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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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ihnen nur zeigen, Pooty. Das ist alles. Wollt es allen zeigen. Weißt du eigentlich, wie reich meine Familie ist? Wir haben ’ne Ranch. Ich bin geritten, als ich ein Kind war. Ferien in Europa. Privatschulen. Treuhandvermögen. All das, was ich mein ganzes Leben lang wollte.«
    »Aber wieso jetzt das hier? Wieso der Protest?«
    »Alles, was ich mein Leben lang wollte«, sagt er noch mal. »Es gab immer jemanden, der eine Kreditkarte hatte, um mir alles zu bezahlen. Manchmal wollte ich bloß, dass mir jemand ’ne Geschichte erzählt oder mich ins Bett bringt. Aber sie waren viel zu beschäftigt mit Geldverdienen. Als ob wir davon schon nicht genug hatten. Gott, ich war so einsam, Pooty. Ich bin so allein.«
    »Aber du hast Karla, und John, und alle anderen.«
    Cody nickt. »Familie. Die beste Familie, die ich je hatte. Deswegen macht’s mich ja auch so fertig. Macht mich fertig, dass John ihnen nicht erzählt, was geschehen wird.«
    »Du meinst die Bombe?«
    Auch wenn Cody vielleicht überrascht ist, dass ich es weiß, so lässt er sich nichts anmerken. »Die Bombe«, sagt er. Eine ganze Weile starrt er auf den Teppich. Dann sieht er mich an.
    »Mach, dass du von hier wegkommst, Pooty«, faucht er. »Verschwinde. Jetzt. Verschwinde aus Prag, verlass das Land. Geh dahin zurück, wo du zum Teufel noch mal hergekommen bist.«
    »Warum sagst du das?«
    »Es ist außer Kontrolle geraten«, lallt er. »Alles wird im Chaos enden. Geh einfach.«
    Unsicher steht er auf und fasst Halt suchend nach der Sofalehne. »Geh, Pooty«, sagt er noch einmal. Dann schwankt er auf die Treppe zu und lässt mich in der Dunkelheit allein zurück.
    Gegen acht Uhr sind alle im Wohnzimmer versammelt, trinken Kaffee oder rauchen. Da ich immer noch da bin, wirft Cody mir einen mitleidsvollen Blick zu. Dann sieht er weg, sein Gesicht ist eine Maske. Er hat mir eine Chance gegeben, kann aber nicht mehr ausrichten, wenn ich mich weigere zu gehen. Jenny macht sich in der Küche zu schaffen und kocht eine Kanne Kaffee nach der anderen. Karla macht sich bereit, ins Büro zu gehen, um die Presseausweise abzuholen, die uns Zugang zum
Excelsior-Hotel
verschaffen sollen. Petey checkt die Seile, an denen das Transparent befestigt wird, und Padraig ist in krampfhaft jovialer Stimmung und reißt Witze, über die niemand lacht.
    John schaut einfach nur zu. Einen nach dem anderen beobachtet er uns, sitzt schweigend in der Ecke und nimmt Kaffee und Zigaretten entgegen, während alle um ihn herumwuseln. Noch sechs Stunden bis zum Aufbruch.
    Nachdem Karla aufgebrochen ist, geht Jenny duschen. Padraig verkündet, noch einmal das Transparent überprüfen zu wollen, das zusammengefaltet in seinem Zimmer liegt. Petey ölt die Karabinerhaken und richtet die Gurte. Schließlich verschwindet er in sein Zimmer, um die Seile zusammenzulegen.
    John und ich bleiben allein zurück und beäugen einander mit cooler Miene.
    »Jetzt dauert’s nicht mehr lange«, sagt John.
    »Nein.«
    »Ich bin erstaunt, dass du noch hier bist.«
    »Du dachtest, ich würde abhauen? Wieso?«
    John zieht ein Gesicht. »Das hier ist nicht deine Schlacht, Pooty. Du kannst einfach weggehen. Wir nicht.«
    Ich denke einen Moment lang nach. »Ich kann nicht weggehen, John. Das ist auch meine Schlacht. Ich glaube, dass ich aus einem bestimmten Grund hier bin.«
    John lacht. »Die Unschuldigen retten, war’s nicht so? Wie’s scheint, kannte dich dieser alte Typ, dieser Eindringling, ja doch. Das Komische ist – ich habe das Gefühl, dich auch zu kennen, Pooty. Irgendwas an dir kommt mir bekannt vor. Sind wir uns vielleicht schon mal begegnet?«
    Jetzt muss ich lachen. »Ich habe keine Erinnerung, John. Du müsstest es dann besser wissen als ich.«
    Er nickt. »Vielleicht haben wir uns ja schon mal getroffen. Bloß nicht in diesem Leben, hä?«
    Ich zucke mit den Schultern. John steht auf. »Okay, es gibt noch einiges zu erledigen. Wieso machst du keinen Spaziergang und denkst ein bisschen über die Dinge nach? Wenn du um zwei Uhr noch hier bist, dann bist du dabei. Aber dann auch richtig. Das weißt du doch, oder?«
    »Ja«, erwidere ich. »Ich mache einen Spaziergang. Aber ich werde hier sein.«
    »Das liegt ganz bei dir.«
    Ich ziehe meine Jacke an und gehe zur Tür. »Nein«, sage ich und drehe mich kurz um. »Nein, das glaube ich nicht.«
    Ich spaziere durch Malá Strana, laufe über die Karlsbrücke und schlendere durch die Gassen der Altstadt in Richtung Wenzelsplatz. Die Straßen quellen

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