Angélique - Am Hof des Königs
kostbaren Dokumenten unter sich aufgeteilt.
Nach dem ganzen Stimmengewirr und Gedränge, in dem alle die Ereignisse kommentierten, denen sie beigewohnt hatten, kam irgendwann der Moment, an dem man sich nichts mehr zu sagen hatte.
Der Himmel draußen war wolkenlos. Mit Musikanten besetzte Boote in allen Formen und Größen kreuzten, mit kleinen gezackten Bannern geschmückt, auf dem Fluss.
»Allmählich brach die Dämmerung an.
Der König von Spanien erklärte, dass er am nächsten Tag um drei Uhr wiederkommen werde.
Dann wandten er und die Infantin sich der Anlegestelle zu, um nach Fuenterrabía zurückzukehren, während Ludwig XIV.,
seine Mutter, der Kardinal und sein Bruder nach Saint-Jean-de-Luz zurückfuhren.«
7. Juni
Die Sonne erhob sich an diesem Tag der Trennung.
Niemals würde man ihn anders nennen können.
»In den frühen Morgenstunden betrat Philipp IV. in Fuenterrabía die Gemächer seiner Tochter, um sich ungestört von ihr zu verabschieden. Sein Kummer kannte keine Grenzen. Die liebevolle Fürsorge ihres Vaters entlockte Maria Theresia eine Flut von Tränen, die sie nicht unterdrücken konnte. Man kann sich vorstellen, wie sie Erinnerungen an das gemeinsame Leben von Vater und Tochter aufleben ließen, jenes Miteinander, das die Bande von Vaterschaft und Abstammung schmieden, Bande, die zwischen ihnen nur aus gegenseitiger Zuneigung und Wertschätzung bestanden hatten, aus Freude und glücklichen Empfindungen während ehrenvoller staatlicher oder religiöser Feiern, bei denen sie gemeinsam den Beifall des spanischen Volkes entgegengenommen hatten.
Um halb zwei verließ der König seinen Palast. Auch an diesem Tag trug er an seinem Hut die beiden herrlichen Juwelen: den Diamanten mit dem Namen ›Spiegel Portugals‹ und die unschätzbar wertvolle Perle ›La Pelegrina‹.
Ihre Majestäten ließen ihre Karosse am Hafen zurück. Begleitet von Hörnerschall und Musik stiegen sie in ihr gewohntes Boot und fuhren die Mündung des Bidassoa hinauf, erneut begleitet von einer Flotte aus prächtig geschmückten Booten, deren Banner im Wind flatterten.«
In Saint-Jean-de-Luz schickte sich die königliche Familie ebenfalls an, zum Fluss zu fahren. In Begleitung von Kardinal Mazarin stiegen sie in eine von acht Schimmeln gezogene, mit scharlachrotem Samt überzogene Kutsche mit Vorhängen aus gleichfarbigem gold- und silberbesticktem Stoff.
Nun ruhte alle Verantwortung auf den Schultern der Königin Anna von Österreich.
Ihr und ihrer Garde würde die junge Gemahlin ihres Sohnes und Tochter ihres Bruders, des Königs von Spanien, übergeben werden. Ihr würde die schwierige Aufgabe zufallen, ihre ersten Schritte auf französischem Boden zu leiten und ihr in ihrer neuen Heimat einen herzlichen Empfang zu sichern. Denn der junge König durfte die Funktion ihres Lenkers und Beschützers nicht übernehmen, solange ihre Verbindung noch nicht den Segen der Kirche empfangen hatte.
Das würde erst am übernächsten Tag im Verlauf einer prunkvollen Zeremonie in der Kirche von Saint-Jean-de-Luz geschehen.
Und so kam die Königin, eingerahmt von ihren beiden Söhnen, Ludwig, dem König von Frankreich, und Philippe, dem Herzog von Orléans, und nur in Begleitung einer einzigen Ehrendame.
»Sie hatte Mademoiselle de Montpensier und ihre gesamten Hofdamen angewiesen, in ihrem Haus zu warten und alles vorzubereiten, um die junge Königin aufs Beste zu empfangen, wenn sie sie am Abend mitbrachte.
Die Kleidung von Ludwig XIV. war übersät mit Edelsteinen, die Königin trug herrliche Juwelen zu ihrem schwarzen Witwenkleid, und auch wenn Philippe d’Orléans vielleicht ein wenig zu viel Spitzen und Bänder trug, war er dennoch der verführerischste Vertreter französischer Eleganz.«
An diesem Tag trafen die beiden Höfe gleichzeitig ein.
Für Mademoiselle bedeutete es ein großes Opfer, von der letzten Begegnung auf der Fasaneninsel ausgeschlossen zu sein, aber sie sah ein, dass von nun an ihrer aller Bemühungen dem Wohl der Königin Maria Theresia zu gelten hatten, dank der in Europa Frieden herrschen würde. Und so gab man sich währenddessen in Saint-Jean-de-Luz alle Mühe, ihr einen herrlichen Empfang auf französischem Boden zu bereiten.
Ein letztes Mal saßen die Großen dieser Welt einander in der Nachbildung einer prächtigen königlichen Residenz gegenüber, während sich ihre Minister und übrigen Begleiter ans andere Ende des Raums zurückgezogen hatten.
Sie plauderten, wechselten die
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