, und was hat das mit ihr gemacht? Zuerst war da ein Staunen, ein kleines Befremden darüber, dass sie, Angela Merkel aus dem Osten Berlins, den Sprung ins Kanzleramt geschafft hat. Und da war Genuss. In den ersten Monaten ihrer Kanzlerschaft machte sie ihre Antrittbesuche im Ausland, und sie machte eine gute Figur, und plötzlich war sie beliebt. Angela Merkel, die Frau mit dem falschen Gesicht,die meistangefeindete Frau der Republik war plötzlich beliebt und wurde gefeiert, in den Medien, in den Umfragen, bei ihren Auftritten.
    Es passiert nicht oft, dass man Politiker glücklich erlebt. Jeder weiß, dass Glück in diesem Beruf von kurzer Dauer ist. Man zeigt sich lieber als dem Lande dienender Pflichtenerfüller, als Mensch unter einer Last. Aber Angela Merkel konnte in der ersten Phase ihrer Kanzlerschaft manchmal nicht anders, als ihr Glück rauszulassen. Eine solche Gelegenheit gab es bei ihrem ersten Asem-Termin, dem regelmäßigen Treffen europäischer und asiatischer Staats- und Regierungschefs, das Mitte September in Helsinki stattfand. Am Abend danach bat sie zu einem Hintergrundgespräch in ihrem Hotel, es gab Käseplatte und einen schönen Amarone. Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen, aber die Kanzlerin war aufgekratzt, war glücklich. Sie erzählte von ihren Gesprächen mit den anderen Regierungschefs, als wäre sie ein Gast in dieser Runde, als hätte sie, eine ganz normale Frau mit einem ganz normalen Leben, bei einem Preisausschreiben einen Besuch bei dieser Konferenz gewonnen. Da war viel Staunen dabei, Verwunderung und immer wieder das Glück, dabei sein zu können. Das Staunen war jenes Staunen, das wohl auch eine ganz normale Frau überfallen hätte: Da sind ja ganz normale Menschen am Werk, bei diesen Präsidenten und Ministerpräsidenten geht es ja zu wie im richtigen Leben, mit Neid, Eifersucht, Beleidigtsein, Nicht-riechen-Können und so weiter. Man weiß das ja, und sie wusste es auch, aber wenn man esdann erlebt, ist es trotzdem eine kleine Überraschung. Merkel ärgerte sich ein bisschen darüber, dass der italienische Ministerpräsident Romano Prodi vor ihr erfahren konnte, dass Michael Schumacher den Großen Preis von Italien in Monza gewonnen hatte. Er hat es ihr gleich mitgeteilt, mit der kleinen Freude des Wissenden, der Überlegenheit des Schnelleren. Lieber wäre es ihr gewesen, sie hätte es ihm sagen können. Also gab sie Anweisung, dass das Lagezentrum des Bundespresseamts sie künftig über die Ergebnisse von Michael Schumacher zu unterrichten habe.
    Als der Abend fortschritt, begann Merkel, die andere Leute gut imitieren kann, ihre Kollegen nachzumachen, auf eine nette, nicht verletzende Weise. Sie machte den polnischen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski nach, Papst Benedikt XVI. und den chinesischen Premierminister Wen Jiabao. Sie sprudelte. Es wurde zwölf, es wurde eins, Merkel erzählte immer weiter, und als sie um halb zwei ins Bett gehen wollte, wurde sie von Jean-Claude Juncker abgefangen, dem Regierungschef von Luxemburg, der unbedingt noch einen Wein mit ihr trinken wollte. Sie trank noch einen Wein mit ihm. Sie war beseelt von ihrem Amt, ihrer Rolle, ihrem Leben.
    Das Schicksal von Bundeskanzlern, die länger im Amt bleiben, ist die Versteinerung. Sie kommen als Helmut Kohl oder Gerhard Schröder in das Amt, und dann werden sie allmählich zu Bundeskanzlern. Sie entfernen sich von dem Ich, mit dem sie ins Kanzleramt eingezogen sind, nehmen Staatlichkeit in sich auf und versteinern.Sie werden herrisch, ihre Verachtung für Journalisten wächst von Woche zu Woche, sie werden selbstherrlich, sie werden eins mit dem Amt, das sie bekleiden. Am Ende können sie sich nicht mehr vorstellen, dass es dieses Amt ohne sie gibt. Kohl wollte die Kanzlerschaft nicht Wolfgang Schäuble überlassen, obwohl das die einzige Chance gewesen wäre, seiner Partei dieses Amt zu erhalten. Schröder tat

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