Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
ersten beiden Klassen keine Zensuren gab. Erst ab der dritten Klasse wurde benotet und auch dann waren einige Eltern dagegen, um die Kinder nicht unter Druck zu setzen. Ich sehe das ganz anders: Das ganze Leben lang wird man beurteilt, darauf muss man doch vorbereitet werden. Und ich weiß noch genau, wie stolz ich zu meiner Schulzeit war, wenn ich eine gute Zensur bekam oder wie mich der Ehrgeiz packte, wenn ich mal nicht so gut abgeschnitten hatte. Besonders blöd fand ich, dass es keine Kopfnoten mehr gab. Betragen, Fleiß, Mitarbeit, Ordnung – alles, was man fürs Leben unbedingt lernen sollte wurde einfach abgeschafft.
Mit Therese Dürrenberger (l.) und Traute Hoess (m.) in „Lysistrata“ am Kölner Schauspiel, 1993
Na ja, ich war halt schon eine ältere Mutter und wurde auch gern von den Jüngeren belächelt. Ich glaube allerdings, wir würden nicht so gefährlich leben heutzutage, wenn die jungen Leute, die andere sinnlos bis ins Koma treten, auch in der Schule die Grundlagen des Zusammenlebens gelernt hätten.
Im „Haus der jungen Talente“, 1975
Goldmedaille beim Interpretenwettbewerb 1978
Mit Obelisk 1982, Stefan „Grete“ Weiser, Andreas Fregin, Andreas Bicking, ich, Udo Weidemüller, Matthias Philipp (v.l.) unten: Im AMIGA-Studio 1976 zu Aufnahmen von „Komm weil ich dich brauch“. Hinten ich, Fred Gertz, vorne Siegbert Schneider, Lacky.
Portrait
1971 als Pianistin bei Medoc
In der Maske des DDR-Fernsehens, 1974
Fernsehkonzert 1983
Mama und Ulrike
Lacky wird 50! (1996)
Zugabe! (ca. 2002)
Mit Ute Freudenberg bei ihrem 25-jährigen Bühnenjubiläum
Konzert mit der Jonathan-Blues-Band in der WABE/Berlin. Duett mit Mike Kilian (2012)
■ Neue Engagements – alte Weggefährten
Die deutsche Einheit war mittlerweile vollzogen und der Osten rief mich wieder, und zwar in Gestalt von Gisela Steineckert, der ehemaligen Präsidentin des Komitees für Unterhaltungskunst. Sie war nach wie vor sehr aktiv und veranstaltete eine Talkshow im Palast der Republik, zu der sie mich einlud. Zuerst dachte ich mich verhört zu haben, als ich sie am Telefon hatte. Besonders freundlich hatte sie mich 1984 ja nicht verabschiedet. Nun war sie wirklich sehr nett, duzte mich sogar, was sie früher nie getan hatte und freute sich sehr, dass ich zusagte.
Ich fand das hochspannend, ausgerechnet wieder im Palast der Republik aufzutreten. Dort hatte ich schöne, aber auch sehr unschöne Erfahrungen gemacht. Wir, das waren Uschi Brüning, Holger Biege und einige Musiker, hatten anlässlich unseres Konzertes 1977 dort mit Klaus Lenz noch ein wenig in einer der Garderoben gefeiert.
Ich weiß nicht mehr, welcher Scherzkeks das war, aber jemand packte mir zwei der sehr begehrten Weingläser mit dem Palast-Logo in meine Tasche. Die Genossen hatten ja ihre Ohren überall und plötzlich standen zwei „Palast-Wächter“ in der Garderobe und befahlen mir sehr unfreundlich, meine Tasche zu öffnen. Ich hab natürlich nicht gepetzt und so wurde ich regelrecht verhaftet und in den Keller gebracht. Dort saß ich bis in den frühen Morgen und wurde verhört. Ich habe dann unterschrieben, dass ich die Gläser nicht geklaut hätte aber auch nicht wüsste, wer sie mir untergejubelt hat.
Ein Jahr später wurde ich für die Sommerrevue mit Ursula Karusseit und Walter Plathe engagiert. Das wäreallerdings beinahe in die Hosen gegangen, weil man mich wegen dieses Vorfalls für nicht tragbar hielt.
Und nun sollte ich dort wieder auftreten. Gisela Steineckert hatte sich das Lied „Komm, weil ich dich brauch“ gewünscht, für mich die Gelegenheit endlich mal wieder mit Andreas Bicking zu musizieren. Es war ein sehr schöner, emotionaler Abend und Gisela drückte mich an ihr Herz.
Kurze Zeit später wurde mir ein Brief zugespielt, den Frau Steineckert 1984, nachdem ich den Ausreiseantrag gestellt hatte, an eine Kollegin geschrieben hatte. Ich war total erschüttert. Demnach war ich jemand, der aus seinem Talent „keine Künstlerin und keinen Typ“ gemacht hat, der sich „keine Mühe um sich selbst gab“, eine, die „ihr schönes Talent nicht zu Verstand ausgebaut hat“ und wie ich aussähe, das ginge gar nicht. Und dann beklagte sie noch „diese seltsame Mischung von Musiken und Texten“. Die Musiken von Lakomy, Bicking und Bartzsch und die Texte von Fred Gertz, ihrem langjährigen Kollegen im Lektorat des DDR-Rundfunks. Fast zehn Jahre nach meiner Ausreise aus der DDR, nach vielen schönen Erfolgen im Westen,
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