Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
der Ansicht, Ihr wärt als Einziger in diesem Landstrich fähig, unter Eurem eigenen Namen eine groß angelegte Zucht aufzubauen.«
Der Baron fühlte sich angemessen gewürdigt.
»Darum geht es doch gar nicht …«
»Dann werdet Ihr mir sicher erlauben, Euch darauf aufmerksam zu machen, wie sehr diese Frage Euer wichtigstes Anliegen berührt, nämlich die Sorge darum, Eure zahlreichen Nachkommen standesgemäß unterzubringen...«
»Ihr hättet es verdient, mit der Peitsche gezüchtigt zu werden. Diese Dinge gehen Euch nicht das Geringste an!«
»Wie Ihr wünscht, Baron. Doch obwohl meine finanziellen Mittel bescheidener sind, als manche zu glauben geneigt sind, hatte ich vor, Euch gleichzeitig – natürlich als Vorschuss auf unseren künftigen Gewinn – ein Darlehen in entsprechender Höhe anzubieten: Zwanzigtausend Livres, die es Euch erlauben würden, Euch unbehelligt von quälenden Gedanken wegen Eurer Kinder ganz um Eure Ländereien zu kümmern. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass einem die Arbeit nicht von der Hand geht, wenn man von Sorgen abgelenkt ist.«
»Und der Steuereinnehmer einem zusetzt«, fügte der Baron hinzu, der unter seiner Sonnenbräune leicht errötet war.
»Ganz genau! Und damit diese beiden Darlehen keinen Verdacht erregen, haben wir meiner Ansicht nach kein Interesse daran, unser Abkommen öffentlich zu machen. Ich bestehe darauf, dass Ihr, ganz gleich, wie Eure Entscheidung ausfällt, mit niemandem über unsere Unterhaltung redet.«
»Ich verstehe Euch sehr gut. Aber Ihr müsst einsehen, dass ich zumindest meiner Frau von Eurem Vorschlag erzählen muss. Es geht schließlich um die Zukunft unserer Kinder.«
»Verzeiht mir diese ungehörige Frage, Baron, aber wird Eure werte Gemahlin schweigen können? Ich habe noch nie
gehört, dass eine Frau in der Lage gewesen wäre, ein Geheimnis für sich zu behalten.«
»Meine Frau steht in dem Ruf, nicht sehr geschwätzig zu sein. Darüber hinaus verkehren wir mit niemandem. Sie wird nicht darüber reden, wenn ich sie darum bitte.«
In diesem Moment bemerkte der Verwalter Angélique, die am Türrahmen lehnte und ihnen zuhörte. Der Baron drehte sich um und runzelte die Stirn, als er sie erblickte.
»Kommt her, Angélique«, befahl er streng. »Ich glaube, Ihr entwickelt die schlechte Angewohnheit, an Türen zu lauschen. Ihr taucht ständig in unpassenden Momenten auf, ohne dass man Euch kommen hört. Das ist ein ausgesprochen tadelnswertes Betragen.«
Molines musterte sie mit durchdringendem Blick, schien aber nicht so verärgert zu sein wie der Baron.
»Die Bauern behaupten, sie sei eine Fee«, bemerkte er mit einem Lächeln.
Ungerührt kam sie näher.
»Habt Ihr gehört, worüber wir gesprochen haben?«, wollte der Baron wissen.
»Ja, Vater! Molines hat gesagt, dass Josselin in die Armee eintreten und Hortense ins Kloster gehen könnte, wenn Ihr viele Maultiere züchtet.«
»Du hast eine seltsame Art, die Dinge zusammenzufassen. Aber jetzt hör mir gut zu. Du wirst mir versprechen, mit niemandem über diese Sache zu reden.«
Angéliques grüne Augen blickten zu ihm auf.
»Meinetwegen … Aber was bekomme ich dafür?«
Der Verwalter unterdrückte ein Lachen.
»Angélique!«, rief ihr Vater überrascht und enttäuscht.
Es war Molines, der ihr antwortete.
»Beweist uns erst Eure Verschwiegenheit, Mademoiselle Angélique. Wenn sich meine Hoffnung auf eine Zusammenarbeit
mit Eurem Vater erfüllt, müssen wir abwarten, ob sich unser Geschäft ungehindert entwickelt, sodass wir sicher sein können, dass nichts von unseren Plänen nach außen gedrungen ist. Und dann werden wir Euch als Belohnung einen Ehemann geben …«
Sie verzog das Gesicht und schien darüber nachzudenken.
»Also gut, ich verspreche es«, sagte sie schließlich.
Dann ging sie wieder hinaus.
In der Küche scheuchte Madame Molines gerade ihre Küchenmägde zur Seite und schob ihren mit Sahne und Kirschen bedeckten Teigboden eigenhändig in den Ofen.
»Gibt es bald Essen, Madame Molines?«, fragte Angélique.
»Noch nicht, Liebes. Wenn Ihr großen Hunger habt, mache ich Euch rasch ein Brot.«
»Nein danke, ich wollte nur wissen, ob ich noch genug Zeit habe, zum Schloss hinüberzulaufen.«
»Aber sicher. Ich schicke einen Jungen, um Euch zu holen, wenn der Tisch gedeckt ist.«
Angélique rannte davon, und gleich hinter der ersten Wegbiegung zog sie ihre Schuhe aus und versteckte sie unter einem Stein, wo sie sie auf dem Rückweg wieder holen würde. Dann
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