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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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vermutlich nicht. Ich spreche etwas Deutsch, allerdings ist das nicht sonderlich überzeugend. Und die böhmische Sprache ist mir vollkommen fremd.«
    »Ihr könnt Englisch sprechen«, antwortet Lang mit leichtem Stirnrunzeln. »Obgleich Deutsch besser wäre, wenn nicht sogar Hochdeutsch. Aber wenn es Euch auf diesem Gebiet mangelt …«
    Percy nimmt sich zusammen und will zu sprechen ansetzen, doch ohne Vorwarnung rührt sich Rudolf plötzlich auf seinem Thron, sodass Lang seine Aufmerksamkeit auf ihn richtet. »Philipp?«, grummelt Rudolf, stößt ein trockenes Husten aus und starrt in die Dunkelheit. »Philipp, bist du das? Wen hast du da bei dir? Ich will alleine sein, Philipp. Führ diese Leute weg.«
    »Eure Exzellenz«, ruft Lang so laut, dass ich vermute, Rudolf ist ein wenig taub. »Dies sind die Abgesandten von Schah Abbas aus Persien. Sie sind seit vielen Wochen unterwegs und haben Euch Geschenke und wichtige Neuigkeiten aus dem Osten gebracht. Eure Exzellenz erinnert sich vielleicht, dass ihnen bereits eine Audienz zugesagt wurde.«
    Als Rudolf aus seinen Tagträumereien erwacht, richtet er sich so weit auf seinem hölzernen Thron auf, wie es die Masse seiner Kleider zulässt. »Geschenke, hast du gesagt? Geschenke aus Persien? Lass mich ihre Geschenke sehen.«
    Sir Anthony tritt vor und räuspert sich. »Rudolf II ., geheiligter Kaiser des mächtigen Habsburger Reiches, ich, Sir Anthony Sherley, bringe Euch an diesem vierzehnten Oktober im Jahre des Herrn fünfzehnhundertvierundachtzig …«
    »Geschenke!«, brüllt Rudolf in seinem mit schwerem Akzent behafteten Englisch, bevor ihn ein Hustenanfall überkommt. »Ich will das Gesuch Eures Schahs von wo auch immer erst hören, nachdem ich seine Geschenke gesehen habe.«
    Percy klatscht in die Hände, und ein paar Männer aus dem Wagenzug treten aus den Schatten hervor und schleppen große Kisten und Truhen heran. Schon direkt nach unserer Ankunft im Schloss müssen sie hierhergebracht worden sein. Percy nickt einem der Diener zu, der sich daraufhin anschickt, die Kisten auszuräumen. »Kaiser Rudolf, der Osten ist seit Langem dafür bekannt, ein paar der tiefsten Geheimnisse der okkulten Welt zu beherbergen. Es ist ein wilder, chaotischer Ort, der von Dieben und Räubern bevölkert wird. Aber auch eine magische Welt, wo Prinzessinnen in fensterlosen Türmen schmachten und ihrer Rettung durch tapfere Prinzen auf geflügelten Pferden harren. Angetrieben vom Atem der Dschinns, der wie das Heulen einer gequälten Seele klingt, schweben in dieser Welt Teppiche durch die Luft und überfliegen die Erde im Glanze einer Sonne, die so hell und unerbittlich herniederbrennt, dass eine reine habsburgische Jungfrau in nur wenigen Sekunden gehäutet würde.«
    Ich bin, offen gestanden, von Percys Vorstellung, die sein früheres, einfältiges Benehmen Lügen straft, beeindruckt. Ganz offensichtlich haben seine Worte auch bei Rudolf einen Eindruck hinterlassen. Der träge Kaiser hat Gefallen an Percys fantasievollen Beschreibungen gefunden und hockt jetzt gespannt auf der Kante seines großen Stuhls. Seine Augen glitzern, als Percy seine haarsträubenden Geschichten über in Flaschen gefangene Geister und bronzene Pferde weiterspinnt. Lang beugt sich zu Sir Anthony und flüstert kaum hörbar: »Ihr habt Eure Hausaufgaben gemacht. Euer Mann ist sehr gut.«
    »Ich glaube, ich verstehe nicht, was Ihr meint, Kammerherr«, erwidert Sir Anthony mit übertriebener Unschuldsmiene.
    Percys Erzählungen von den Mysterien des Ostens kommen zu Ende. Er klatscht erneut in die Hände und signalisiert zwei Dienern, einen großen, zusammengerollten Teppich zu Rudolfs Thron zu bringen. »Ein fliegender Teppich?«, fragt der Kaiser begierig.
    »In den Teppichen Persiens sind viele Mysterien verborgen, Eure Exzellenz«, sagt Percy. »Schah Abbas sendet Euch diesen. Er ist von feinster Qualität, und jedes Mal wenn er entrollt wird, geschieht ein neues Wunder.«
    Ein weiteres Mal klatscht Percy in die Hände, und die beiden Diener beginnen, den Teppich vor Rudolf zu entrollen. Als er vollständig ausgebreitet ist, liegt eine bezaubernde, sinnliche Frau, deren Körper von lilafarbener Seide knapp bedeckt ist, zu Rudolfs Füßen. Der Kaiser ist völlig verzückt, als sich das Mädchen behände aufrichtet und einen beringten Finger auf seine Hängewangen legt. Zum ersten Mal seit unserer Ankunft ist der Kaiser nun ganz lebendig und betatscht glucksend das Hinterteil des Mädchens. »Das ist die

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