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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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Südfranzosen, wenn sich mit einem Mal ihr Akzent Bahn brach, man sich Herausforderungen und Flunkereien an den Kopf warf und der eine Edelmann sein Schwert zog, während ein anderer seine Gitarre stimmte.
     
    »Sing! Sing!«, kam der Ruf plötzlich auf. »Die Stimme des Königreichs.«

    In der Loggia über der Galerie begannen die Musiker leise zu spielen. Angélique sah, dass die kleine Witwe den Kopf an die Schulter des Herzogs gelegt hatte. Mit leichter Hand nahm sie von den Pastillen und steckte sie ihm zwischen die Lippen.
    Die beiden lächelten einander zu.
     
    Am samtigen Himmel ging rund und klar der Mond auf.
    Joffrey de Peyrac gab ein Zeichen, und ein Diener ging von Fackel zu Fackel und löschte das Licht. Es wurde sehr dunkel, und dann gewöhnten die Augen sich nach und nach an das sanfte Mondlicht; doch die Stimmen klangen jetzt gedämpft, und in der plötzlichen Stille vernahm man das Seufzen eng umschlungener Paare. Einige waren bereits vom Tisch aufgestanden und schlenderten durch den Park oder die offenen Galerien, in die der duftende Hauch der Nacht eindrang.
     
    »Mesdames«, ließ sich Joffrey de Peyracs tiefe, volltönende Stimme erneut vernehmen, »und ihr, Messieurs, seid also willkommen im Palast der fröhlichen Wissenschaft. Wir werden nun einige Tage lang miteinander plaudern und am selben Tisch speisen. In diesem Gebäude sind Räume für euch vorbereitet. Dort findet ihr edle Weine, Gebäck und Sorbets. Und bequeme Betten. Schlaft darin allein, wenn ihr grämlicher Stimmung seid, oder empfangt dort eine Freundin oder einen Freund für eine Stunde... oder für das ganze Leben, wenn es euch beliebt. Esst, trinkt, huldigt der Liebe... doch seid diskret, denn man soll die Liebe nicht allen kundtun, damit sie ihren Reiz nicht verliert.
    Einen Rat noch... und zwar speziell für euch, Mesdames. Wisset, dass auch die Trägheit eine der größten Feindinnen der Liebe ist. In den Ländern, in denen die Frau noch die Sklavin des Mannes ist, im Orient oder in Afrika, ist meist sie es, der es obliegt, sich zu verausgaben, um ihrem Herrn Lust zu bereiten.
In unseren zivilisierten Landen dagegen habt ihr den besseren Teil abbekommen. Oft nutzt ihr das aus, indem ihr auf unsere Glut mit einer Mattigkeit reagiert, die... ja, an Erstarrung grenzt. Lernt also, beherzt und eifrig zu geben, so wird die Wollust euch belohnen: Ein hastiger Mann und eine müßige Frau, das ist Liebe ohne Lust. Ich will mit einem kulinarischen Rat enden. Messieurs, denkt daran, dass der Champagner-Wein, von dem einige Flaschen an eurem Bett kalt gestellt sind, mehr Fantasie als Beständigkeit besitzt. Mit anderen Worten, man sollte ihm vorzugsweise nicht allzu sehr zusprechen, um sich auf die Schlacht vorzubereiten. Doch kein Wein ist herrlicher, um den Sieg zu feiern, in einer glücklichen Nacht zu erquicken und Glut und Kraft zu erhalten. Mesdames, ich grüße euch.«
    Er schob seinen Sessel zurück, legte schroff die übereinandergeschlagenen Beine auf den Tisch, nahm seine Gitarre und begann zu singen. Sein maskiertes Gesicht wandte er dem Mond zu.
     
    Angélique fühlte sich schrecklich einsam.
    Im Schatten des Assézat-Turms stieg in dieser Nacht eine uralte Welt aus ihrer Asche auf. Das heißblütige Toulouse fand seine Seele wieder. Die Wollust genoss hier Bürgerrecht, und die von der Vitalität der Jugend erfüllte junge Frau konnte da nicht gleichgültig bleiben. Man unterhielt sich nicht ungestraft über die Liebe und ihre Genüsse, ohne einer Willenlosigkeit zu erliegen, die durch die Umstände begünstigt wurde. Inzwischen hatten fast alle Gäste den Raum verlassen. Einige standen noch mit einem Glas Rossolis-Likör in der Hand in den Fensternischen, plauderten und liebkosten einander. Madame de Saujac küsste ihren Hauptmann. Der lange, milde Abend, der durch die edlen Weine, die delikaten, mit erlesenen Gewürzen verfeinerten Gerichte, Musik und Blumen noch versüßt
worden war, hatte sein Ziel erreicht und überantwortete den Palast der fröhlichen Wissenschaft dem Zauber der Liebe.
    Der rote Mann sang weiter, doch auch er war allein.
    Worauf wartet er denn noch?, fragte sich Angélique. Soll ich mich etwa zu seinen Füßen niederwerfen?
    Bei diesem Gedanken wurde sie von einem Schauer erfasst, und sie schloss die Augen.
     
    In ihr herrschten nichts als Aufruhr und Widersprüche. Noch gestern war sie bereit gewesen, sich zu ergeben, doch heute Abend begehrte sie gegen die Verführung auf. Er zieht die

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