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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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erkannte Angélique Joffrey de Peyrac zunächst nicht und glaubte, jemand anderen vor sich zu haben.
    Denn er stand hinter einem großen Teleskop, und sie sah ihn nur im Profil. Diese Seite seines Gesichts, bis zu der die Narben nicht reichten und die im Mondlicht wie gemeißelt wirkte, hob sich ganz deutlich ab, in präzisen Linien, welche die Energie, die es ausstrahlte, betonten, die Kühnheit der breiten Stirn und der geraden Nase, die kräftigen Lippen, die im Moment der Konzentration auf das Studium geschlossen waren. Das zurückgeschobene Haar ließ ihn durch jene Nachlässigkeit, wie sie oft junge Menschen an den Tag legen, jugendlicher wirken. Die Wange mit den betonten Wangenknochen und die breiten, freien Schläfen waren im Halbdunkel blass zu erkennen.
    Doch als er den Kopf drehte, verschwand die gelassene Heiterkeit, die dieses Profil ausgestrahlt hatte, und an ihre Stelle trat die schroffe Persönlichkeit, die sein entstelltes Gesicht ausstrahlte. Sein Blick, der glühend oder auch nur einfach strahlend sein konnte, je nachdem, welches Gefühl er ausdrücken wollte, Zorn oder Fröhlichkeit, zwang seinen Gesprächspartner, ihm ins Gesicht zu sehen. Und dieses Gesicht wurde vollkommen undurchdringlich, wenn er verbergen wollte, was er dachte oder empfand.
    Mit einem solchen Blick bedachte er Angélique, als er sie im Türrahmen stehen sah.

    Sie erstarrte auf der Schwelle und konnte keinen Schritt mehr tun.
     
    Endlich ergriff er mit seiner schönen, volltönenden und wohl artikulierten Stimme das Wort.
    »Ihr seid gekommen, Madame!«
     
    Seine Worte waren eine selbstsichere Feststellung.
    Und ihr Widerhall verbreitete sich durch den Raum.
    Angélique stützte sich gegen den Türrahmen. Sie fürchtete, angezogen zu werden wie ein Vogel von der Stimme des Vogelfängers.
    »Was habt Ihr in diesem Raum zu finden geglaubt?«
     
    Angéliques Augen nahmen den Anblick dieses prachtvollen Ortes auf, der losgelöst vom Rest der Welt im Schoße der Nacht lag, voller Schätze, den wissenschaftlichen Instrumenten, die mit ihrem lackierten Holz und ihren kostbaren Verzierungen im Mondlicht schimmerten.
    »Den Geist des Galilei«, antwortete sie.
     
    Wenn sie ihn in diesem Moment angesehen hätte, dann hätte sie ihn bei diesem halb amüsierten und halb verblüfften Lächeln ertappt, das er ihr so oft schenkte.
    Doch Joffreys Miene war schnell wieder undurchdringlich.
    Nicht nur aus schlichter Neugier, sondern auch entzückt, war er dem prüfenden Blick ihrer bewunderungswürdigen Augen gefolgt, der vom Sternenhimmel zu der märchenhaften Ausstattung des Raumes, in dem er arbeitete, glitt.
    Er bemerkte, dass sie sich weigerte, ihn anzuschauen, doch in diesem Moment machte ihm das kaum etwas aus. Denn er war vollkommen überwältigt von der Leidenschaft, die ihre Erscheinung, diese berauschende Anmut und Weiblichkeit, in
ihm auslöste. Er musste sich Gewalt antun, um reglos zu bleiben.
    Als er erneut das Wort ergriff, klang seine Stimme verhaltener.
    »Was wünscht Ihr? Was wollt Ihr von mir?«
    »In dieses Instrument schauen, mit dessen Hilfe der große Gelehrte Galileo gesehen hat, dass es Berge auf dem Mond gibt.«
     
    Während sie ihre Bitte vorbrachte, hatte sie ihn mutig angeschaut, und die Härte, die in seinen dunklen Augen stand, ließ sie zu Eis erstarren. Doch als er ihr antwortete, lagen weder Spott noch Bosheit in seiner Stimme.
    »Nein. Noch nicht! Denn zuvor muss ich Euch eine noch herrlichere Welt zeigen, die noch unendlicher ist als das Mysterium des Mondes und der Sterne.«
    »Welche Entdeckung könnte denn wunderbarer sein als die Erforschung dieses Firmaments?«
     
    »DIE LIEBE.«
     
    Bei diesen Worten, die er mit sanfter, zärtlicher Stimme aussprach, spürte sie ein Erschrecken und eine unaussprechliche Verwirrung und meinte, sie müsse ohnmächtig werden. Beinahe wäre sie auf ihn zugelaufen.
    Dies war die Magie der Kammer mit dem goldenen Schlüssel.
    Aber sie weigerte sich immer noch, seiner beharrlichen Forderung nachzugeben, sie zu gewinnen... Und sie trat zurück und wandte sich ab.
    Langsam stieg sie die schöne Treppe hinab, denn sie fühlte sich unsicher auf den Beinen.

    Mit weit aufgerissenen Augen ertappte sie ihr Spiegelbild dabei, wie es eine Hand aufs Herz presste; einer dieser affektierten Gesten, die man empfahl, um auf vornehme Weise Aufruhr oder Überraschung auszudrücken und die sie lächerlich fand. Auch Furcht brachte die Geste zum Ausdruck, obwohl Damen von Rang sich

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