Angélique - Am Hof des Königs
Verbindung. »Ehre und Fruchtbarkeit« oder auch die »Treue«, die den Ehering in der Hand hielt, und die »Eheliche Gemeinschaft« mit zwei verschlungenen Herzen in den Händen.
Auf der Seite des Neuen Marktes zeigte das Hauptgemälde Herkules mit den Zügen des Königs und Minerva in denen der Königin, die durch Merkur in Gestalt von Kardinal Mazarin zusammengeführt wurden. Ludwig der Heilige und Blanca von Kastilien stiegen vom Himmel herab, um die Jungvermählten zu segnen, und auf der Erde stimmten die Amoretten und das Volk gemeinsam ein Loblied auf die Ehe an.
Auf der Brücke selbst hatte man alle Ladenschilder entfernt und entlang der gesamten Straße an den Häusern riesige Karyatiden aufgestellt, die bis zur Decke des ersten Stocks hinaufreichten. In ihren ausgestreckten Armen hielten jeweils zwei von ihnen Medaillons aus »bemalter Bronze«, auf denen in der Reihenfolge ihrer Thronbesteigung alle französischen Könige von Pharamond bis hin zu Ludwig XIV. abgebildet waren. Ihre Sockel waren mit Girlanden aus täuschend echt gemalten Früchten und Blumen geschmückt.
Während sie darauf warteten, näher heranzukommen, um diese Wunder bestaunen zu können, berichtete man Angélique, die neu zu den Schaulustigen gestoßen war, von der schrecklichsten Katastrophe, die Paris, abgesehen von Kriegen und Massakern, jemals erlebt hatte. Sie betraf den ersten Pont Notre-Dame, der ebenfalls mit Häusern bebaut gewesen war, und die
detaillierte Schilderung dieser Ereignisse, die zu den farbenprächtigsten Berichten über städtische Katastrophen gehörte, hielt ihr Publikum immer noch in Atem. »Am Vorabend eines neuen Jahrhunderts, im Jahr 1499, um genau zu sein, warnten einige Meister der Zimmermannszunft, dass viele der Pfeiler halb verrottet waren und zu brechen drohten und man sie herausnehmen und stattdessen neue einsetzen müsse.«
Wie es so häufig bei Warnungen der Fall ist, die lediglich die alltägliche Form der Prophezeiung darstellen – und Gott weiß, dass Propheten niemals Gehör finden -, hatten die Mitglieder des Rates ihren Hinweis in den Wind geschlagen und dachten schon gar nicht mehr daran, als am Freitag, den 25. Oktober kurz vor Allerheiligen ein weiterer Zimmermannsmeister um sieben Uhr morgens den damaligen Strafrichter aufsuchte und ihn warnte, dass noch vor dem Mittagsläuten der Pont Notre-Dame mit all seinen Häusern einbrechen und in den Fluss stürzen werde. Vergeblich postierte man einige Stadtwachen vor den beiden Zugängen zur Brücke, um die Schaulustigen am Betreten zu hindern, vergeblich versuchten die Bewohner mit Erlaubnis des Rates ihre Habseligkeiten und ihre Waren zu retten …
Kurz nach neun Uhr brach die Brücke und versank in den Fluten.
Das Gewicht der herabstürzenden Häuser zerstörte auch noch die restlichen Pfeiler und Grundpfähle. Die von den Trümmern aufsteigende Staubwolke verdunkelte die Luft.
Nur sehr wenige von denen, die sich noch auf der Brücke aufgehalten hatten, konnten gerettet werden.
Man berichtete von einem Wickelkind, das, in seiner Wiege liegend, ans Ufer gespült und von Flussschiffern aus dem Wasser geholt worden war.
Und als sei das alles nicht genug, bildete sich in der Seine eine riesige Flutwelle, die über der Rue du Val d’Amour an der Inselspitze zusammenschlug und zahlreiche Dirnen ertränkte.
Der Onkel erzählte davon, als sei das alles erst gestern geschehen und als könne sich dieses Unglück, das sich tief in das Gedächtnis des Ortes eingebrannt hatte, schon bald wiederholen. Denn man dürfe nicht vergessen, erklärte er, dass die neue Brücke auch schon seit immerhin anderthalb Jahrhunderten stand, und niemand könne garantieren, dass die dicken, in Feuer gehärteten Eichenpfähle, die säuberlich aufgereiht in regelmäßigen Abständen in den Grund gerammt worden waren, die Last der riesigen Karyatiden und römischen Triumphbögen, mit denen die Brücke zum Einzug des Königspaares geschmückt wurde, auch tragen konnten. Und natürlich hatte sich auch niemand darum gekümmert, zu prüfen, ob die Pfeiler der Brücke, die nach der langen Zeit immer noch der Neue Pont Notre-Dame genannt wurde, nicht ebenfalls anfingen zu verrotten …!
Da erhoben sich Stimmen und korrigierten ihn, dass durchaus Restaurierungsarbeiten durchgeführt worden seien. Durch das winterliche Hochwasser hatten sie verspätet begonnen und seien erst kürzlich fertiggestellt worden. Daraufhin erzählte der Onkel, dass er selbst in einem dieser
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