Angélique - Am Hof des Königs
Süden gespürt hatte, hatte ihren Neid geweckt,
da es ihr selbst nicht einmal gelang, jemanden zu finden, der sie ordentlich bediente.
Angélique war froh, dass sie nicht einen Moment auf den Gedanken gekommen war, sich ihrer Schwester anzuvertrauen. Zwar verspürte sie eine leise Bitterkeit bei der Erkenntnis, dass ihre Verwandten nicht bereit waren, sie so bedingungslos zu unterstützen, wie sie erwartet hatte, doch bei der Vorstellung, wie Hortense außer sich geraten würde, sollte sie erfahren, dass im Palast des Königs ein Mordanschlag auf ihre Schwester verübt worden war, bei dem ihre Kammerfrau getötet worden war, konnte sie ein desillusioniertes Lächeln nicht unterdrücken.
Dennoch bemerkte sie überrascht, dass sie im Kontrast zu den albtraumhaften Stunden im Louvre und den Tuilerien die Ruhe und Beschaulichkeit im Haus ihrer Schwester genoss, und sie war ihr und Maître Fallot dankbar dafür, dass sie ihr diese Zuflucht gewährten. Trotzdem war es besser, dass sie nicht wussten, vor welchen geheimnisvollen Gefahren sie sie beschützten, die ihr von ganz hoch oben drohten, von diesem glänzenden Hof, zu dem sie mit Bewunderung, Neid und Ergebenheit aufblickten. Sie wollte nicht das erbauliche Bild erschüttern, das die beiden von ihrem eigenen Leben hatten.
In den folgenden Tagen bemühte sich Angélique um Geduld.
Eines Morgens tauchte ihr früherer Kutscher auf. Der Besitzer der öffentlichen Stallungen, wo sie ihre Kutsche, den Karren und die Pferde untergebracht hatte, hatte ihn zu ihr geschickt, um ihr ein Kaufangebot zu unterbreiten. Angélique beeilte sich, das Geschäft abzuschließen.
»Dann willst du dich hier also auf Dauer einnisten?«, rief Hortense, die gehört hatte, was sie mit dem Kutscher besprochen hatte.
Angélique blieb ruhig.
»Hortense, ich muss abwarten, bis der König nach Paris zurückgekehrt
ist. Danach werde ich ihn im Louvre aufsuchen und ihn um eine Erklärung bitten.«
Hortense zuckte zusammen und bemühte sich gar nicht erst, ihre Ungläubigkeit zu verbergen.
»Der König! Der König! Du immer mit deinen verrückten Einfällen! Pulchérie hatte recht, wenn sie sagte, dass aus dir eine vollkommen verantwortungslose Frau werden würde! Ist dir nicht klar, dass du in Gefahr bist und dass du meine gesamte Familie ebenfalls in Gefahr bringst, wenn du hierbleibst?«
Hortenses Worte beeindruckten Angélique stärker, als ihr lieb war. Aber dass ihre Schwester, genau wie früher schon, eine genauere Vorstellung von der Wirklichkeit hatte, die sie vor ihr zu verbergen suchte, änderte nichts an der Tatsache, dass es keine andere Lösung gab, als bis zum Einzug des Königs zu warten.
»Wie kommst du darauf, dass ich in Gefahr sein könnte?«, erwiderte sie steif. »Nur Geduld. Sobald der König und sein Hof in der Stadt angekommen sind, wird sich alles ändern. Einstweilen habe ich durch den Verkauf der Kutsche genug Geld, um dich für die zusätzlichen Kosten zu entschädigen, die unser Aufenthalt hier dir bereitet. Und wenn der Marquis d’Andijos und Kouassi-Ba mit der nötigen Summe aus dem Languedoc zurück sind, werde ich mir eine andere Unterkunft suchen.«
Hortense verdrehte die Augen, um ihre Zweifel daran deutlich zu machen, dass tatsächlich bald Geld aus dem Languedoc eintreffen würde, aber sie beharrte nicht länger darauf.
Angélique zählte an den Fingern ab, wie viele Tage Bernard d’Andijos und Kouassi-Ba brauchen würden, um nach Toulouse zu galoppieren und ihr nicht nur das Geld, sondern auch Neuigkeiten über die Lage dort zurückzubringen. Nach einer Weile begann sie jeden Morgen zu hoffen, dass dies der Tag sein würde, an dem sie endlich auftauchten. Inzwischen herrschte Frieden, und die Reise von Paris ins Languedoc war nicht länger eine Expedition, bei der man in den von Schlachten gezeichneten
Provinzen jederzeit auf Banditen, zerstörte Brücken oder unpassierbare Straßen treffen konnte. Das Vagabundieren des Hofes und die Reisen der Adligen, die aus allen Ecken des Landes zur Hochzeit des Königs geströmt waren, hatten die Provinzen so gut wie überall gezwungen, das Straßennetz wieder instand zu setzen.
Es waren die Straßen gewesen, die einst den römischen Frieden gesichert hatten.
Für Angélique ging das Leben im Haus von Maître Fallot im Sprengel Saint-Landry weiter.
Sie musste warten, hatte der Advokat gesagt. Warten auf den Einzug des Königs in Paris. Doch das würde noch eine ganze Weile dauern. Entgegen dem, was sie
Weitere Kostenlose Bücher