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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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bleiben, so betreiben wir nebenher, äh, ein paar selbstständige Geschäfte, wenn die Münzen rollen. Ihr versteht mich?«
    Ich nicke und Sir Anthony fährt fort. »Dieser Rudolf ist ein seltsamer alter Kauz, doch er ist der Kopf eines der mächtigsten Häuser Europas. Der Schah wünscht eine Allianz mit den Habsburgern, um sich des Osmanischen Reiches zu erwehren, das seine Grenzen bedroht. Und hier kommen wir ins Spiel. Ein paar hübsche Geschenke des Schahs wie aufziehbare Figürchen, Spielereien und Ähnliches, und dann kriegen wir den Alten hoffentlich auf unsere Seite. Der Schah bekommt seinen kleinen Krieg, Rudolf kann seiner Familie beweisen, dass er nicht völlig nutzlos ist und seine Stellung verteidigen kann, wir werden gut bezahlt, und alle sind glücklich.« Er hält einen Augenblick inne. »Nun, bis auf die Türken, natürlich, die hoffentlich eine gute Tracht Prügel beziehen.«
    »Sir Anthony«, wende ich vorsichtig ein. »Sosehr ich mich auch geehrt fühle, in Eure Mission eingeweiht zu werden, so sehr, äh …«
    »Versteht Ihr nicht, was das Ganze mit Euch zu tun hat?«, beendet er meinen Satz. »Aber das könntet Ihr. Hört zu, mein Freund, ich will ganz offen sein. Als ich Euch aus diesem Graben gezogen habe, wollte ich Euch zunächst nur einen Gefallen tun, so, wie sich ein Engländer gegenüber dem anderen verhält. Doch auf dem Ritt in die Stadt ist mir etwas aufgefallen. Ihr seid ein etwas seltsam aussehender Kerl, größer und dünner als man sie bei uns für gewöhnlich antrifft. Wir fanden Euch in einem Graben, und Ihr habt anscheinend keine Ahnung, wer Ihr seid oder wie Ihr dorthin gekommen seid. Rudolf ist von den besten Ärzten, Magiern und was es sonst noch gibt umgeben, und ich bin sicher, dass sie einen Blick auf Euch werfen könnten. Doch im Gegenzug möchte ich, dass Ihr etwas für mich tut.«
    Wir werden von Percy unterbrochen, der uns etwas zuruft. Die Männer haben Pferde und Wagen in den Schlosshof gebracht, steigen lärmend herunter, überlassen ihre Rösser den Stallburschen und betrachten staunend das Schloss. Der falkenartige Mann ist wieder da und richtet seinen stechenden Blick sogleich auf uns. »Das ist Philipp Lang, Rudolfs Kammerherr«, erklärt Sir Anthony und führt mich durch das Gedränge. »Er ist ein etwas zwiespältiger Charakter, und wir sollten in seiner Anwesenheit auf unsere Schritte achten. Doch wie es aussieht, hat er uns immerhin eine Audienz bei Rudolf verschafft.«
    Sir Anthony hält mich an und dreht mich zu sich herum, sodass ich genau vor ihm stehe. Ich sehe ihm direkt in die Augen. »Doch mit Verlaub, was immer ich dort drinnen auch sage, zeigt Euch mit mir einig, egal wie seltsam es Euch erscheinen mag. Vergesst nicht, dieser Rudolf hat seltsame Ideen. Wahrt den Anschein, und wir werden alle reichlich belohnt. Lang spricht übrigens gutes Englisch, achtet also auf Eure Worte. In Ordnung?«
    Ich nicke und lasse mich zu Philipp Lang führen, der uns erwartungsvoll ansieht.
    Die labyrinthischen Flure des Schlosses sind gesäumt von Dingen, die sowohl Kunstwerke als auch ausgemusterter Unrat sein könnten. Große Statuen mit glänzenden Rüstungen stehen dicht aneinandergereiht, düstere Gemälde zeigen Schlachtszenen, die Dramen mythologischer Passionsszenen entrollen sich auf den Wänden, und selbst die Teppiche auf dem Boden sind mit Mustern und Formen bedeckt. Als wir um eine Ecke biegen, erschrecken wir beim Anblick eines Zwergs im Narrenkostüm, der uns Rad schlagend entgegenkommt. Er piepst eine Entschuldigung hervor, während er an uns vorbeiwirbelt und eine perfekte Drehung vollführt, um seinen Weg fortzusetzen. Percy duckt sich, als wir eine offene Tür durchschreiten und drei oder vier Elstern aufflattern und einen Regen aus Kot und Federn hinterlassen. »Pfui Teufel«, murmelt Sir Anthonys Leutnant. »Das ist ja das reinste Tollhaus.«
    Vor einer dunklen, geschlossenen Tür bleibt Philipp Lang abrupt stehen. Er wendet sich um und ruft einen Diener aus den Schatten hervor. »Sir Anthony, sein Stellvertreter und der junge Mann begleiten mich in die inneren Gemächer des Kaisers«, verkündet er niemandem Bestimmtes in tadellosem Englisch. »Der Rest seiner Leute soll in die Küche geführt werden, wo man sie mit Speisen, Wein und Bier bewirten wird.«
    Sir Anthonys Männer sind hocherfreut. Der dürre Diener führt sie durch einen verwinkelten Korridor und überlässt Sir Anthony, Percy und mich dem Kammerherrn. »Eure Gaben wurden bereits

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