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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Mann
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Bauernhof. Die zahlreichen Übernachtungsmöglichkeiten dort zogen im Sommer viele Künstler an. Wir mussten mit unserem Trabi über die Dörfer fahren, das konnte dauern. Ich saß auf dem Beifahrersitz und blökte in jedem Dorf völlig überdreht aus dem Fenster „Uuuuurlaub!“. Wir gackerten wie die Hühner, bis es plötzlich knallte. Uschi war auf einem Feldweg über einen Stein gefahren und der Vorschalldämpfer am Trabi war abgerissen. Man konnte zwar noch fahren, aber nur unter Höllenlärm. So kamen wir schließlich knatternd ans Ziel und wurden mit großem Hallo empfangen. Außer Eva-Maria Hagen waren Florian und Sybille Havemann dort, auch Wolf Biermann und seine Mutter Emma. Und natürlich noch eine Menge anderer Leute. Ach ja, sogar Conny Körner, der von mir so bewunderte Saxofonist, der mich damals zur Musikschule Friedrichshain geschickt hatte. Abends saßen wir in einem der Gebäude und Biermann gab ein Privatkonzert. Er durfte in der DDR nicht mehr öffentlich auftreten, so war das für ihn eine der wenigen Gelegenheiten, seine Lieder vor Publikum zu singen. Mich hat er außerordentlich beeindruckt, er sang eindringliche kluge Texte in seiner wunderbaren Sprache, und er spielte sehr virtuos Gitarre.
    Am nächsten Morgen kam er in mein Zimmer, legte mir seinen klitzekleinen Sohn Felix in die Arme und sang mir an meinem Bett die schönsten Lieder. Für mich ein unvergessliches Erlebnis.
    Wir drei Urlauberinnen verlebten sonnige Tage, gingen baden, spazieren, lasen und hatten ein schönes Leben. Irgendwann musste Nina wieder nach Berlin. Die Karriere rief. Nachdem Uschis Auto wieder in Ordnung gebracht worden war, düsten wir weiter in Richtung Ostsee. Vorher schenkte uns Eva-Maria Hagen noch jede Menge Klamotten. Es waren so viele schöne Kleider, dass wir sie kaum in unserem kleinen Auto unterbringen konnten. Aber sie sollten uns noch gute Dienste leisten.Wir hatten nämlich an der Ostsee gar kein Quartier gebucht, waren einfach auf gut Glück losgefahren. In Warnemünde war natürlich kein Zimmerchen frei und so sind wir einfach weitergefahren. Im Trabi – es war ein Kombi – haben wir es uns dann oben auf der Steilküste gemütlich gemacht. Wir hängten die Fenster provisorisch mit den Kleidern zu, machten eine Flasche Rotwein auf und aßen Knoblauchbrot dazu. Es war ein heißer Sommer und so lagen wir beiden Mädels, nur mit Höschen bekleidet, in unserem Ersatzhotel. Die Steilküste gehörte damals zum Grenzgebiet der DDR. Am nächsten Morgen wurden wir unsanft geweckt. Die Grenzer staunten nicht schlecht, als sich aus dem Trabi zwei völlig verpennte, verkaterte und nach Knoblauch stinkende barbusige Mädchen herauspellten. Sie haben uns nichtsgetan, aber wir erhielten die Order, sofort von dort zu verschwinden. Zum Glück haben wir noch eine Unterkunft in Warnemünde gefunden, gleich neben dem Hotel Neptun. Das passte, denn die Hotelbar war für die Sommerzeit fast ein zweites Zuhause für uns.

    Wiedersehen nach vielen Jahren mit Uschi und Nina, 2002

■ Der Fall Biermann
    Nach dem Sommer 1976 ging der Tourneestress wieder los, und ich kann in meinem Kalender nachvollziehen, dass das Reinhard-Lakomy-Ensemble fast ununterbrochen unterwegs war. Im November machten wir eine Tour durch den Norden und übernachteten mehrere Tage im Hotel „Vier Tore“ in Neubrandenburg. Am Morgen des 19. November klingelte mein Telefon. Uschi Brüning war am Apparat und erzählte mir, dass man Wolf Biermann ausgebürgert hätte. Ich brauchte erst mal etwas Zeit, um zu begreifen, was sie mir da gesagt hatte. Das Wort „ausgebürgert“ hatte ich noch nie gehört. Uschi erzählte mir, dass es eine Petition geben sollte, die sich gegen diese Ausbürgerung richtete. Sie zählte auf, wer schon alles unterschrieben hätte und fragte, ob Lacky und ich auch unterzeichnen würden. Für mich war das überhaupt keine Frage, und Lacky, den ich erst mal wecken musste überlegte keine Sekunde und war mit dabei. Kurze Zeit später rief jemand vom Komitee für Unterhaltungskunst an. Man wollte uns gern zur Liste derer hinzufügen, die sich positiv zu dieser Ausbürgerung äußern. Da waren sie bei uns aber an der falschen Adresse. Lacky teilte denen nur lapidar mit, dass wir schon auf einer anderen Liste stünden.
    In der darauffolgenden Zeit begann in der DDR eine beispiellose Kampagne. Auf der einen Seite standen die Künstler, die sich für Biermann einsetzten. Auf der anderen Seite die Leute, die der Meinung waren

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