Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
Weine. Vor der Reise hatte ich zwar eine Diät gemacht,aber ich konnte das ja nun wirklich nicht zurückweisen. Das wäre doch sehr unhöflich gewesen.
Jeden Tag gingen wir in eine dieser urigen Bodegas oder Osterias und probierten alles, was uns die umbrische Küche bot. Besonders Trüffel, die in dieser Gegend reichlich vorkommen, hatten es uns angetan.
Unser Spielort war eine wunderschöne alte Kirche. Zur Premiere hatten wir mit dem damaligen Bundespräsident Richard von Weizsäcker hohen Besuch. Nach der Vorstellung trafen wir ihn persönlich. Zu der Zeit wurde in Deutschland gerade darüber diskutiert, ob nun Bonn oder Berlin die deutsche Hauptstadt werden sollte und er fragte mich nach meiner Meinung. Na, Berlin natürlich, war meine prompte Entgegnung. Das war für mich ohne jeden Zweifel die richtige Antwort.
Während des Gastspiels in Italien wohnten wir in einem Kloster. Für mich nichts Besonderes. Ich kannte derartige Gemäuer ja aus meiner Kindheit. Ich teilte mir so eine Art Gewölbe mit Therese Dürrenberger. Und nicht nur mit ihr. Ab und an war auch gern ein Skorpion in unserer Kemenate zu Gast. Wenn Therese nicht so beherzt eine Glasschüssel über das Tier gestülpt hätte, wäre das wahrscheinlich böse ausgegangen.
Natürlich haben wir auch einen Ausflug nach Rom gemacht. Das Erste, was ich beim Aussteigen aus dem Bus sah, war ein himmelblauer Trabant. Wie hieß doch das berühmte Lied von Oktoberclub – „Wir sind überall auf der Erde“?
Unsere nächste Reise führte uns ins ferne Japan. Ja, sogar im Land der aufgehenden Sonne wollte man uns sehen. Wir hatten auch Angebote aus Amerika, aber das Kölner Schauspiel hätte seinen Spielbetrieb einstellen müssen, weil wir ja mit riesengroßer Besetzung unterwegs waren. So war Japan unsere letzte ausländische Station. Der Flug dorthin dauerte zwölf Stunden. Vor lauter Aufregungkonnte ich im Flugzeug nicht schlafen. Es war toll, Sibirien und dann die japanische Küste von oben zu sehen. In Tokio angekommen, stolperte ich auf der Gangway und schlug mir die Knie auf. Was für ein erster Auftritt auf einem fremden Kontinent.
Wir wohnten mitten in dieser riesigen Stadt, direkt am Tokyo Tower. Von meinem Hotelfenster hatte ich Blick auf den Fujiyama. Wenn die Proben vorbei waren, machte ich mich auf den Weg, um diese fremde Welt zu erkunden. Besonders die Kaufhäuser hatten es mir angetan. Am ersten Tag war ich dort sehr früh und wahrscheinlich die erste Kundin. Das Personal stand Spalier und verneigte sich vor mir. Ich fühlte mich großartig und nickte huldvoll. Besonders sehenswert waren die Toiletten. Es gab nicht, wie bei uns üblich, einen Knopf für die Spülung, man hatte die Wahl zwischen ganz vielen Tasten. Plötzlich wurde mir der Allerwerteste gewaschen und trockengeföhnt. Ich fand das ausgesprochen hygienisch, auch wenn ich erst einmal zu Tode erschrocken war.
Nun fragen sich sicher einige, wie wir das Werk dort aufgeführt haben. Natürlich nicht auf japanisch. Links und rechts von der Bühne gab es elektronische Laufbänder mit der Übersetzung. Das Publikum war sehr begeistert und die Vorstellung war an jedem Abend ausverkauft. Nach den Vorstellungen stürzten wir uns ins Tokioer Nachtleben. In einigen Kneipen wurden wir von japanischen Musikern gerne mit dem Lied „In München steht ein Hofbräuhaus“ empfangen.
Ich bin seit dieser Zeit ein absoluter Fan der japanischen Küche. Als ich mein erstes Sushi gegessen habe, war das für mich eine Offenbarung. Aber auch Tempura und vor allem Udon-Nudeln stehen bei mir ganz vorn auf der Speisekarte. Konkurrenz macht der japanischen nur die herrlich frische vietnamesische Küche. Zu meinem großen Glück findet man inzwischen viele vietnamesische Restaurants in Berlin.
Nach der „Dreigroschenoper“ engagierte mich das Kölner Schauspiel für „Lysistrata“ unter der Regie von Torsten Fischer. Ich spielte die Spartanerführerin Lampito. Und zusammen mit Karina Fallenstein und Stefan Jürgens, der später als Comedian sehr bekannt wurde, gab es Shakespeare-Sonette in den Kölner Kammerspielen.
Doch ich wurde ja auch zu Hause gebraucht. Meine Ulrike ging inzwischen zur Schule. Schweren Herzens hatte ich sie eingeschult. Das ist doch ein großer Schritt, das Kind plötzlich in fremde Hände zu geben. Ich hatte mich für eine Schule mit dem Schwerpunkt Musik entschieden.So toll fand ich das dort aber dann gar nicht. Vor allem hat mir überhaupt nicht gefallen, dass es in den
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