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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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worden war, Medizin zu studieren. Das war allerdings an der Universität von Montpellier gewesen, die sich seit ihrer Gründung durch die Araber ihren unabhängigen Geist bewahrt hatte. Der Graf de Peyrac kannte sie seit seiner Jugend und unterhielt sich gern mit ihr.
    Angélique erkundigte sich bei Marguerite, der Kammerfrau, nach ihr.
    »Ich verstehe schon! Wahrscheinlich noch eine seiner Milchschwestern?«
    »Nein, da gibt es nur mich«, gab Marguerite lachend zurück.
     
    Aber sie gestand zu, dass Dame Isaura ihr in vielem sehr ähnlich sei, weswegen ein längeres Zusammenleben der beiden sich als schwierig erweisen könne. Doch das war nicht der Grund, weshalb Marguerite das Ehepaar nicht zur Geburt ins Béarn begleitete.
    Angélique bedauerte das. Sie war daran gewöhnt, dass Marguerite sich um sie kümmerte, und hätte sie gern auch bei dieser Gelegenheit bei sich gehabt. Die Erklärungen, die sie ihr gab, waren eher Informationen über das Land und hatten nichts
mit der Persönlichkeit oder dem Charakter der Menschen zu tun, die dort lebten oder sich dorthin begaben.
     
    Béarn hatte vom Beginn seiner Existenz an stets versucht, ein Land für sich zu sein.
     
    Das Schloss der Familie des Grafen lag in einem von drei Tälern, die sich ebenfalls als weder zu Frankreich noch zu Spanien gehörend betrachteten und, was das Problem noch verstärkte, weder zu Aquitanien noch zum Béarn.
    Es gab einige solcher zwischen Gletscher, See und Wald hingeschmiegten oder hoch auf den Ufern brodelnder Gebirgsbäche gelegenen Gegenden, die sich wie in der Antike »kleine Republiken« nannten.
    Dort angekommen, sagte Marguerite, würde Angélique begreifen, dass es für »Ausländer« stets ein langes, verwickeltes Procedere sei, auf ihr Gebiet vorzudringen. Doch Monsieur de Peyrac sei ja Herr einer Domäne, daher war er einerseits dort zu Hause und wurde außerdem gut geschützt.
     
    Angélique liebte spontan alles, was sie entdeckte. Zum ersten Mal befand sie sich im richtigen Hochgebirge, dessen Gipfel von der Ebene aus gesehen nicht nur unzugänglich, sondern auch verlassen wirkten.
     
    In Etappen ging es auf dem Rücken einheimischer Pferde, die klein und kräftig waren, immer höher hinauf. Das Gepäck wurde von Maultieren getragen. Bei jeder Biegung ihres Aufstiegs wartete Angélique gespannt auf das Unbekannte, das sich stets dahinter zu verbergen schien.
     
    An den Berghang gelehnt, war das kleine Schloss solide auf einem Vorsprung errichtet, der über den Rand eines Abgrunds
hinausreichte. Die Reisenden kamen über die linke Flanke näher und drangen in einen vollständig von Schutzmauern umbauten Hof vor. Der mittlere Teil des Bauwerks lag zwischen zwei Türmen, deren höheren man »Donjon« oder Bergfried nannte, und hatte zwei Etagen mit Wohnräumen. Das Erdgeschoss war, wie es in dieser Gegend üblich war, den Haustieren vorbehalten. Doch dort standen nur noch ein paar Schafe und zwei Kühe; die übrige Herde hatte man auf die Sommerweiden getrieben, jenseits des dichten Waldes, in dem sich Bären tummelten.
    Die raue, abweisende Natur dieser dicht bevölkerten Landschaft wurde durch den offenen, mitteilsamen Charakter ihrer Bewohner ausgeglichen, die sich ständig in Bewegung befanden.
    Man hätte behaupten können, dass das Leben in diesen Tälern von einer reibungslosen Verständigung abhing, und zwar sowohl, was die Verbreitung von Nachrichten anging als auch die gemeinsamen Arbeiten, den Auf- und Abtrieb der Herden, die Käserei, die Beförderung von Waren …
    Bei Dame Isaura, die in dem kleinen Dorf unterhalb des Schlosses wohnte, liefen die verschiedenen Strömungen zusammen. Sie wahrte gleichsam die Harmonie zwischen einem starken protestantischen Gerüst und dem notwendigen katholischen Anschein.
    Wenn man den abends am Kamin erzählten Geschichten glauben wollte, schrieb man den Truppen von Monsieur de Montmorency ebenso viele heldenhafte Schlachten zu wie denen Monsieur de Rohans. In den Zeiten der glücklicherweise vergangenen Religionskriege hatten alle gleichermaßen den Mut der ersten Christen und eine schändliche Grausamkeit an den Tag gelegt. Versöhnung war nur möglich, wenn die Menschen es fertigbrachten, von den hohen, oft verschneiten Gipfeln bis zu den glücklichen Ebenen friedlich zusammenzuleben.

    Hoch oben in diesem Gebirge erschloss sich Angélique der Sinn des Spruchs, den sie einmal bei frommen Exerzitien gehört oder gelesen hatte: Ich habe dich davongehoben und an einen

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