Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
Möglichkeiten auf – und das war gar nicht so einfach. Die Kaufhauskette „Jugendmode“ mit ihren Angeboten gab es zu dieser Zeit noch nicht. Für Jungen waren auf alle Fälle hellblaue Rollkragenpullis und darüber zu tragende, weiße Nyltesthemden Pflicht. Deo, so wie wir es heute kennen, gab es allerdings auch noch nicht. Ich möchte nicht wissen, wie so ein Tanzschuppen nach fünf Stunden gerochen hat.
Irgendwann gesellte sich eine Freundin von Margrit, Iris, zu uns. Iris wohnte auch in Buch und war in der Schule zwei Klassen über uns. Sehr attraktiv und äußerst schlank war sie immer nach der neuesten Mode gekleidet. Sie hatte langes, blondgefärbtes Haar und eine Frisur wie sie viele Jahre später Amy Winehouse getragen hatte. Mit Iris an unserer Seite hatten auch wir beiden Mädchen die Chance, etwas Aufmerksamkeit von den Jungs zu erhaschen.
Auf diesem Gebiet lief es nämlich bei mir noch nicht so toll. Ich war zwar seit ich denken konnte immer in irgendwen verknallt, aber so richtig ist da nie was daraus geworden. Blöderweise verguckte ich mich immer in Jungs, bei denen ich nicht die geringste Chance hatte. Die mochten mich alle immer nur als Kumpel. Und die, die etwas von mir wollten, haben mich leider gar nicht interessiert.
■ Zum ersten Mal verliebt
Meine erste Liebe hieß Fred. Er war Bäcker, nicht gerade schlank und hatte rotblonde Locken. Ich war fünf und bekam immer eine Tüte Kuchenkrümel von ihm geschenkt. Aber Fred war einfach zu alt für mich. Später, in der ersten Klasse gab es einen hübschen Jungen – Jürgen. Da aber er es war, der sich für mich interessierte, hatte er keine Chance. Aus lauter Liebeskummer ist er dann mit seinen Eltern in den Westen abgehauen. Lutze war ein ganz verwegener Typ – lässig gekleidet, schlechte Zensuren und eine schicke Haartolle. Der hatte es mir angetan, sein Interesse an mir hielt sich in Grenzen. Als ich dann die Schule hinter mir hatte, traf ich irgendwann D. Der war in ganz Buch bekannt, weil sein Vater eine Fernsehreparaturwerkstatt hatte. Und er war wirklich nett, sah gut aus, war gut erzogen und wirkte auf mich schon sehr erwachsen. In D. war ich das erste Mal richtig verliebt. Allerdings hatte er eine feste Freundin, die schon im Krankenhaus als Schwester arbeitete. War mir egal, ich war verschossen. Es gab für mich immer nur die Möglichkeit, ihn in der S-Bahn zu treffen. Entweder wenn ich morgens in die Stadt, also zu meiner Ausbildungsstelle fuhr, oder wenn ich am späten Nachmittag nach Hause kam. Manchmal wartete ich mehrere Züge ab, um meinem Schwarm zu begegnen. Er saß meistens im ersten oder zweiten Abteil, und oft klappte es auch wirklich. Wir haben uns dann immer sehr nett unterhalten – ich dabei mit den berühmten Schmetterlingen im Bauch.
Irgendwann lief ich dann einfach mit ihm mit. D. wohnte in der Nähe meines Opas, und ich habe blitzschnelleinen Besuch bei ihm vorgetäuscht, um noch ein bisschen mit meinem Angebeteten zusammen sein zu können. Und dann passierte es – wir haben uns geküsst! Es war zwar nicht mein erster Kuss – den bekam ich 1964, also mit 14, beim Deutschlandtreffen von einem gewissen Päuli aus Wismar. Aber es war der erste, der mich elektrisiert hat. Davon wollte ich mehr. Wir verabredeten uns im Bucher Park für 19 Uhr. Leider hatte meine Mutter dazu ihre eigenen Vorstellungen. Sie ahnte, dass ich unkeusche Gedanken hegte und schloss die Wohnungstür ab. Ich war aber so verknallt, dass mich keine Macht der Welt davon abhalten konnte, zu diesem langersehnten Rendezvous zu gehen. Zu der Zeit lebte mein Bruder Ecki noch zu Hause. In diesem Moment zeigte er mir, dass es Bruderliebe wirklich gibt. Ich sprang aus dem Fenster – wir wohnten zum Glück im Erdgeschoß – und er drückte von innen den Summer, damit ich aus der Gartentür heraus kam. Ich war ja noch jung und konnte ganz schön schnell rennen. So kam ich also außer Atem im Park an und legte mich mit D. unter einen Baum. Was haben wir geknutscht. Ich fühlte mich wie im Himmel. Leider musste er kurze Zeit später zur Armee nach Eggesin. Das war irgendwo in der Uckermark und mit der Bahn katastrophal schlecht zu erreichen. Wir schrieben uns aber fleißig. Nun hatte D. allerdings auch noch seine andere Freundin, und als es mit der aus war, blieb ich nicht allein übrig. Er fand eine neue zweite Freundin. Das war mir zu blöd. Ich hatte ja inzwischen auch neue Leute kennengelernt, und so verloren wir uns allmählich aus den Augen. Ich
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