Angélique - Hochzeit wider Willen
beschäftigen.
Eines Tages fiel der Name Ninon de Lenclos.
»Ich bin mir ganz sicher, dass er sie sehen wird«, meinte einer, »oder besser gesagt, wiedersehen.«
»Glaubt Ihr wirklich, er kennt sie persönlich?«
Der Einwand kam von einer Frau.
»Paris ist groß, und so oft reist unser Herr nun doch nicht in die Hauptstadt...«
»Ein Mann wie er kann gegenüber dem Ruf einer so berühmten Kurtisane nicht gleichgültig bleiben.«
Es wurde laut, als die gegensätzlichen Meinungen über die schöne Ninon de Lenclos aufeinanderprallten.
Manche fanden, diese Bezeichnung täte ihr unrecht, denn sie sei viel mehr und Besseres als eine Kurtisane. Ein anderer, der Seneschall, sprach von ihr mit der Entschiedenheit eines Mannes, der über jede Einzelheit informiert ist, was nicht ausschloss, der er eine aufrichtige Bewunderung für sie hegte. Die Männer, die sie anfauchten, seien oft nicht einmal ihre Liebhaber; denn die Männer, die sie wirklich liebe, seien häufig arm und diese Affären ein Ergebnis ihrer leidenschaftlichen Zuneigung. Ihre Namen wisse man meist nicht genau, da sie solche Verhältnisse selten einging. Angélique begriff, dass sie Joffrey de Peyrac, den großen Hinkefuß aus dem Languedoc, zu den Männern zählten, die bei dieser schwierigen Frau möglicherweise Gefühle erweckt hatte, die nicht mit dem Interesse an einem Vermögen oder einem hohen Rang zu tun hatten.
»Auch wenn unser Freund sich nur selten in Paris aufgehalten hat, niemand kann mir erzählen, dass diese beiden sich nicht kennengelernt haben.«
Als die Klatschmäuler Angélique näher kommen sahen, unterbrachen sie das Gespräch; doch sie tat nicht so, als hätte sie nichts gehört. Um die Wahrheit zu sagen, war ihr der Name bekannt, denn er geisterte schon seit langer Zeit sogar tief in den Provinzen und den Klöstern herum. Stets wurde er genannt, wenn die Rede auf Paris und seine Salons kam, die »ruelles«, wo die affektierten Damen Kavaliere und Geistesgrößen empfingen, unter denen die Kurtisane zu den Berühmtheiten gehörte.
»Zwanzig Jahre sind es nun schon, dass Ninon de Lenclos über die Herzen der Männer regiert, die Freigeister und Freunde der Liebe sind, aber auch über die schönen Künste, den Geist und die allerfeinsten Umgangsformen.«
Man spekulierte über ihr Alter und das Geheimnis ihrer Verführungskraft, die ihr anscheinend ewige Jugend verliehen hatte.
Der Seneschall rezitierte:
»Die nachsichtige und kluge Natur
Hat Ninons Ära geschaffen
Aus der Wollust des Epikur
Und der Weisheit eines Cato.«
Auf ihren Ausritten konnte Angélique ihr Temperament ausleben. Diese Ausflüge dehnten sich durchaus über die Mittagsstunden hinweg aus. Mit ihren Freunden entdeckte sie die Städte und Dörfer der Umgebung, deren Einwohner sich über den Besuch der Adligen aus Toulouse freuten.
Auch Picknicks fanden im Schatten eines Wäldchens statt. Man ruhte sich aus und plauderte angeregt.
Einmal unternahm sie mit einigen Damen einen Spaziergang am Flussufer. Eine von ihnen machte ihr, nachdem sie sich mit einem Blick zu den anderen versichert hatte, ein Geständnis: Je mehr Zeit vergehe, umso mehr bedaure der ganze Landstrich, um nicht zu sagen, die gesamte Provinz, dass es aus dem Palast der fröhlichen Wissenschaft noch keine Nachricht über ein bevorstehendes freudiges Ereignis gebe.
Angélique begriff die Anspielung nicht sofort.
»Wir sind ein neugieriges Völkchen«, schaltete sich der Seneschall ein, der ihre Überraschung bemerkt hatte. »Das Liebesleben unserer Fürsten hat uns schon immer sehr am Herzen gelegen.«
Als Beispiel führte er die Beschwerden der Bürger von Montpellier an, die diese ihrem neuen, jungen, schönen und schneidigen Herrn, Pedro II., König von Aragón und Mallorca, hartnäckig und sogar unter Tränen vorgetragen hatten. Denn sie bestanden darauf, dass er seinen ehelichen Pflichten gegenüber ihrer Fürstin Marie de Montpellier nachkomme, die er nur geheiratet hatte, um seinen Besitzungen eine wohlhabende Stadt hinzuzufügen.
Dabei war sie eine »schöne und edle Dame« gewesen, wie es in einer Chronik aus dieser fernen Zeit hieß, und die Tochter des verstorbenen Guilhem de Montpellier und der Eudoxie von Konstantinopel.
Doch dieser Prinz war flatterhaft und reiste viel, ständig hin und her gerissen zwischen seinen zahlreichen Mätressen, Königreichen und Feldzügen; denn er führte an der Seite der anderen christlichen Monarchen von Navarra, León
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