Angelique Der Gefangene von Notre Dame
umhüllt von einem Nebel aus funkelnd weiÃem Rauch, in die Gussform.
Der Graf de Peyrac schien aus seiner Benommenheit zu erwachen
und kommentierte mit müder Stimme: »Was hier in die Form gegossen wurde, ist das Werkblei, das die Edelmetalle aus dem Rohstein aufgenommen hat. Wir werden die Form zerbrechen und gleich anschlieÃend dieses Blei auf einer Aschesohle 11 kupellieren, die in den hinteren Teil des Ofens gelegt wird.«
Fritz Hauer präsentierte die Sohle, eine dicke weiÃe, mit einer Mulde versehene Platte, und legte sie ins Feuer. Dann zerbrach er die Form auf einem Amboss, um den Bleibarren daraus zu lösen, sodass der erhabene Justizpalast eine Weile lang von dröhnenden Hammerschlägen erfüllt war. Endlich wurde das Blei behutsam in die Mulde gelegt und das Feuer wieder angefacht. Als die Sohle und das Blei rot glühten, lieà Fritz die Blasebälge anhalten, und Kouassi-Ba holte die gesamte restliche Holzkohle aus dem Ofen.
Nun blieb darin nur noch die rot glühende Sohle mit dem hei Ãen, brodelnden geschmolzenen Blei übrig, das sich immer heller färbte.
Kouassi-Ba nahm einen kleinen Handblasebalg und richtete ihn auf das Blei.
Statt es abzukühlen, steigerte die Luft die Hitze noch zusätzlich, und das geschmolzene Metall wurde strahlend weiÃ.
»Da seht Ihr das Hexenwerk!«, keifte Bécher. »Es ist keine Kohle mehr im Ofen, aber das Höllenfeuer beginnt mit dem GroÃen Werk! Seht! Da erscheinen die drei Farben.«
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Abwechselnd richteten der Mohr und der Sachse den Luftstrahl auf das geschmolzene Metall, das sich wand, Strudel bildete und zu zucken begann wie ein Irrlicht. Inmitten der Masse bildete sich ein feuriges Ei. Als der Mohr seinen Blasebalg zurückzog, richtete sich das Ei auf seiner Längsachse auf und wirbelte herum wie ein Kreisel. Dabei verlor es allmählich seinen Glanz und färbte sich zunehmend dunkler.
Doch unvermittelt blitzte es erneut grell auf, wurde weiÃ,
hüpfte hoch, sprang aus der Mulde und rollte mit dumpfem Klappern über den Boden bis vor die FüÃe des Grafen.
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»Das Ei des Satans kehrt zu seinem Schöpfer zurück!«, rief Bécher. »Das ist der Blitz! Das ist Knallgold! Es wird in unserer Mitte explodieren!«
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Das Publikum schrie auf. Im unversehens herrschenden Halbdunkel verlangte Masseneau nach Kerzen. Inmitten des ganzen Spektakels faselte Bécher immer noch vom »philosophischen Ei« und »Huhn der Weisen«, bis ein SpaÃvogel schlieÃlich auf eine Bank stieg und ein schallendes »Kikeriki« von sich gab.
GroÃer Gott, sie verstehen es nicht, dachte Angélique und rang die Hände.
Endlich tauchten an verschiedenen Stellen im Saal Gerichtsdiener mit dreiarmigen Leuchtern auf, und der Tumult legte sich ein wenig.
Der Graf, der sich während der ganzen Zeit nicht bewegt hatte, berührte das Metallstück mit dem Ende seiner Krücke.
»Heb den Barren auf und bring ihn dem Richter, Kouassi-Ba.«
Ohne zu zögern, sprang der Mohr vor, griff nach dem metallenen Ei. Leuchtend lag es auf seiner ausgestreckten schwarzen Handfläche.
»Das ist Gold!«, keuchte Bourié, der wie versteinert dastand.
Er wollte danach greifen, aber kaum hatte er es berührt, da stieà er einen entsetzlichen Schrei aus und zog hastig seine verbrannte Hand zurück.
»Das Feuer der Hölle!«
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»Wieso verbrennt die Hitze dieses Goldes Euren schwarzen Diener nicht, Graf?«, fragte Masseneau, der sich bemühte, seiner Stimme einen festen Klang zu geben.
»Jeder weiÃ, dass Mohren glühende Kohlen in der Hand halten können, genau wie die Köhler aus der Auvergne.«
Ohne dazu aufgefordert worden zu sein, stürzte Bécher mit vorquellenden Augen auf Kouassi-Ba zu und leerte ein Fläschchen Weihwasser über das beanstandete Stück Metall.
»Hohes Gericht, Ihr habt mit eigenen Augen gesehen, wie gegen alle rituellen Exorzismen das Gold des Teufels geschaffen wurde. Urteilt selbst, wie mächtig dieser Hexenzauber ist!«
»Glaubt Ihr, dieses Gold ist echt?«, fragte Masseneau.
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Der Mönch verzog das Gesicht und zog ein weiteres kleines Fläschchen aus seiner unerschöpflichen Tasche, das er vorsichtig entkorkte.
»Das ist Scheidewasser, welches nicht nur Messing und Bronze angreift, sondern auch Legierungen aus Gold und Silber. Aber ich bin mir jetzt schon sicher,
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