Angélique - Am Hof des Königs
Königinmutter herzurichten, in dem Maria Theresia empfangen werden sollte. Dort würde die neue Königin dem Brauch gemäß nicht nur den wichtigsten Herren ihres Haushalts den Eid abnehmen, sondern gleich darauf auch der Pfalzgräfin Anna Gonzaga, die die Aufseherin über ihren Haushalt werden sollte. Danach würde sie sich in das Nebenhaus zurückziehen können, das für ihren Aufenthalt vorbereitet worden war, um sich auszuruhen.
Erst am nächsten Abend, dem Vorabend ihrer Hochzeit, sollte eine recht schlichte, kurze zeremonielle Vorstellung des französischen Hofes erfolgen.
Der unverbesserliche Abbé de Montreuil hatte erneut eine Reihe von Freunden um sich geschart, um die Zeit auf angenehmste Art und Weise zu verbringen. Das Haus, in dem M. de Lionne abgestiegen war, bot einen weiten Ausblick, und von dort aus konnte man das Eintreffen der neuen Königin in Saint-Jean-de-Luz ausgezeichnet beobachten. Der Abbé de Montreuil hatte bereits alle Fenster im ersten Stock reserviert, um dort zusammen mit seinen Gästen das prächtige Schauspiel zu genießen, das man sich nicht entgehen lassen durfte: den Einzug der von Eskorten und Regimentern begleiteten Königin Maria Theresia von Österreich, der Gemahlin König Ludwigs XIV., in
die erste Stadt ihres neuen Königreichs, welche sie mit lautem Jubel begrüßen würde.
Angélique ließ sich wieder einmal von ihm überreden, denn sie hatte eingesehen, dass er an der Verschwörung vom Fronleichnamstag unschuldig war. Nach reiflicher Überlegung war sie zu dem Schluss gekommen, dass es weder ein Komplott noch irgendeine Täuschung gegeben hatte. Nur ihre gelegentlichen Schwierigkeiten, sich ganz diesem Taumel hinzugeben, von dem man sich in Gesellschaft der Höflinge mitreißen lassen musste und der im Grunde nur der normale Zustand jener Menschen war, die das bewegte und unvermeidlich theatralische Leben der königlichen Höfe führten.
Nachdem sie, mit Sorbets versehen, an den Fenstern Platz genommen hatten, warteten sie plaudernd auf das Eintreffen des bewegenden Zuges.
Man unterhielt sich darüber, wie enttäuscht Mademoiselle gewesen war, weil sie in Saint-Jean-de-Luz hatte bleiben müssen, um das Haus der neuen Königin herzurichten, statt am letzten Akt auf der Fasaneninsel teilzunehmen. Jemand erwähnte ihren Vater, Gaston d’Orléans, und mehrere Höflinge waren sich darin einig, dass man ihn bei den gegenwärtigen Festlichkeiten schmerzlich vermisst habe. Es passte zu ihm, beinahe ohne Vorwarnung zu sterben, als der Hof sich gerade anschickte, an die Grenze zu reisen, um die Vermählung des Königs zu feiern.
Der Tod der beiden legitimen Söhne von Heinrich IV. schlug geradezu eine Bresche in den Wall der Generationen. Denn er war noch nicht alt gewesen, sieben Jahre jünger als sein Bruder Ludwig XIII., der mit zweiundvierzig Jahren gestorben war.
Viele hatten seine angenehme Gesellschaft geschätzt, und so hatte der Hof seinen Tod noch nicht wirklich verwunden.
Aber das war wieder einmal typisch Gaston, einfach zu verschwinden, während sich alle auf ihn verließen.
Der Herzog von Vivaret berichtete von der Verschwörung von Amiens, an der er in seiner frühen Jugend ohne besonderen Eifer beteiligt gewesen sei. Aber seinerzeit war es Mode gewesen, zu versuchen, Richelieu zu stürzen, und sei es nur, um den Tod von Chapelles und Montmorency-Bouteville zu rächen, zweier unverbesserlicher Duellanten, die hingerichtet worden waren, weil sie gegen die neuen Edikte verstoßen hatten, welche Duelle mit der Todesstrafe belegten. Die Mutter des einen und die Freunde der beiden Verurteilten, die größten Namen des französischen Adels, waren vor Ludwig XIII. auf die Knie gefallen und hatten um Gnade gefleht. Aber nichts hatte geholfen. Beide waren auf der Place de Grève enthauptet worden, während das erschütterte Volk rings um das Schafott das Salve Regina angestimmt hatte.
Die Verschwörung von Amiens sollte am ersten Januar 1636 in die Tat umgesetzt werden.
Diesmal waren alle von ihrem Erfolg überzeugt. Es hing ein Wunder in der Luft.
Die Verschwörer sollten auf den obersten Stufen der breiten, prunkvollen Freitreppe vor dem Rathaus warten. Und wenn Kardinal Richelieu die Treppe hinabstieg, wollten sie ihm folgen, ihn umringen, und jeder würde einmal mit seinem Dolch zustechen.
Der Herzog von Orléans sollte das Signal dazu geben.
Richelieu kam heraus und begann ahnungslos die Stufen hinabzusteigen.
War es sein Anblick? Wie üblich
Weitere Kostenlose Bücher