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Angela Merkel

Titel: Angela Merkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kurbjuweit
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den beiden nicht, in einer der wichtigsten Fragen unserer Zeit eine einheitliche Meinung zu vertreten: Wie geht man mit den wirtschaftlich erfolgreichen Diktaturen um? Der Besuch des Dalai Lamas im Kanzleramt hat zu einem offenen Zerwürfnis geführt. Steinmeier ging so weit, der Bundeskanzlerin offen »Schaufensterpolitik« vorzuwerfen. Das war kein Wort für eine außenpolitische Debatte, sondern ein Wort rüdester Parteipolitik, und so war es auch gemeint. Die Bundesrepublik war blamiert und den Chinesen gegenüber geschwächt.
    Dass es auch anders geht, haben Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück bewiesen. Steinbrück hat keine Ambitionen auf das Kanzleramt, das heißt, er könnte sich schon vorstellen, ein guter Kanzler zu sein,und andere trauen ihm das ebenso zu, aber er sieht keinen Weg, in seiner Partei an eine Kanzlerkandidatur zu kommen. Er ist der SPD fremd geblieben, hat ähnlich wie Steinmeier keine klassische Parteikarriere gemacht, aber er hat nicht den ausgleichenden, versöhnenden Zug des Außenministers. Steinbrück polarisiert, er ist auf dem wirtschaftsfreundlichen Flügel seiner Partei angesiedelt, und er macht aus seiner Meinung keinen Hehl. Wenn er sich aufregt, wird es laut, wird es heftig.
    Für die Große Koalition war es ein Geschenk, dass einer der wichtigsten Minister nicht vor allem parteipolitisch gedacht, sondern sich an einem politischen Ziel orientiert hat. Steinbrück wollte den Bundeshaushalt bis 2011 ausgleichen, und die Kanzlerin wollte das auch. So wurden sie zu einer Achse der Regierung. Sie sprachen sich miteinander ab, nie fiel einer dem anderen in den Rücken, um besser dazustehen, und sie ließen nicht ihre Spin-Doktoren gegen das andere Lager intrigieren. Im Gegenteil, Merkel und Steinbrück lobten einander in den süßesten Tönen. Es wurde einmal nicht mit Gift gearbeitet, und was herauskam, war ein schönes, sauberes Stück Politikarbeit. Bis zum Sommer 2008 wurden die Zwischenziele auf dem Weg zu einem Haushalt ohne Neuverschuldung erreicht. Dabei half die gute Konjunktur, die reichlich Steuern in die Staatskassen spülte. Dass die Haushaltsziele doch nicht erreicht werden, liegt nicht an Merkel und Steinbrück, sondern an der Weltfinanzkrise.
    Es geht also. Es geht, wenn der Minister die Führungsrolle der Kanzlerin nicht untergraben will. Es geht, wenndie Kanzlerin dem Minister nicht in die Tagesarbeit hineinregiert. Es geht, wenn Kanzlerin und Minister nicht Parteiziele verfolgen, sondern miteinander ein Staatsziel definieren. Es geht, wenn beide Seiten die Medien nicht mit kleinen Gehässigkeiten füttern, die dann zu großen Schlagzeilen werden. So kann Politik in einer Großen Koalition gelingen.
    Merkel und Umweltminister Gabriel haben das zeitweise auch hingekriegt. Aber das reichte nicht für eine einträchtige Regierung. Zwar herrschte im Kabinett fast durchweg ein freundlicher Ton, ein gutes Diskussionsklima, doch das war eine Sache hinter verschlossenen Türen. Den öffentlichen Eindruck von der Großen Koalition bestimmte nicht das Kabinett, sondern die zweite Reihe der Politik.
    Und die begann schon nach wenigen Wochen mit dem, was Merkels Regierungszeit stark geprägt hat: der permanente Wahlkampf. Da der kleinere Partner in einer Großen Koalition vom Kanzlerneid angenagt ist, versucht er alles, diese Scharte auszuwetzen. Es geht ihm nicht so sehr um das Jetzt, sondern um das Morgen, die nächste Wahl. Deshalb darf die Kanzlerin gar nicht gut dastehen, ihre Projekte dürfen nicht alle gelingen, denn dann war sie am Ende, wenn Bilanz gezogen wird vor der nächsten Wahl, eine gute Kanzlerin. Und das legt den Bürgern den Gedanken nahe, sie erneut zu wählen. Das durfte aus Sicht der SPD nicht sein. Also wurde geschimpft und kritisiert auf Teufel komm raus. Das war teilweise sogar den sozialdemokratischen Kabinettsmitgliedern zu viel. Müntefering,Steinmeier und Steinbrück ermahnten die Genossen häufig, nicht nur vom Misslingen zu reden, sondern den Anteil der SPD am Gelingen des einen oder anderen Regierungsprojekts herauszustellen. Es nützte nichts. Die SPD wollte eine schlechte Kanzlerin sehen, sah und malte das Bild von einer schlechten Kanzlerin. Wahlkampf ohne Ende, und was ist Wahlkampf? Der Versuch, ein Bündnis mit dem Volk einzugehen. Und da die Umfragen und Schlagzeilen und Behauptungen Lafontaines einen Linksrutsch des Volkes nahelegten, machte die SPD dem Volk Angebote von links: Mindestlöhne, Korrekturen am Arbeitslosengeld I

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