Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
Vom Netzwerk:
ihrer Beine nicht wollen. Doch jetzt frage ich mich, ob sie die Kinder vielleicht an Engel verkaufen.«
    »Ich weiß nicht, was sie mit den Kindern machen. Deine Schwester ist die Erste, von der ich gehört habe.« Seine ruhige Stimme entspannt mich.
    Der Regen trommelt gegen das Fenster, und der Wind lässt einen Ast an der Scheibe kratzen.
    »Warum haben die Engel dich angegriffen?«
    »Es ist sehr unhöflich, ein Gewaltopfer zu fragen, inwiefern es den Übergriff verschuldet hat.«
    »Du weißt, was ich meine.«
    Im schummrigen Licht zuckt er die Achseln. »Engel sind gewalttätige Kreaturen.«
    »Das habe ich gemerkt. Früher dachte ich immer, sie wären liebenswürdig und nett.«
    »Wieso das denn? Sogar in der Bibel sind wir die Vorboten von Unheil, gewillt, ganze Städte zu zerstören, und auch dazu in der Lage. Nur weil wir manchmal ein oder zwei von euch vorwarnen, sind wir noch lange keine Altruisten.«
    Ich habe noch weitere Fragen, aber zuerst muss ich eins klarstellen: »Du brauchst mich.«
    Er stößt ein bellendes Lachen aus. »Wieso denn das?«
    »Du musst zu deinen Kumpels zurück, um zu sehen, ob du deine Flügel wieder angenäht kriegst. Das habe ich dir am Gesicht abgelesen, als ich im Büro davon gesprochen habe. Du glaubst, es könnte möglich sein. Aber um dorthin zu gelangen, musst du zu Fuß gehen. Und du bist noch nie vorher auf dem Landweg gereist, richtig? Du brauchst Hilfe. Jemanden, der dir Wasser, etwas zu essen und einen Unterschlupf besorgt.«
    »Das nennst du Essen?« Das Mondlicht offenbart, dass er die leere Styroportasse in den Abfall wirft. Es ist zu dunkel, um zu sehen, ob sie in dem Eimer am anderen Ende des Raums landet, aber dem Geräusch nach zu urteilen, war es ein Volltreffer.
    »Siehst du? Das hättest du dir entgehen lassen. In unserer Welt gibt es alles Mögliche, was du nie als Essen erkennen würdest. Abgesehen davon brauchst du jemanden, der den Verdacht von dir ablenkt. Niemand wird dich für einen Engel halten, wenn du mit einem Menschen unterwegs bist. Nimm mich mit. Ich helfe dir, nach Hause zu kommen, wenn du mir hilfst, meine Schwester zu finden.«
    »Du willst also, dass ich ein trojanisches Pferd in den Engelshorst einschleuse?«
    »Wohl kaum. Ich will nicht die Welt retten, sondern nur meine Schwester. Das ist mehr als genug Verantwortung für mich. Außerdem: Worüber machst du dir Sorgen? Dass ich armes kleines Würstchen eine Bedrohung für die Engel darstellen könnte?«
    »Was, wenn sie nicht dort ist?«
    Ich muss den trockenen Kloß in meiner Kehle runterschlucken, bevor ich in der Lage bin zu antworten. »Dann bin ich nicht mehr dein Problem.«
    Sein Schatten rollt sich auf der Couch zusammen. »Lass uns ein bisschen schlafen, solange es draußen noch dunkel ist.«
    »Das ist kein Nein, nicht wahr?«
    »Es ist aber auch kein Ja. Lass mich jetzt schlafen.«
    »Da ist noch so etwas: Zu zweit lässt es sich besser Wache halten.«
    »Aber allein schläft es sich leichter.« Er schnappt sich ein Sofakissen und legt es sich übers Ohr. Er rutscht noch ein paarmal hin und her, bis er eine gemütliche Position gefunden hat, dann wird sein Atem tief und regelmäßig, als sei er bereits eingeschlummert.
    Seufzend gehe ich zum Schlafzimmer. Je näher ich komme, umso kälter wird es, und ich überlege schon, ob ich wirklich dort schlafen will.
    Als ich die Tür öffne, begreife ich, warum es in der Hütte so kalt ist. Das Fenster ist kaputt, Regen peitscht gegen das Bett. Ich bin so müde, dass ich auf dem Boden schlafen könnte. Nach kurzem Zögern nehme ich eine zusammengefaltete Decke von der Kommode. Sie ist kalt, aber zumindest trocken. Dann mache ich die Schlafzimmertür zu, damit kein Zug entsteht, und trotte zurück ins Wohnzimmer. Ich lege mich gegenüber von Raffe aufs Sofa und wickle die Decke um mich.
    Er scheint selig zu schlummern. Wie schon die ganze Zeit seit unserer ersten Begegnung trägt er kein Hemd. Bestimmt halten ihn die Verbände ein bisschen warm, aber wirklich nur ein bisschen. Ob er je friert? Es muss eiskalt sein, hoch oben durch den Himmel zu fliegen. Vielleicht sind Engel ja für kalte Temperaturen gemacht, so wie sie ja auch ausgesprochen leicht sind, um besser fliegen zu können?
    Doch all das sind nur Vermutungen und bestimmt bloß eine Rechtfertigung dafür, dass ich mir die einzige Decke in der Hütte geschnappt habe. Der Strom ist mal wieder ausgefallen, dementsprechend funktionieren auch die Heizungen nicht. In der Bay Area

Weitere Kostenlose Bücher