Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
dass ich das Land verlassen hatte. Zum Glück gab es ja all die Jahre über trotz meiner Ausreise die Lakomy-Kinderplatten. Und so war ich zwar nicht anwesend aber für viele irgendwie doch da.
Recht schnell kam dann auch die DDR-Presse wieder auf mich zu. Ich gab Interviews, erzählte, wie es mir ergangen war, ging zum Berliner Rundfunk oder zu Antenne Brandenburg und durfte mich in Unterhaltungssendungen zurückmelden. Mein erstes Wiedersehen mit dem Funkhaus Nalepastraße beim Berliner Rundfunk war merkwürdig. Überall herrschte Endzeitstimmung, es gab keine fröhlichen Begegnungen in der riesigen Kantine, viele Räume standen leer. Das Publikum bekam davon nichts mit – während der Live-Sendungen riefen die Menschen an und freuten sich aufrichtig, dass ich wieder da war. Natürlich gab es immer noch die ewig Treuen: Einer der Anrufer, ein Herr, echauffierte sich furchtbar darüber, dass ich auf Sendung war, wo ich doch die DDR so schnöde verlassen hatte.
Auch im letzten Jahr war ich für Aufnahmen wieder einmal in unserem ehemaligen Funkhaus. Viele junge Künstler haben dort zwar Ateliers und Studios gefunden, aber das ganze Drumherum ist eher deprimierend und ich mag dort gar nicht gern hingehen.
■ Kölner Schauspiel
Ich hatte ja weiterhin sehr gut zu tun. Günter Krämers Inszenierung der „Dreigroschenoper“ war so erfolgreich, dass er damit seine Intendantenzeit am Schauspiel Köln eröffnet hat. Für mich bedeutete das erneutes Abschiednehmen von zu Hause. Zwar freute ich mich auf Köln, aber meine Rike habe ich nicht gern zurückgelassen. Zum Glück hatten Udos Eltern Zeit und zogen für eine Weile zu uns, sodass Rikchen immer im Familienkreis aufgehoben war. Nichtsdestotrotz habe ich sie natürlich schrecklich vermisst. Auch während dieser Spielzeit habe ich meinen Vertrag so gestalten lassen, dass sie mich wenigstens alle zwei Wochen besuchen konnte.
Ich hatte eine herrliche Zeit in Köln. Gewohnt habe ich in einem Appartement Tür an Tür mit Grete Wurm und später bei Therese Dürrenberger, die inzwischen auch nach Köln gezogen war. Unsere Zwergengruppe hatte sich also erneut gefunden.
In der Kölner Theaterszene fühlte ich mich sofort wohl. Das Ensemble verzeichnete neben Dirk Bach, Ralph Morgenstern, Stefan Jürgens, Herbert Knaup und Traute Hoess auch die von mir sehr verehrte Maria Happel. Traute und Maria gehören heute zum Wiener Burgtheater und zum Berliner Ensemble. Maria Happel machte in Köln mit dem Stück „Piaf“ von Pam Gens Furore. Darin wird die Lebensgeschichte der französischen Chanson-Legende Édith Piaf erzählt. Marias Darstellung hat mich derart ergriffen, dass ich ihr nach der Vorstellung minutenlang heulend in den Armen lag. Ich habe Dirk Bachgesehen, als Spiegelberg in Schillers „Die Räuber“ – großartig. Leider werden so geniale Schauspieler durch Bühnendarbietungen nie richtig populär. Ohne Fernsehen geht leider gar nichts. Gerade Dirk Bach ist ein gutes Beispiel. Die meisten Menschen kannten ihn als Moderator des „Dschungelcamps“.
Besonders begeistert hat mich natürlich das Kölsch, davon konnte ich gar nicht genug bekommen. Wenn wir nach den Proben bei Pepi, einem Italiener, eingefallen sind, bekam der von mir immer den Auftrag, den Tisch „gelb“ zu machen – also uns alle mit Kölsch bis zum Abwinken zu versorgen. Zu unserer Premierenfeier gaben sich viele Promis die Ehre, ganz vorn dabei Alfred Biolek, der so begeistert von der Aufführung war, dass er sie mehrmals besuchte.
Selbst nach Italien wurden wir eingeladen. In der umbrischen Stadt Spoleto gaben wir mit unserer „Dreigroschenoper“ ein Gastspiel. Dort findet jedes Jahr ein international sehr beachtetes Theaterfestival, das „Festival dei Due Mondi“ statt. Für mich war das ein besonderes Abendteuer. Außer einer Tournee durch Polen mit dem Lakomy-Enselmble , der SU-Tournee mit Obelisk , dem Festival in Bulgarien und ein paar kleinen Fernsehauftritten in Prag und Krakau war ich noch nie im Ausland aufgetreten, erst recht nicht als Schauspielerin. Wir flogen von Köln nach Rom und fuhren von dort mit einem Bus durch diese herrliche Landschaft. Am Abend hatte Günter Krämer die Hauptdarsteller und einige italienische Freunde zum Essen eingeladen. Wir saßen auf dem Platz vor dem Dom Santa Maria Assunta, über uns der Sternenhimmel und vor uns himmlische italienische Köstlichkeiten. Unglaublich gut aussehende Kellner servierten uns ein Zehn-Gänge-Menü und dazu erlesene
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