Angelique Der Gefangene von Notre Dame
Qualen tatsächlich bald ein Ende haben?
»Wir werden gewinnen, nicht wahr?«
Er machte eine zweifelnde Geste.
»Ich habe diesen Fritz Hauer gesehen, den Ihr hergerufen habt«, entgegnete er nach kurzem Schweigen. »Er ist mit seinen ganzen Kesseln und Retorten eingetroffen. Eine beeindruckende Erscheinung, der Mann! Das ist schade. Nun ja! Ich habe ihn im Kartäuserkloster im Faubourg Saint-Jacques versteckt. Und mit dem Mohren konnte ich mich unterhalten, nachdem ich mich, als Essighändler verkleidet, in die Tuilerien geschlichen habe. Seine Unterstützung ist uns gewiss. Aber verratet niemandem ein Wort von meinem Plan. Möglicherweise ist das Leben dieser armen Leute in Gefahr. Und unser Erfolg hängt an einigen wenigen Demonstrationen.«
Diese Empfehlung erschien der armen Angélique überflüssig. Von dem ständigen Schwanken zwischen Hoffen und Bangen wurde ihr Mund trocken und brannte.
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»Ich begleite Euch zurück zum Temple«, sagte der Advokat. »Paris ist ungesund für Euch. Bleibt bis zum Morgen des Prozesses innerhalb der Mauern. Eine Nonne wird Euch abholen. Sie bringt Eure Verkleidung mit und wird Euch in den Justizpalast begleiten. Aber ich warne Euch lieber gleich, diese ehrbare Dame ist nicht sonderlich liebenswürdig. Sie ist meine ältere Schwester. Sie hat mich aufgezogen und ist ins Kloster gegangen, als sie erkannt hat, dass ihre energischen Züchtigungen mich nicht davon abgehalten haben, vom rechten Weg abzukommen. Sie betet für den Erlass meiner Sünden. Kurz gesagt, sie würde alles für mich tun. Ihr könnt vollstes Vertrauen zu ihr haben.«
Nachdem er sein Redemanuskript in seinen Beutel geschoben hatte, stieg Desgrez zusammen mit Angélique die Treppe hinunter. Auf der StraÃe nahm er ihren Arm. Diese Stütze verlieh ihr ein beruhigendes Gefühl, und so lieà sie ihn gewähren.
Sie gingen nicht gleich zurück zum Temple.
Das Viertel, in dessen StraÃen sie nun erneut eintauchten, schien sich noch nicht auf das Ende des arbeitsreichen Tages vorzubereiten. Ãberall drängten sich die Menschen. Die meisten von ihnen waren Juristen, aber unter sie mischten sich auch einige Paare, die Arm in Arm durch die StraÃen schlenderten.
Desgrez zog sie in einen Tordurchgang und rief einen bärtigen, mit einer Hellebarde bewaffneten Soldaten beim Namen, der den Zugang zu einem düsteren Innenhof bewachte. Dann schob er Angélique in eine dunkle Ecke.
»Wartet hier«, sagte er. »Ich muss meine Rede in Sicherheit bringen.«
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Er ging mit seinem Beutel unter dem Arm los. Doch nach ein paar Schritten machte er kehrt, kam zurück, sagte etwas zu dem Wächter und steckte ihm dabei eine Börse zu. Sie verstand, dass er ihm auftrug, sie weder aus den Augen zu lassen noch zuzulassen, dass sich ihr irgendjemand näherte oder ein Gespräch mit ihr begann. Der schneeverhangene Himmel, der sich immer dunkler färbte, je näher der Abend rückte, verstärkte die nächtliche Stimmung, die die Stadt einhüllte. Angélique fragte sich, wo sie sich wohl befinden mochte. Der schmale Hof, in dem sie wartete, wirkte wie ein geschlossener Schacht zwischen den umliegenden Gebäuden, deren feuchte, harte, hoch aufragende Mauern sie undeutlich erkennen konnte.
Sie hörte geistliche Gesänge. Und nach und nach schälte sich der Umriss, oder besser gesagt die Vision, einer sehr schlanken, hohen Kirche aus der Dunkelheit, deren scheinbar unendlich hoch aufragender First in der Finsternis des Winterabends verschwand. Sicher wurde dort gerade die Abendandacht gehalten, und es mussten sich zahlreiche Gläubige dazu eingefunden haben. Erstaunlicherweise war das von innen erleuchtete Gebäude nur an seinen übermäÃig hohen Fenstern zu erkennen, die
sich nebeneinander aufreihten und im Schatten des unsichtbaren Himmels verloren wie riesige Kerzen aus bunt schillerndem Licht wirkten. Dadurch erklärte sich auch der Eindruck einer Vision, der sich ihrer bemächtigt hatte, als sich ihre Augen nach und nach an das Dunkel gewöhnt hatten.
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Unentwegt kamen und gingen Menschen. Die Ersten trugen bereits Laternen in der Hand, aber viele waren mit den Ãrtlichkeiten vertraut und betraten, genau wie Desgrez, den Hof, als seien sie dort zu Hause.
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In einer Ecke wurden ebenfalls Laternen und Leuchter mit drei oder sechs Kerzen angezündet, und Angélique sah,
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