Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
gerissener Bürgerlicher, und auf der anderen Ihr, ein Adliger...«
»Und nicht gerissen«, ergänzte ihr Vater lächelnd.
»Das meinte ich nicht. Eher... nicht so ganz auf dem Laufenden. Aber Ihr verfügt über Beziehungen und Titel. Zusammen müsst Ihr einfach Erfolg haben. Ihr habt selbst neulich gesagt, dass es Euch unmöglich erscheint, Maultiere ins Ausland zu schaffen, bei dem ganzen Wegeund Brückengeld und all den Stadtzöllen, die die Kosten in die Höhe treiben. Und bei einem Viertel der Tiere kann der Oberintendant doch nichts dagegen einzuwenden haben! Was habt Ihr denn mit dem Rest vor?«
»Das ist es ja gerade: Der Militärintendanz wird ein Vorkaufsrecht für die Maultiere zum aktuellen Jahrespreis auf dem Markt von Poitiers eingeräumt.«
Angélique nickte.
»Es sieht ganz so aus, als hätte Molines an alles gedacht. Er ist ein kluger Mann! Solltet Ihr nicht auch Monsieur du Plessis aufsuchen und vielleicht an den Herzog von La Trémoille
schreiben? Aber wie man hört, sollen all die hohen Herren sowieso bald herkommen, um ihre Fronde voranzutreiben.«
»Ja, davon ist die Rede«, antwortete der Baron missmutig. »Aber beglückwünsche mich lieber nicht zu früh. Ob die Fürsten nun kommen oder nicht, es ist nicht sicher, dass es mir gelingen wird, ihre Zustimmung zu erhalten. Und das Erstaunlichste habe ich dir noch gar nicht erzählt.«
»Was denn?«
»Molines will unsere alte Bleimine in der Nähe von Vauloup wieder in Betrieb nehmen.«
Der Baron seufzte versonnen. »Manchmal frage ich mich, ob dieser Mann noch ganz bei Verstand ist, und ich muss zugeben, dass ich so verwickelte Geschäfte nicht wirklich durchschaue... Wenn es denn Geschäfte sind. Um es kurz zu machen, er hat mich aufgefordert, beim König um die Erneuerung des alten Privilegs meiner Vorfahren zu ersuchen, aus unserer Mine Blei und Silber zu fördern und zu Barren einzuschmelzen. Du kennst doch die verlassene Mine von Vauloup?«, fragte Armand de Sancé.
Angélique nickte.
Die quälenden Erinnerungen an ihren unerfreulichen Ausflug, bei dem Bruder Anselme ihr die Mine gezeigt hatte, kamen wieder hoch.
»Ich wüsste zu gerne, was sich dieser Teufelskerl von einem Verwalter von diesen alten Kieseln verspricht«, fuhr ihr Vater beunruhigt fort. »Denn natürlich wird die Wiederinbetriebnahme der Mine unter meinem Namen vonstattengehen, aber er will für alle Kosten aufkommen. Wir werden einen geheimen Vertrag schließen, in dem ihm das Recht zugestanden wird, die Bleimine für zehn Jahre zu pachten, wodurch meine Verpflichtungen aus dem Grundbesitz und dem Abbau des Erzes auf ihn übergehen. Ich soll nur beim Oberintendanten die gleiche Steuererleichterung auf ein Viertel der künftigen
Produktion und die gleichen Ausfuhrgarantien erwirken wie für die Maultiere. Das erscheint mir alles recht kompliziert.«
Abermals stieß er einen tiefen Seufzer aus.
»Nun ja, wir sollten uns nicht beklagen... Es ist nur gerecht, dass die vielen Steuerpächter und Finanziers, die mit Geld umzugehen wissen, den Adel unterstützen, während dieser sein Leben in den Kriegen des Königs hingibt. Ich selbst und dein Großvater haben unseren Teil dazu beigetragen, und es geht nicht an, dass wir unser Leben in Armut beschließen. Dieses zweite Darlehen ermöglicht dir und Hortense eine gute Ausbildung. Das ist an sich schon eine Art Mitgift, die es uns erlauben wird, gute Ehemänner für euch zu finden. Deine Mutter und ich werden die Ursulinen in Poitiers anschreiben und nachfragen, ob sie Platz haben, um euch aufzunehmen, und falls ja, welche Ausstattung für euch zusammengestellt werden muss. Das wird wohl eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Und bis dahin möchte ich dich bitten, nicht länger deinen unschicklichen Launen zu folgen. Es wird Zeit, dass du aufhörst, durch die Felder zu tollen und Blumen zu pflücken... Kannst du mir das versprechen, Angélique?«
Angélique schwieg.
Für ein paar Augenblicke hatte sie sich wieder wie ein Kind gefühlt, das am Rand des Hohlwegs neben seinem Vater saß, und die bleierne Last der unverständlichen Katastrophe war ein wenig leichter geworden.
Das Leben ging weiter und schloss sie ein mit seinen Verpflichtungen, aber auch mit der Hoffnung auf Veränderung.
Und sie verstand, dass die Tage wie ein nie versiegender Sturzbach waren und dass sie selbst, genau wie ihre Eltern, keine andere Wahl hatte, als sich von ihm mitreißen zu lassen.
»Versprich es mir«, beharrte der Baron.
Sie senkte
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