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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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Stunden vor dem Massaker habe die Frau verzweifelt versucht, die Kinder bei ihrer Schwester abzugeben, doch die habe zur Arbeit gemusst und die Kinder nicht nehmen können. Der Verwandte sagte, es sei fast, als habe die Mutter Angst davor gehabt, was passieren würde. Als habe sie die Dunkelheit kommen gespürt. Er beschrieb, wie das Grauen und die Qual sie innerlich zerrissen hatten, als sie wieder normal geworden war und begriff, was sie getan hatte.
    Ich konnte nur daran denken, wie es für das Kind gewesen sein musste, das so angestrengt versucht hatte, aus dem Haus zu gelangen, um Hilfe zu holen.
    Ich weiß nicht, wie lange meine Mutter einfach nur dastand und mich dabei beobachtete, wie ich ihre Artikel durchsah. Schließlich fragte sie: »Gehst du noch in die Selbstverteidigungskurse?«
    Ich nickte.
    Sie sagte nichts, sondern lief mit ein paar Holzbrettern und stapelweise Büchern auf dem Arm an mir vorbei.
    Später fand ich die Bücher und Bretter auf dem Klo deckel wieder. Zwei Wochen lang bestand Mom darauf, dass wir sie dort aufbewahrten, um die Dämonen davon abzuhalten, durch die Rohre in unsere Wohnung zu kommen. Sie sagte, sie könne besser schlafen, wenn der Teufel ihr nicht die ganze Nacht über ins Ohr flüsterte.
    Ich ließ keine einzige Unterrichtsstunde aus.

8
    In der Büroküche raffe ich Instantnudeln, Energieriegel, Klebeband und die Hälfte der Schokoriegel zusammen. Die Tasche verstaue ich in dem Eckbüro. Dem Engel macht der Lärm nichts aus, er scheint mal wieder seinem Totenschlaf zu frönen.
    Genau in dem Moment, als das Rauschen der Dusche verstummt, gehe ich wieder in die Küche. So schnell ich kann, eile ich mit ein paar Wasserflaschen in das Büro zurück. Ich bin zwar erleichtert, dass meine Mom mich gefunden hat, aber ich will sie nicht sehen. Zu wissen, dass sie sich unversehrt hier im Gebäude befindet, reicht mir vollkommen. Ich muss mich darauf konzentrieren, Paige zu finden. Und das kann ich nicht, wenn ich mir ständig darüber Sorgen mache, was meine Mutter jetzt schon wieder vorhat.
    Ich rufe mir in Erinnerung, dass meine Mom auf sich selbst aufpassen kann, und versuche dabei, die Leiche im Foyer nicht anzusehen. Ich schlüpfe in das Eckbüro, mache die Tür hinter mir zu und verriegle sie. Wer auch immer in diesem Büro einst gearbeitet haben mag, muss sehr viel Wert auf seine Privatsphäre gelegt haben. Mir soll es nur recht sein.
    Als der Engel noch bewusstlos war, habe ich mich sicher gefühlt, doch jetzt, da er aufgewacht ist, reichen seine Schwäche und seine Verletzungen nicht mehr aus, um meine Sicherheit zu garantieren. Ich habe keine Ahnung, wie stark Engel tatsächlich sind. Wie jeder andere weiß ich so gut wie gar nichts über sie.
    Ich tape seine Hand- und Fußgelenke hinter seinem Rücken zusammen. Die Position sieht äußerst ungemütlich aus. Viel mehr kann ich nicht tun. Ich überlege kurz, ob ich das Tape mit Zwirn verstärken soll, aber es sitzt schon sehr fest, und ich schätze, wenn er sich daraus befreien kann, nützt der Zwirn auch nicht mehr viel. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass er nicht mal genug Energie hat, um überhaupt den Kopf zu heben, aber man kann nie wissen. Vor lauter Nervosität verbrauche ich fast die ganze Tape-Rolle.
    Als ich fertig bin, sehe ich ihn an und merke, dass er mich ebenfalls anstarrt. Er muss aufgewacht sein, während ich ihn gefesselt habe. Seine Augen sind von so dunklem Blau, dass sie fast schwarz wirken. Ich trete einen Schritt zurück und schlucke das absurde Schuldgefühl hinunter, das in mir aufkeimt. Ich komme mir vor, als sei ich bei etwas erwischt worden, das ich nicht hätte tun sollen. Dabei ist es völlig klar, dass die Engel unsere Feinde sind. Dass sie meine Feinde sind, solange sie Paige in ihrer Gewalt haben.
    Anklagend blickt er mich an. Ich verkneife mir eine Entschuldigung, denn er verdient keine. Ich wickle einen seiner Flügel aus, nehme eine Schere vom Schreibtisch und halte sie ganz nah an die Federn.
    »Wo haben sie meine Schwester hingebracht?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde sehe ich etwas in seinen Augen aufflackern, doch es ist so schnell wieder verschwunden, dass ich nicht sagen kann, was es war. »Woher zur Hölle soll ich das wissen?«
    »Weil du selbst einer dieser stinkenden Bastarde bist!«
    »Ooh. Du triffst mich bis ins Mark.« Er klingt gelangweilt, und mir ist es fast peinlich, dass ich kein besseres Schimpfwort parat hatte. »Ist dir nicht aufgefallen, dass die

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