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Angélique - Am Hof des Königs

Angélique - Am Hof des Königs

Titel: Angélique - Am Hof des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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Höfe in einem Gewirr unterschiedlichster Sprachen, wo zwischen Spanisch, Französisch und Deutsch auch Englisch, Flämisch und Wallonisch, aber natürlich auch Baskisch sowie verschiedene Dialekte aus dem südlichen Frankreich und dem Norden Spaniens zu hören waren. Die Grenze zwischen den beiden Höfen war lediglich fiktiv, und bald vermischten sie sich miteinander, sodass alte Freunde und Feinde einander wiedersahen.
    Denn an diesem Tag hatte sich auf der Fasaneninsel ein Durcheinander verschiedenster Nationen zusammengefunden, wie es bis dahin lediglich die Schlachtfelder gekannt hatten. Die Anwesenheit der Damen verlieh dem Ganzen eine ungewohnte Note. Ihre Anmut, ihr Lachen und ihre sprunghaften Bemerkungen verliehen dieser Begegnung, über der wie ein Schatten die dunkle, brutale Realität männlicher Widersprüche schwebte, ein heiteres Gepräge.
    Auch Angélique spürte diese unterschwellige Stimmung versöhnter Krieger, aber sie war glücklich, an Joffreys Seite zu sein, der sich ausnahmsweise im Kreis seiner Standesgenossen bewegte.
    Er führte sie zu Don Baltazar, einem langjährigen Freund, der ihnen am Fronleichnamstag seine schwarzen Pferde zur Verfügung gestellt hatte, damit sie rasch von San Sebastián ans Ufer bei der Fasaneninsel zurückkehren konnten. Die Augen des Spaniers funkelten, als sie ihm erzählte, dass sie auf dem Rücken seiner stolzen Streitrösser ein Gefühl verspürt hatte, als würde sie fliegen. Sie gehörten einer außergewöhnlichen Pferderasse an, erklärte er, die aus der Provinz Friesland stammte. Eine Region hoch oben im Norden, wo von den Wiesen aus hinter den schützenden Deichen das Grollen des
Meeres zu hören war. Don Baltazar war das Paradebeispiel eines Spaniers, dessen Wurzeln fest im Boden der Spanischen Niederlande steckten, wo er geboren war und gekämpft hatte. Seiner Ansicht nach, fuhr er fort, passte der Calvinismus nicht zu diesem Land der klingenden Belfriede, der Kirchweihen und der leidenschaftlichen Tulpenliebhaber. Aber jetzt war es zu spät! Diese fantasievollen, überschwänglichen Provinzen hatten sich in das harte Korsett der Reformation gezwängt, in dem der große Kaiser Karl V. seine Seele nicht mehr wiedererkennen würde. Alle möglichen Erinnerungen und Überlegungen begannen sich miteinander zu vermischen, und erst später würde man erkennen, dass sich in diesen Stunden ein noch in mittelalterliche Gewänder gehülltes Europa aufzulösen begann.
    Nach einer Weile ließ die Königinmutter Mademoiselle, ihre Schwestern und die Damen ihres Gefolges in den großen Salon rufen, um sie dem spanischen König und Maria Theresia, der jungen Königin von Frankreich, vorzustellen. Im Vorübergehen gab Mademoiselle Angélique ein Zeichen, doch diese zog es vor, bei ihrem Mann und den übrigen Wartenden zu bleiben. Sie genoss die Gelegenheit, an seiner Seite im Kreise von Freunden zu sein.
    Unter dem aufrechten, erhabenen Schutz der spanischen Tapisserien, auf denen »Der Sieg der Tugend über die Eitelkeit« und »Der Abscheu vor der Sünde« dargestellt waren – Motive, über die man an diesem Tag durchaus nachsinnen konnte, an dem in einer Flut erlesenster Eleganz die kostbarsten und prunkvollsten Gewänder unter ihnen flanierten -, und den unterhaltsameren freundlichen Geschichten von »Psyche und Amor« auf französischer Seite, nahm die Begegnung ihren Lauf. Von der einen Seite hatte man die spanische Garde, die deutsche Garde und die Leibgarde des Herrschers im Palast auf der Insel aufmarschieren lassen, von der anderen Seite die Schweizergarde
und die Leibgarden Ihrer Majestäten des Königs und der Königin Anna, alle natürlich in ihrer Paradeuniform.
    Die spanischen Morions, die teils mit weißen, teils mit roten Federbüschen geschmückt waren, sahen fast genauso aus wie die Helme der Schweizer Garden.
    Die jungen Herren aus dem Gefolge von Ludwig XIV. trugen Mäntel aus grauem Moiré, auf dem mit feuerfarbenen Nadeln goldene Spitze festgesteckt war. Das Futter bestand aus Goldstoff. Nach und nach verwandelte diese kühne Begegnung den provisorischen Palast in ein wahres Märchenschloss.
    Angéliques Blick fiel auf einen Mann, den sie erst nach einer Weile wiedererkannte. Sein stattliches Äußeres und seine geschmackvolle Kleidung ließen ihn aus der Menge hervorstechen. Seine Gewänder waren mit kostbarer silberner Spitze verziert. Er trug die in Kastilien übliche Halskrause und einen kurzen Umhang, auf den das rote Kreuz des

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