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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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»Vergebung.«
    »Vergebung?«
    »Ich habe jemanden getötet«, sagt Petey ganz leise. Unwillkürlich muss ich zu Jakobs Grab blicken.
    »Ein Kind«, fährt Petey fort. »Siebzehn. Damals zu Hause.«
    »Du musst mir das nicht erzählen, Petey«, sage ich.
    Er sieht mich mit seinen blutunterlaufenen Augen an. »Doch, Pooty. Ich muss es jemandem erzählen.«
    Er zieht an seinem Joint. »Damals zu Hause hab ich ein bisschen mit Drogen gedealt. Heroin. Ich hatte da ziemlich mieses Zeug, gestreckt mit allem möglichen Dreck. Aber ich hab’s trotzdem verkauft. Brauchte das Geld.«
    Gedankenverloren schweigt Petey eine Weile. »Es war … grauenhaft. Er hat gekotzt, geheult und aus der Nase und dem Arsch geblutet. Ich hab ihn da in seinem Zimmer liegen gelassen. Hab nicht mal ’nen Krankenwagen gerufen. Hab alles Geld zusammengekratzt und mich in den erstbesten Flieger gesetzt. So bin ich hier gelandet. Und jetzt habe ich furchtbare Angst.«
    Er sieht mich an und fasst mit zitternden Händen nach meinem Arm. »Was ist, wenn ich auf der Demo verhaftet werde, Pooty? Sie wissen genau, was passiert ist. Sie werden mich zurückschicken. Ich glaube nicht, dass ich in den Knast gehen kann, Mann. Das würde mich umbringen.«
    Petey fängt an zu weinen und vergräbt sein Gesicht in den Händen. Ich weiß nicht genau, wie ich reagieren soll. Ich klopfe ihm tröstend auf die Schulter, gehe schweigend ins Haus und überlasse ihn seinen Dämonen. Wird irgendjemand in diesem Haus vielleicht nicht von Dämonen verfolgt?
    Gegen ein Uhr sind wir alle wieder im Haus versammelt, mit Ausnahme von Jenny. Karla hat die Presseausweise dabei, die uns beide ins
Excelsior-Hotel
bringen werden. Petey überprüft noch einmal die Ausrüstung, und Padraig hat das Transparent ins Wohnzimmer gebracht. Wir alle warten auf John, und als er schließlich die Treppe herunterkommt, sieht ihn Cody fragend an.
    »Netter Anzug«, sagt Padraig.
    John trägt einen gut geschnittenen, dreiteiligen Nadelstreifenanzug, sein Haar ist zurückgekämmt und der Bart ist säuberlich gestutzt.
    »Hallo?«, sagt Karla. »Erde an John. Dies ist eine Protestaktion und keine Dinnerparty.«
    »Aus der Savile Row«, erwidert John und präsentiert seinen Anzug. »Kein Grund, die Manieren zu vergessen. Mit einem Anzug wie diesem werde ich wohl eher in die Fernsehsendungen und Zeitungen kommen, oder?«
    Eine äußerst unwirkliche Atmosphäre liegt plötzlich über uns, so als wären wir alle Zuschauer in einem Theaterstück. Abgesehen davon, dass ich meinen Text nicht kenne und das Stück nicht gelesen habe. Ich sehe John an und warte auf Regieanweisungen.
    »Wo ist Jenny?«, fragt Karla. »Es wird langsam Zeit.«
    »Im
Excelsior-Hotel
, wenn alles gut gegangen ist«, sagt John. »Peteys Portierfreund dürfte sie inzwischen eingeschleust haben. Sie wird mich auf dem Handy anrufen, sobald sie in diesem Vorratsraum ist. Seid ihr alle bereit? Karla?«
    Sie nickt und präsentiert uns einen unförmigen Lederbeutel. »Hab ich mir aus der Redaktion ausgeborgt. Ist für schweres Fotogerät. Wir können das Transparent und die Seile hier reinpacken und das Ganze mit Objektiven und anderem Zeug tarnen. Das dürfte kein Problem sein.«
    John nickt. »In Ordnung, dann macht euch alle bereit. Wir treffen uns hier wieder in einer halben Stunde.«
    In meinen einfachsten Klamotten bin ich der Erste, der wieder im Wohnzimmer ist. John wartet bereits und raucht eine Zigarette. »Dann hast du dich also entschieden, dabei zu sein«, sagt er.
    »Ich bin dabei«, erwidere ich. »Ich muss einfach sehen, wie das alles endet.«
    John sieht auf die Uhr. »Jetzt dauert’s nicht mehr lange, was? Nicht mehr lange. Ah, da kommen die anderen.«
    Karla erscheint als Erste. Sie trägt einen großen weiten Regenmantel, der in der Taille gegürtet ist. »Vom Scheitel bis zur Sohle Journalistin«, sagt John zustimmend. »Das könnte die größte Story deiner Karriere werden, oder?«
    Karla antwortet nicht und packt den großen Beutel für mich zusammen. Als Nächste kommen Petey und Padraig mit der Feuerwerkskiste herunter. Cody, in Freizeitklamotten, erscheint als Letzter.
    »Okay«, sagt Padraig nervös. »Da wären wir alle.«
    »Da wären wir alle«, bestätigt John.
    Einen Augenblick herrscht Stille und alle blicken einander an.
    »Nun?«, sagt Cody und schnappt sich eine kleine Tasche. »Wollen wir nicht los?«
    John sieht wieder auf die Uhr. »Nein, ich denke nicht«, erwidert er.
    Petey hebt den Kopf. Padraig

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