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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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vergaß man die Stadt, da er von Gärten umgeben war; und sowohl von der Galerie als auch von ihren Räumen aus brauchte man nur drei oder vier Stufen hinabzugehen und fand sich schon unter Bäumen wieder.
     
    Angélique hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, morgens ein paar Schritte auf den schmalen Wegen zu gehen – Pfade, die geradezu geschaffen waren, zu zweit darauf zu spazieren,
dachte sie -, die zwischen Blumenbeeten und Buchen schattenspendende Laubengänge bildeten und dazu verlockten, ihrem verschlungenen Lauf zu folgen, bis man dichtere Gehölze erreichte. Je weiter man ging, umso mehr vergaß man, dass man sich mitten in der Stadt befand. Und dieser Park hatte etwas Geheimnisvolles, denn er vermittelte den Eindruck, als habe er keine Grenzen; genau wie der Rand des großen Waldes, wo sie lange das Gefühl gehabt hatte, es sei verboten, weiter vorzudringen.
    Angélique ging zum Haus zurück.
    Im Grünen nahm sie die weißen Gestalten der Gärtner wahr, die sich geschmeidig und eifrig, aber lautlos bewegten, was noch zu dem Eindruck beitrug, sich am Saum eines verwunschenen, von Gespenstern bevölkerten Reichs zu befinden. Gelegentlich kam einer von ihnen auf sie zu, kniete nieder und stellte einen Korb mit herrlichen Blumen, die frisch geschnitten und geschmackvoll zu einem Gebinde arrangiert waren, vor sie hin. Anschließend begleitete er sie und übergab sie einem Pagen oder einer Dienerin. Hier und dort hatte Angélique einiges über die Mauren mit ihrer dunklen Haut, die hellbraun oder von der Farbe gerösteten Brots war, und ihren Samtaugen aufgeschnappt.
    Sie waren die letzten Überlebenden des Königreichs Granada, eines der großen muslimischen Staaten, die Spanien seit der arabischen Invasion zu Beginn des achten Jahrhunderts beherrscht hatten. Neunhundert Jahre später hatte unter der Herrschaft des düsteren und frommen Philipp II., des Sohns Karls V., die letzte Episode der christlichen »Reconquista« stattgefunden. Da man die »Mudéjares«, was so viel hieß wie »diejenigen, die bleiben dürfen«, im Verdacht hatte, nicht wirklich konvertiert zu sein und insgeheim die islamische Religion auszuüben, waren sie nach erneuten Verfolgungen, auf die Jahre blutiger Aufstände folgten, zur Deportation verurteilt
und aus Andalusien verbannt worden. In Gruppen von fünftausend Menschen hatte man sie, eskortiert von je zweihundert Soldaten, fortgebracht und dann in den nördlichen und westlichen Regionen über die kargen, windigen Hochebenen von Kastilien oder die eisigen, unbebauten Sierras verteilt…
    Die »Mudéjares« waren friedliche und arbeitsame Ackerbauern gewesen, hatte Berenguer de Mallorca erklärt, und als man sie aus ihrer Heimat Andalusien vertrieb, waren Obstpflanzungen, Gärten und schöne Fluren verfallen und lagen brach.
    In der Folge hatten die »Altchristen« im spanischen Kernland diesen Zustrom von unzureichend konvertierten Ungläubigen heftig abgelehnt und ihre vollständige Vertreibung verlangt. Wem es gelang, den Autodafés, den Scheiterhaufen, welche die Inquisition für die Renegaten bereit hielt, und dem Tod durch Auszehrung und Krankheit auf den Wegen des Exils zu entrinnen, der fand Asyl auf der anderen Seite der Pyrenäen. Schon seit langer Zeit spielten Juden und Mohamedaner eine Rolle in der Kultur des Languedoc.
    Der katalanische Edelmann hatte diese düstere Geschichte gerade deswegen so energisch angeprangert, weil er Katalane war und damit ein eingeschworener Feind der spanischen Monarchen. Denn die Grafschaft Barcelona hatte sich in ferner Zeit, als Karl der Große seine »Spanische Mark« besaß und sein Neffe Roland den Olifant blies, um in den Engpässen der Berge um Hilfe zu rufen, auf die Seite des Kaisers geschlagen.
    Angélique freute sich über diese Gemeinsamkeit. Kaiser Karl der Große, sein Neffe Roland und dessen Verlobte, die schöne Aude, die bei der Nachricht von seinem Tod stirbt – das war etwas, das sie aus der guten alten Zeit der »kleinen blauen Büchlein« kannte.

    Viele dieser Gespräche fanden bei den Ausritten statt, die sie mit einer kleinen Gruppe von Freunden unternahm, kaum dass die Sonne aufgegangen war. So lernte sie ihre Umgebung besser kennen, während sie zugleich verblüfften Blickes den Horizont betrachtete, denn die Landschaft, die vor ihren Augen lag, unterschied sich doch sehr von ihrer Heimat. Aber sie saß gern zu Pferde. Seit sie in den Süden gekommen war, konnte sie auf diese Weise am besten wieder zu sich selbst

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