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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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erreichten, blieb das Pferd von allein stehen.
    Der Baron hob den Blick und sah in der Ferne auf der großen Weide ein paar friedlich grasende Maultiere, und dann, im Profil vor dem wolkenverhangenen Himmel, einen seiner Hengste, ein herrliches Exemplar des Poitou-Esels, von dem Maître Molines gesprochen hatte. Groß wie ein junges Pferd, aber von klobigerer Gestalt, verlieh das Kleid aus langem dunkelbraunem Fell seinem struppigen Umriss einen urtümlichen Anschein aus längst vergangenen Zeiten.
    »Er ist wirklich schön«, sagte der Baron.
    »Er steht an der Hecke«, erwiderte Angélique. »Dort findet er das, was er am liebsten mag, stachelige Schlehdornzweige.«
    Das Pferd hatte sich wieder in Gang gesetzt. Kurz darauf tauchten sie in das Halbdunkel eines Hohlwegs ein.
    »Lass uns eine Pause machen.«
    Das taten sie häufig bei ihren Ausritten.
    Der Baron setzte sich auf einen moosbewachsenen Stein oder eine vorspringende Wurzel, die aus dem lehmigen Abhang hervorschaute. Das Pferd fraß ungehindert das zarte Gras am Wegrand. Manchmal setzte sich Angélique zu ihrem Vater. Manchmal sammelte sie aber auch ringsum auf, was diese Stelle an interessanten Schätzen zu bieten hatte: Früchte, Blumen, Wurzeln …
    Diesmal holte sie aus ihrer kleinen Tasche einen kandierten Angelikastängel, den Madame Molines ihr als Nachmittagsimbiss mitgegeben hatte. Aber ehe sie zu essen begann, stellte sie sich vor ihren Vater hin und schaute ihn ernst an.
    »Glaubt Ihr nicht, dass es gefährlich ist, Geschäfte mit
einem Protestanten zu machen, Vater? Nounou sagt, sie hätten in den Kirchen fürchterliche Dinge getan. Sie sagt, ihre Großmutter – oder die Großmutter ihrer Großmutter – hätte das Kästchen mit den Reliquien der heiligen Ursula gerettet, nachdem die Protestanten sie aus dem Altarstein gerissen hatten und sie gerade den Schweinen vorwerfen wollten. Sie hat das Kästchen jahrelang bei sich zu Hause aufbewahrt, bis man es wieder in eine unzerstörte Kirche bringen konnte. Ihr Haus ist gesegnet worden. Sie sagt, das war die Zeit, als sie den Pfarrer von Parthenay an sein großes Kruzifix über dem Altar gefesselt und ihn getötet haben, indem sie mit der Armbrust auf ihn schossen. Sie haben mit Knüppeln den Kopf des Jesuskinds der Statue von Notre-Dame du Bon Secours zerschlagen und das Bild der Heiligen Jungfrau, zu dem seit Jahrhunderten die Wallfahrer pilgern, falsch herum aufgehängt.
    Sie haben behauptet, es seien Götzenbilder und wir Katholiken wären Heiden, weil wir uns vor ihnen verneigen.
    Und warum können wir nicht mit unseren Nachbarn vom Schloss Rambourg spielen, bloß weil sie Protestanten sind? Sie scheinen doch gar nicht so gefährlich zu sein … Der eine, der etwas älter ist als Josselin, übt die ganze Zeit auf seinem Horn. Großvater wird dann immer furchtbar wütend, er sagt, sie wollten uns provozieren. Was meint Ihr denn dazu, Vater? Sind wir wirklich Heiden, weil wir in den Kirchen vor Statuen beten? Sind das wirklich Götzenbilder?«
    Ihr Vater hatte ihr verwundert zugehört.
    So unvermittelt aus seinen Gedanken gerissen, bemühte er sich um eine Antwort.
    »Götzenbilder …? Ich weiß es nicht. Für sie anscheinend schon... Was willst du, jeder hat seine eigenen Ansichten«, entgegnete er, verblüfft über ihr Ungestüm, denn vergeblich hatte er versucht, sie zu unterbrechen.
    »Das alles... die Bilderstürmer... das sind alte Geschichten.
Es ist Vergangenheit. Und man kann die Vergangenheit nicht ewig wieder hochholen. Der beste Weg, nicht mehr von diesen ganzen Erinnerungen behelligt zu werden, ist, nicht länger darüber zu reden. Das alles zu vergessen.
    Ich habe ein paar hugenottische Pächter auf meinen Ländereien... Die einzigen, die regelmäßig den Pachtzins zahlen … Und unsere Nachbarn, die Rambourgs, bringen uns immer Wild, weil ich sie in unseren Wäldern jagen lasse … Ich selbst hatte nie die Zeit, Falken oder Hunde abzurichten, und auch nicht genug Geld dafür … Wir müssen vergessen. Sonst werden die alten Streitigkeiten nie enden.
    Nounou Fantine erzählt euch zu viele unsinnige Geschichten. Die hat sie sicher aus dieser blauen Bibliothek der Kolporteure. Aber das ist keine exakte Literatur. Ich meine... das entspricht nicht der Wirklichkeit … Verstehst du? Es sind alte Erzählungen, die die Menschen zu Heldentaten anregen sollten. Na ja, ich weiß ja nichts darüber... aber das sagen zumindest deine Mutter und Pulchérie. Wie auch immer, Molines ist zwar

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