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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Mann
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Hoffnung“

Die DDR-kritische Sängerin Angelika Mann war kein Stasi-Spitzel
    Sie moderiert Sendungen im ARD-Kinderprogramm, spielt Theater in Köln, singt Claire-Waldoff-Lieder und tritt bei Revuen im Friedrichstadtpalast auf. Sie ist mollig und kumpelhaft, und sie ist ein Star. In der DDR,in der sie als „Lütte“ eine der bekanntesten Sängerinnen des Landes war, ebenso wie in der Bundesrepublik, wo ihr nach einer langen Durststrecke im letzten Jahr schließlich ein beeindruckendes Comeback gelang.
    Jetzt geht es aber nicht mehr um Karriere, sondern um ihren Ruf, und die auf der Bühne so quirlige Angelika Mann hat einen Stoß Stasi-Akten vor sich und bemüht sich, die Tränen zurückzuhalten. Seit der FOCUS im letzten Monat unter dem Titel „Rock mit der Stasi“ selektiv aus diesen Akten zitierte und den Eindruck erweckte, die Mann habe fürs MfS gespitzelt, ist für die Sängerin nichts mehr so wie vorher.
    Dabei gibt es weder eine Verpflichtungserklärung noch von der „Lütten“ unterzeichnete Spitzelberichte. Aber es gibt die Akten, oder besser gesagt: Gerüchte über die Akten. Die Wirklichkeit ist unspektakulärer: Angelika Mann, die 1976 zu den Unterzeichnern der „Biermann-Erklärung“ gehörte, wird 1981 eine Reise zu ihrer kranken Mutter nach Westberlin ohne Begründung abgelehnt. Die Künstlerin beschwert sich und trifft auf den MfS-Oberleutnant Jürgen Herold, der ihr den Reisepass besorgt. Anschließend kommt es zu Gesprächen, wo Herold „die Lütte“ anzuwerben sucht, diese aber in kecker Manier nur über DDR-Tristesse und tumbe SED-Bonzen vom Leder zieht. Ohne daß sie es weiß, wird dennoch ein IM-Vorlauf angelegt. „Maria“ (der vom MfS für die Mann verwendete Deckname) bestätigte, daß sie in den letzten zwei Jahren viel dazugelernt habe und voll hinter der Sache des Sozialismus in der DDR stehe.“ Die Behauptung des Stasi-Funktionärs wird kommentarlos im FOCUS abgedruckt, andere MfS-Berichte über sie bleiben unerwähnt: „Die Mann ist Nicht-Wählerin und für negative Diskussionen bekannt.“ Wer ihre Akte liest,wird irgendwann stutzen: Weshalb verweigerte sie eine Verpflichtungserklärung, wenn sie doch angeblich „voll hinter der Sache des Sozialismus“ stand?
    Die Böswilligkeit, mit der hier eine kritische Sängerin zur Stasi-Petze gemacht wird, liegt allerdings nicht auf der Schiene der üblichen Ost-West-Missverständnisse. Der Autor des Magazinbeitrags ist ein ostdeutscher Journalist, der dazu noch von der Gauck-Behörde angehalten wurde, sich „die Sache dreimal zu überlegen“. Dabei hätte die Lektüre der Akten durchaus eine Chance sein können, etwas über die Probleme von Musikern in der DDR zu erfahren. So mussten Gitarren, die im Westen nur ein Zehntel kosteten, für horrende Summen erstanden werden. Tourneen drohten zu platzen, weil die NVA die Musiker zur Armee einzog. Konzerte wurden von örtlichen Parteibonzen behindert. In all diesen Fällen sprach Angelika Mann mit Oberleutnant Herold, der sich dann dafür Spitzel-Informationen erhoffte. Vergeblich. Die Mitglieder ihrer Band wurden vom Armeedienst suspendiert, aber die „Lütte“ dachte nicht im Geringsten daran, konspirative Dankbarkeit zu zeigen. „Im Gegensatz zu anderen hat sie sich nicht über den Tisch ziehen lassen“, heißt es jetzt in der Gauck-Behörde, wo man es dennoch bis heute nicht für nötig hält, dem Rufmord an Angelika Mann durch ein klares Wort die Grundlage zu entziehen.
    „Ich habe immer versucht, den Menschen durch das, was ich auf der Bühne machte, Freude zu bereiten, und jetzt das …“ Angelika Mann hat Mühe, die Fassung zu bewahren. So schlimm sei es nicht einmal gewesen, als sie 1984 mit ihrem Mann den Ausreiseantrag aus der DDR stellte: „Was ich von den Typen schließlich zu erwarten hatte, war ja klar, aber diese Häme jetzt …“
    Sie erzählt von ihrem damals 16jährigen Bruder, der 1969 dem Gerücht glaubte, daß die Rolling Stones auf dem Springer-Hochhaus ein Konzert gäben, der sich mit mehreren Jugendlichen deshalb am Spittelmarkt versammelte, von der Stasi zusammengeschlagen und für zwei Jahre ins Gefängnis geworfen wurde, ehe man ihn aus dem Land hinausschmiß – ein Schicksal, das den Schriftsteller Bodo Morshäuser zu seinem Roman „Der weiße Wannsee“ inspirierte.
    „Trostlos, tot, ohne Hoffnung“, notierte ein Spitzel Angelika Manns freimütige Äußerungen über die DDR. 1985 durfte sie endlich ’raus, und Jürgen Herold mußte eine

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