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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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für sich allein zu haben. Die Szene in der Laube hatte sie in eine Verwirrung gestürzt, von der sie sich noch nicht erholt hatte. Sie brauchte nur an diese goldene Stimme zu denken, die unter dem Blätterdach erklungen war, um erneut am ganzen Körper zu erbeben. Immer noch hatte sie den Eindruck, dass er ein Fremder gewesen
war, dieser fahrende Sänger, dessen Ruhm ihm über Straßen und Berge vorauseilte. Sie hatte seine dicken, staubigen Schuhe gesehen und seinen groben Mantel gefühlt.
    Und sie hatte ihm aufrichtig geglaubt, als er ihr diese Geschichte erzählt hatte: Wie enttäuscht er gewesen war, die schönste aller Frauen in Toulouse nicht anzutreffen, zumal ja Marguerite ihn angekündigt hatte, den berühmten Troubadour, die »Goldene Stimme des Königreichs«.
    Sie hatte sich von seiner verzehrenden und doch beherrschten Inbrunst bezaubern lassen, die sie mitgerissen und in ihren Bann geschlagen hatte. Sie hatte auf seine Leidenschaft reagiert und dabei nicht vergessen, dass sie sich das erlauben konnte, da er ja nur ein flüchtiges Abenteuer war und sie ohnehin nie die Liebe kennenlernen würde.
    Und dabei war er es gewesen! Ihr eigener Mann!
     
    Als sie an diesem Punkt ihrer Überlegungen angelangt war, bedauerte Angélique, keine Geißblattranken zur Hand zu haben, die sie in ihrem Zorn hätte zerreißen können, so wie gestern in ihrer Angst und Wut. Dabei konnte das Geißblatt nichts dafür und hatte in dieser bezaubernden Nacht so gut geduftet. Und seine Stimme war so schön!
    Erneut wurde sie von dieser Mattigkeit ergriffen.
    Sie spürte wieder, wie sich sein eisenharter Arm um ihre Taille legte und ihr jede Möglichkeit zur Flucht nahm. Wie hatte sie jenen ersten Abend nur vergessen können? Jetzt wusste sie, dass Männerarme dazu geschaffen waren, Frauen gefangen zu halten, sie zu zerquetschen, zu zerbrechen, sie ihrem Willen zu unterwerfen.
     
    Bei dem Gedanken daran, dass sie diesen Überfall wehrlos über sich hatte ergehen lassen, geriet Angélique in Zorn. Sie war ganz und gar willig gewesen!

    Als sie nun die Stadt von fern betrachtete, sah sie dort nicht mehr diese Sanftheit, diese Milde, die sie an jenem ersten Morgen bezaubert hatte. Jetzt war diese Stadt ihre Feindin, weil er darin der Herr war.
    Die Ruhe und der laue Tag beruhigten sie. Wieder schlief sie lange, als wäre sie völlig erschöpft.
     
    Als sie erwachte, drängte es sie immer noch nicht, nach Toulouse zurückzukehren.
    Sie sah sich in dem kleinen Gebäude um, das fern von dem Aufruhr und den neugierigen Augen der Stadt errichtet worden sein musste, um verschwiegenen Begegnungen Platz zu bieten. Abgesehen von dem Balkon gab es auf der ersten Etage eine kleine Terrasse, von der man über die Landschaft blickte.
    Ein bequemes Ruhebett stand dort und daneben ein Tischchen, auf dem ein Imbiss aus Salaten, Obst und Getränken angerichtet war. Angélique streckte sich auf den Kissen aus und stärkte sich. Die maurischen Diener waren so diskret, dass man ihre Anwesenheit nur erahnen konnte.
    Angélique schlummerte wieder ein.
     
    Abrupt fuhr sie aus dem Schlaf hoch und fürchtete, der Unbekannte sei da und beuge sich über sie.
    Als sie die Augen öffnete und in den Sternenhimmel schaute, musste sie an ihren alten Traum denken: Gern wäre sie in einem Nachen, der von den Fluten gewiegt wurde, aufs Meer hinausgefahren.
     
    Die Erinnerung an den Sänger verblasste. An diesem Abend war es im Garten ruhig geblieben. Sie würde versuchen, ihn zu vergessen.

    Angélique kam nicht über ihre Bestürzung hinweg.
    Der Graf de Peyrac war abgereist.
    »Und wohin?«
    »Nach Paris.«
     
    Niemand schien seinen Entschluss überstürzt zu finden. Monsieur de Peyrac hatte vor einigen Wochen die Nachricht erhalten, der Bau seines Pariser Stadthauses sei vollendet, da musste er selbstverständlich nach Paris.
    Als Andijos ihr einen mit seinem Siegel verschlossenen Umschlag überreichte, rechnete sie damit, einen Brief mit einigen erklärenden Worten vorzufinden. Doch darin war nur ein Schmuckstück, eine Perle, die man auf der Stirn trug, von dieser seltenen Art, die eine etwas längliche Form aufwies wie ein schimmernder Tropfen, und mit einem Goldkettchen, mit dem sie im Haar befestigt wurde.
     
    »Sagt mir, Andijos, es ist doch nichts Ernstes? Paris! Aber das ist ein sehr weiter, gefährlicher Weg. Erzählt man sich nicht, je weiter man nach Norden komme, umso öfter müsse man Landstriche durchqueren, in denen die Bauern die Kriege zum

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