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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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Laboratorium eines Parfümeurs betretet, entsetzt zurück und vermutet Hexerei angesichts der zahllosen Retorten und Seiher, aus denen nicht immer wohlriechende Dämpfe aufsteigen? Nein, das käme Euch lächerlich vor. Und gleichwohl, welches Mysterium braut sich in der Höhle dieses Handwerkers zusammen! In einer Flüssigkeit lässt er das Unsichtbarste überhaupt Gestalt annehmen: einen Duft. Gehört nicht zu denen, auf die das schreckliche Wort des Evangeliums zutreffen könnte: ›Sie haben Augen und sehen nicht. Sie haben Ohren und hören nicht.‹
    Ich zweifle nicht daran, Messieurs, dass allein der Vorwurf, sich bizarren Arbeiten zu widmen, Euren durch das Studium für vielfältige Blickwinkel offenen Geist kaum hätte beunruhigen können. Aber verstörende Umstände und ein seltsamer Ruf umgeben diesen Angeklagten. Lasst uns einmal analysieren, Messieurs, auf welchen Tatsachen dieser Ruf beruht, und lasst uns sehen, ob jede dieser Tatsachen, für sich genommen, den Vorwurf der Hexerei tatsächlich stützt. Als katholisches Kind einer hugenottischen Amme anvertraut, wurde Joffrey de Peyrac im Alter von vier Jahren von religiösen Fanatikern aus dem Fenster in den Hof eines Schlosses geworfen. Dadurch wurde er verkrüppelt und entstellt. Sollte man deswegen alle Menschen, die hinken und deren Anblick anderen Angst einflösst, der Hexerei beschuldigen? Obwohl er von der Natur so stiefmütterlich behandelt wurde, hat der Graf eine wundervolle Stimme, die er von italienischen Meistern ausbilden ließ. Sollte man deshalb alle Sänger mit goldener Kehle, die die adligen Damen und auch unsere Frauen mit Wohlbehagen erfüllen, der Hexerei bezichtigen? Von seinen Reisen brachte der Graf tausenderlei seltsame Geschichten mit. Er hat fremde Gebräuche studiert, genau wie fremde Philosophien. Sollte man alle Reisenden und Philosophen verurteilen? Oh, ich weiß, wenn man das alles zusammennimmt, ergibt es nicht gerade einen einfachen Charakter.

    Nun komme ich zum erstaunlichsten Phänomen: Dieser Mann, der ein so umfassendes Wissen erworben hat und dank seiner Gelehrsamkeit reich wurde, dieser Mann, der so wundervoll zu erzählen und zu singen weiß, vermag trotz seines Äußeren den Frauen zu gefallen. Er liebt die Frauen und macht daraus auch keinen Hehl. Er preist die Liebe und hat zahlreiche galante Abenteuer. Dass sich unter diesen verliebten Frauen auch einige überspannte und schamlose Personen befinden, ist nicht verwunderlich bei einem so freizügigen Leben, das die Kirche zwar verurteilt, das aber dennoch weit verbreitet ist. Wenn man, Messieurs, alle Adligen verbrennen müsste, die die Frauen lieben, und all jene, die von ihren enttäuschten Mätressen verfolgt werden, dann wäre, will ich meinen, die Place de Grève nicht groß genug, um ihre Scheiterhaufen aufzunehmen...«
    Â 
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich. Angélique war verblüfft über Desgrez’ Geschick. Taktvoll vermied er es, von Joffreys Reichtum zu sprechen, der so viel Neid geweckt hatte, und verweilte stattdessen ausführlich bei der bedauerlichen, aber dennoch von den gestrengen Bürgern nicht zu beanstandenden Tatsache jenes ausschweifenden Lebenswandels, der nun einmal das Vorrecht der Großen war.
    Stück für Stück verengte er die Anschuldigungen, bis sie auf das Ausmaß von Provinzklatsch zusammengeschrumpft waren, und bald würde man sich wundern, warum man überhaupt so viel Aufhebens darum gemacht hatte.
    Â»Er gefällt den Frauen«, wiederholte Desgrez sanft, »und wir wundern uns, wir Vertreter des starken Geschlechts, warum die Damen des Südens trotz seines tristen Äußeren in Leidenschaft zu ihm entbrennen. Ach, Messieurs, wir sollten nicht zu vermessen sein! Seit Anbeginn der Zeiten war es uns nicht vergönnt, das Herz der Frauen und die Motive für ihre Leidenschaften zu ergründen. Lasst uns respektvoll am Rand des Mysteriums verweilen.
Andernfalls wären wir gezwungen, auch alle Frauen zu verbrennen …!«
    Â 
    Bourié sprang von seinem Stuhl auf und brachte damit das Gelächter und den Beifall zum Schweigen.
    Â»Schluss jetzt mit dem Theater!«, rief der Richter, dessen Teint immer gelblicher wurde. »Ihr spottet über dieses Gericht und die Kirche. Habt Ihr vergessen, dass der Vorwurf der Hexerei ursprünglich von einem Erzbischof erhoben wurde? Habt Ihr

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