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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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vergessen, dass der wichtigste Belastungszeuge ein Geistlicher ist und dass ein ordnungsgemäßer Exorzismus an dem Angeklagten durchgeführt wurde, welcher zweifelsfrei bewiesen hat, dass dieser mit dem Satan im Bunde ist...?«
    Â»Ich vergesse nichts, Monsieur Bourié«, erwiderte Desgrez ernst, »und ich will auf Euren Einwand antworten. Es stimmt, dass der Erzbischof von Toulouse als Erster den Vorwurf der Hexerei gegen Monsieur de Peyrac erhoben hat, mit dem ihn eine langjährige Rivalität verband. Hat dieser Kirchenfürst womöglich im Nachhinein seine Geste bereut, deren Folgen er in seinem Groll nicht ausreichend bedacht hatte? Ich möchte es annehmen, denn ich habe hier eine umfangreiche Akte, in der Monseigneur de Fontenac wiederholt fordert, der Angeklagte solle einem Kirchengericht überstellt werden, und in der er sich energisch von allen Entscheidungen distanziert, die in dieser Angelegenheit von einem weltlichen Gericht getroffen werden. Ebenfalls distanziert er sich – ich habe hier den Brief, Messieurs, und kann ihn Euch gern vorlesen – von allen Handlungen und Aussagen des Mannes, den Ihr den wichtigsten Belastungszeugen nennt: den Mönch Conan Bécher. Der wirre Geisteszustand dieses Mannes dürfte jedem Betrachter, der bei vollem Verstand ist, zumindest fragwürdig erscheinen. Außerdem möchte ich daran erinnern, dass er für den einzigen Exorzismus verantwortlich ist, auf den sich nun die Anklage zu stützen scheint. Dieser
Exorzismus wurde am vierten Dezember des vergangenen Jahres im Gefängnis der Bastille in Gegenwart der hier anwesenden Patres Frelat und Jonathan vorgenommen. Ich bestreite nicht die Echtheit des Protokolls, insofern als es tatsächlich von diesem Mönch und seinen Gehilfen verfasst wurde, zu denen ich mich im Übrigen nicht äußern werde, da ich nicht weiß, ob sie leichtgläubig, dumm oder an dem Betrug beteiligt waren.
    Aber ich bestreite, dass dieser Exorzismus in seiner Gänze rechtmäßig war!«, rief Desgrez mit dröhnender Stimme. »Ich will nicht im Einzelnen auf die Regelwidrigkeiten dieser finsteren Zeremonie eingehen, aber ich werde wenigstens zwei Punkte hervorheben: Erstens, dass es sich bei der Nonne, die bereits damals in Gegenwart des Angeklagten alle Symptome der Besessenheit vortäuschte, um ebenjene Carmencita de Mérecourt handelt, die uns vorhin eine Kostprobe ihres Talents als Schauspielerin gegeben hat und die, wie ein Gerichtsschreiber bezeugen kann, nach dem Verlassen des Gerichtssaals dabei beobachtet wurde, wie sie das Stück Seife ausspuckte, mit dem sie den Schaum der Epilepsie vorgegaukelt hat, eine Methode, der sich auch die falschen Epileptiker bedienen, die in den Straßen das Mitleid der Menschen heischen.
    Zweitens möchte ich noch einmal auf den manipulierten Stift zurückkommen, diese teuflische Nadel, die Ihr nicht ins Protokoll aufnehmen wolltet, weil dafür angeblich nicht genügend Beweise vorlagen. Und wenn es nun doch wahr wäre, Messieurs, wenn tatsächlich ein grausamer Wahnsinniger diesen Mann einer solchen Tortur unterzogen hätte, um Euer Urteil in die Irre zu lenken und Euer Gewissen mit dem Tod eines Unschuldigen zu belasten...? Ich habe hier eine Erklärung des Arztes der Bastille, die dieser wenige Tage nach der entsetzlichen Zeremonie abgegeben hat.«
    Â 
    Mit stockender Stimme verlas Desgrez den Bericht des Sieur Malinton, des Gefängnisarztes der Bastille, der, nachdem er an
das Lager eines ihm unbekannten, aber im Gesicht durch auffällige Narben gezeichneten Gefangenen gerufen worden war, festgestellt hatte, dass dieser am ganzen Körper kleine entzündete Wunden aufwies, die von tiefen Nadelstichen zu stammen schienen.
    Â 
    In der lähmenden Stille, die auf diese Verlesung folgte, sprach der Advokat ernst und bedächtig weiter: »Und nun, Messieurs, ist die Stunde gekommen, einer großartigen Stimme Gehör zu verschaffen, deren unwürdiger Mittler ich bin. Einer Stimme, die, über alle menschliche Schändlichkeit erhaben, stets bemüht war, ihre Getreuen mit Umsicht aufzuklären. Und diese Stimme wird Euch Folgendes sagen.«
    Desgrez entfaltete ein großes Blatt Papier und las:
    Â»â€ºIn dieser Nacht des fünfundzwanzigsten Dezember 1660 wurde im Gefängnis des Justizpalasts von Paris ein Exorzismus an der Person des Sieur Joffrey de Peyrac de Morens d’Irristu

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