Angela Merkel
Platzeck gab sein Amt auf, weil er dem Stress des Parteivorsitzes nicht gewachsen war. Sein Nachfolger Kurt Beck, auch kein ganz harter Hund, trat zurück, weil er eine Intrige gegen sich vermutete. Die Partei hatte er nie in den Griff bekommen. Er wurde durch Müntefering ersetzt, Comeback eines Herrschertypen.
Das ist ein Desaster für den neuen Politikstil. Er ist gescheitert, und es gibt eine leichte Tendenz zurück zur großen Autorität, durch Seehofer, durch Müntefering. Braucht Demokratie also den Herrscher auf Zeit, den kleinen Diktator, den kleinen König?
Bis Angela Merkel Bundeskanzlerin wurde, hatte sie eine gemischte Bilanz als Führungskraft. Sie galt als gut darin, Macht zu erobern. Sie hatte Kohl vom Sockel gestoßen, hatte Wolfgang Schäuble in die Schranken verwiesen und hatte Friedrich Merz das Amt des Fraktionsvorsitzenden genommen und damit auf alle Tage vergrault. Das alles trug ihr den Ruf der »Männermörderin« ein, aber eswar nur normale, kühle Machtpolitik, nicht schön, aber durchaus üblich in diesem Gewerbe und mitunter notwendig. Es hatte für manche den Ruch des Verwerflichen, weil eine Frau so handelte, aber das ist Blödsinn. Eine Frau hat dazu das gleiche Recht wie ein Mann. Was Merkel nicht verstand, war, Akzeptanz einzusammeln für die Macht, die sie erobert hatte. Es war kein Feldzug wie der Alexanders des Großen, der die Unterlegenen zu Verbündeten gemacht hatte. Merkel machte sich Feinde. Das hatte auch damit zu tun, dass es manche nicht verwinden konnten, ausgerechnet von ihr, einer Frau, einer Ostdeutschen, einer Quereinsteigerin, verdrängt worden zu sein. Merkel wird alles besonders übel genommen und wenig verziehen. Aber sie ist auch schlecht darin, für sich zu werben. Am Ende war ihr Glück, dass sie so viele Gegner hatte, und die sich nicht einig waren. Niemand konnte sich als klare Alternative profilieren. Und sie hat das Glück, die CDU zu führen, nicht die SPD.
Die SPD ist eine sehr lebhafte Partei, die Führung gegenüber generell misstrauisch ist, die leidenschaftlich diskutiert, weil es fast immer um die schwerwiegende Frage geht, wie man Menschen vor Armut und Elend bewahrt, eine Partei, die sich mit der Kompromisshaftigkeit des Regierens schwertut, kurz, eine Partei, die ihren Vorsitzenden das Leben zur Hölle macht. Seit Willy Brandts Rücktritt, seit 1987, hat die SPD acht Vorsitzende verschlissen. Nur einer, Hans-Jochen Vogel, schied aus Altersgründen aus. Alle anderen mussten sich verschiedenen Kalamitäten beugen. Auch Brandt ist aus Zorn über seinePartei zurückgetreten. Es gab Widerstand gegen seine Kandidatin für das Amt des Pressesprechers.
Die CDU ist dagegen friedlich. Sie ist eine bürgerliche Partei, und dem Bürger liegt das Revoltieren nicht im Blut. Der CDU-Bürger kann auch damit leben, dass etwas von oben kommt, dass geführt wird. Er erwartet das sogar und ist gerne folgsam. Man kann den Unterschied zur SPD auch mit dem Wort Unbotmäßigkeit erklären. In der SPD spielt dieses Wort keine Rolle. Wo sich alle duzen, wo es Gleichheit als Simulation und als Ziel gibt, kann jeder jedem alles sagen und auch an den Kopf werfen. In der CDU ist die Hierarchie steiler, es ist unbotmäßig, die Oberen hart anzugehen, schon gar nicht öffentlich. Deshalb wurden die Aufstände der Ministerpräsidenten gegen Merkel meist mit schlechten Wahlergebnissen bei den Parteitagen bestraft. Die Partei tut sich auch nicht mit dem Regieren schwer, sie will unbedingt regieren, darin sieht sie ihren Zweck, nicht unbedingt im endlosen Debattieren. In der Zeit, in der die SPD acht Vorsitzende hatte, hatte die CDU drei, Kohl, Schäuble und Merkel. Es ist also vergleichsweise leicht, sich an der Spitze dieser Partei zu halten.
Während Merkel ihre Partei eher straff führt, zeigte sie sich als Bundeskanzlerin als Vertreterin des neuen Stils, weshalb sie auch gleich die Begeisterung der Minister erntete. Leider zeigte sich bald, dass mit diesem neuen Stil wenig durchzusetzen ist, jedenfalls nicht gegen die SPD.
Ich bin kein Freund des Basta-Stils, überhaupt nicht.Für intelligente, vernünftige Menschen ist er eine Zumutung, für Demokraten unerträglich. Deshalb ist es durchaus eine bittere Erkenntnis, dass Schröder auf seine Art die Agenda 2010 durchsetzen konnte, während Merkel eine vergleichbare Sozialreform nicht gelang. Als ich sie fragte, ob sie nicht manchmal versucht sei, den Schröder zugeben, hat sie fast wütend reagiert. Was ich denn meine,
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