Angélique - Am Hof des Königs
acht ebenso prächtige Pferde mit den gleichen Decken als Geschenk erhalten.
Am 5. Juni schien jeder noch unter dem Eindruck der Ereignisse des Vortags zu stehen. Es geschah nichts. Jeder versuchte, ein wenig zur Ruhe zu kommen, und bereitete sich auf den nächsten Tag vor, den 6. Juni, an dem die beiden Herrscher einander gegenübertreten sollten und an dem der Ehevertrag und die langen, immer wieder abgeänderten Artikel des Friedensvertrags verlesen würden.
Der Tag, an dem die Könige einander endlich umarmen würden.
Die Möglichkeit, dass irgendetwas die Beilegung dieser uralten Feindschaft doch noch scheitern lassen könne, war allen deutlich bewusst und bekümmerte Franzosen wie Spanier.
Und es war nicht so sehr die Impulsivität des jungen Ludwig, die für diesen 6. Juni zu befürchten stand, sondern ein unvermitteltes Zurückschrecken des spanischen Monarchen, von dem die meisten Opfer verlangt wurden.
Königin Anna von Österreich, die sich kurz mit Doña María
Molina aus dem Gefolge der Infantin unterhalten hatte, berichtete ihren Vertrauten, dass der König von Spanien sich und den Granden seines Hofes kurz vor der Hochzeit den Vertrag über die Vermählung des Königs von Frankreich und der Infantin habe vorlesen lassen. Als die Rede auf den Verzicht der Infantin auf den spanischen Thron kam, habe er protestiert und sich lautstark selbst angeklagt: »Das ist eine Schwäche! Falls meinem Sohn etwas zustoßen sollte, muss meine Tochter von Rechts wegen meine Königreiche erben.«
6. Juni
Der so ungeduldig erwartete feierliche Tag war endlich gekommen.
Der Tag, an dem sich die beiden Könige gegenüberstehen und einander auf das Neue Testament und das Kreuz Frieden schwören würden.
Es war ein Sonntag, und die malerische Landschaft zwischen Saint-Jean-de-Luz und dem Bidassoa glitzerte im strahlenden Sonnenlicht.
Singend und tanzend säumten die festlich gekleideten Bauern die hübsche Straße zur Fasaneninsel, auf der in beiden Richtungen Reiter und Kutschen dahinzogen.
Am frühen Morgen hatte der König von Spanien Don Amiele de Gaymare y Carrafa, den Sohn des Herzogs von Lucar, nach Saint-Jean-de-Luz gesandt, um Anna von Österreich und Ludwig XIV. seine Grüße auszurichten. Er erschien in prunkvoller Begleitung, umringt von sieben Karossen voller Edelleute und hundert Dienern. Was das Gedränge noch zusätzlich steigerte, als sich die Sechsspänner, die die königliche Familie abholen sollten, einen Weg durch die Menge bahnten.
Am spanischen Ufer hatten am Fuß des Felsvorsprungs die sechshundert Infanteristen des königlichen Garderegiments Aufstellung genommen, die unter dem Kommando ihres Obersten,
des Herzogs von Veragua, aus Katalonien gekommen waren. Dazu gesellten sich die fünfhundert Reiter dieser Armee unter dem Befehl von Don Baltazar de Urbina.
Der spanische Chronist, der gewissenhaft alles notiert hat, was er für die Nachwelt von den Ereignissen dieses 6. Juni festhalten konnte, erwähnt mit Bedauern, dass die spanischen Soldaten gezwungen waren, sich dicht gedrängt aufzustellen, da auf dieser Seite des Flusses das Gebirge sehr nah ans Ufer heranreichte und ihnen nur wenig freie Fläche zur Verfügung stand.
Während das flachere Gelände auf der anderen Seite es den Franzosen erlaubte, ihre Gardesoldaten »in einer sehr schönen, langen Reihe« aufzustellen. Penibel vermerkt er ebenfalls, dass die Franzosen zahlreicher waren, da außer der Garde von Ludwig XIV., die exakt die gleiche Zahl von Soldaten umfasste wie die von Philipp IV., »denn so war es vereinbart worden«, auch noch die Garden der Königinmutter, von Monsieur und die des Kardinals Mazarin aufmarschiert waren, die allein schon dreihundert Mann umfasste.
Auf französischer Seite überwogen federgeschmückte Offiziere, deren Brustharnische in der Sonne blitzten. Man sah nur sie, denn sie eilten hin und her, überbrachten Befehle oder folgten einem Ruf, und das allgegenwärtige Funkeln erinnerte an die frühen Morgenstunden vor einer Schlacht. Prächtige Karossen und bescheidenere Kutschen wurden auf der Seite abgestellt, andere fuhren wieder davon.
Dazwischen schlenderten Trompeter und Paukenschläger herum, die sich gelegentlich zu einem martialischen Duett zusammenfanden, welches den allgemeinen Lärm übertönte und alle in Anspannung versetzte, weil man glaubte, etwas werde geschehen. Doch dann verstummte das Signal, und das Stimmengewirr setzte erneut ein.
Am frühen Morgen war der gesamte
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