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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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mir?«, brummte er. »Jeder nach seinem Geschmack!«
    »Was für ein Ausspruch, mein Freund! Wie könnt Ihr von Geschmack sprechen, da Ihr als berühmter Professor am Collège de France bereits jetzt drei furchtbare Verstöße gegen die elementarsten kulinarischen Regeln begangen habt?«
    »Ihr seid ein Kritikaster«, murrte der Professor gutmütig. »Was ich esse, schmeckt mir, und ich sehe nicht, worin, zum Teufel, die sogenannten Verstöße bestehen sollen, deren Ihr mich beschuldigt.«
    »Nun, dann lasst Euch zuerst einmal sagen, dass man eine Mahlzeit nicht mit Käse beginnt. Das ist schon ein Fehler. Außerdem darf man einen Karpfen nicht mit Petersilie auftragen. Und schließlich ist es undenkbar, den Fisch nach dem Fleisch und dem Wild zu essen. Aber wenn ich es recht bedenke, ist das noch nicht alles. Ihr habt noch einen Fehler gemacht. Wer findet ihn?«
     
    Die ganze Gesellschaft versank in Überlegungen.
    »Messieurs, Messieurs« – Rochemont seufzte –, »wie schwerfällig Ihr heute seid! Doch um die Wahrheit zu sagen,
ich kann Euch verstehen. Schon wenn man das Menü des Professors hört, leert sich einem der Kopf. Ich bedaure, dass unsere teure, edle Freundin, die Marquise de Sablé, die sich in allen Feinheiten der gastronomischen Etikette auskennt, nicht zugegen ist, um mir die richtige Antwort zu geben. Aber gut, Messieurs, lasst Euch nicht von diesem Barbaren, der die Fraktion der Vielfraße vertritt, aus dem Konzept bringen. Wer findet den Fehler?«
    »Darf die Wirtin sich ebenfalls an der Diskussion beteiligen?«, erkundigte sich Angélique.
    Der Graf legte ihr lächelnd einen Arm um die Taille.
    »Eine gewöhnliche Wirtin würde unsere epikureische und sensible Runde wohl nicht anhören. Aber eine Fee wie Ihr hat jedes Recht, sich zu Wort zu melden.«
    »Nun denn, Messieurs, der dritte Fehler, den Monsieur de Montmaur begangen hat, besteht darin, dass er nach Ostern Täubchen bestellt hat.«
    »Meiner Treu, genau das ist es!«, rief Parlamentsrat Bernay aus. »Um diese Jahreszeit sind die Tauben entweder schon zu alt oder noch zu jung.«
    Angélique erntete frenetischen Beifall, und der Graf de Rochemont umarmte sie.
     
    Derlei kleine Vorfälle festigten den Ruf des Kecken Hahns als angenehmes Lokal. Selten traf man auf eine Wirtin, die nicht nur wunderbar kochte, sondern auch Gesprächspartnern, die an das Hofgeplauder und die Wortfechtereien in den Salons und Schlafzimmern der »Preziösen« gewöhnt waren, Paroli zu bieten vermochte. Manch einer wusste aus leidvoller Erfahrung, dass sie von untadeliger Tugend war, aber ihre Freundlichkeit und ihr heiterer Charakter heilten die Wunden der verschmähten Verehrer. Die Selbstsicherheit und Erfahrung, die Angélique in ihrem früheren Leben erworben
hatte, erlaubten ihr, ihre vorwitzigen Worte wohl zu dosieren. Sie schreckte nicht vor einer gewissen Vulgarität zurück, doch wenn sich die Gelegenheit ergab, liebte sie es auch, mit Anspielungen auf mythologische Gottheiten um sich zu werfen, die einer Preziösen würdig gewesen wären.
    Unterdessen verging Angélique angesichts der Feinschmecker und Vielfraße, deren Genusssucht sie ermüdete, der Appetit. Oft träumte sie, dass sie unter Fleischbergen erstickte oder in Saucenströmen ertrank. Die Gier mancher Gäste stieß sie ab.
    »Ganz ehrlich, Messieurs«, erklärte sie, »die Fastenzeit wird Euch guttun.«
    »Sprecht lieber nicht von diesen Qualen«, flehten die Schlemmer und Vielfraße.
     
    Seit der Reformation hatte die Kirche die Regeln der Fastenzeit verschärft, um ein Volk, das sich lieber hätte kreuzigen lassen, als auf Fleisch zu verzichten, zum strikten Gehorsam zu nötigen. Die Gläubigen waren bei Androhung der schlimmsten Strafen gehalten, während der vierzig Tage, die der Auferstehung Christi vorausgingen, keinerlei Fleisch zu sich zu nehmen. Sie durften nur zwei Mahlzeiten pro Tag essen; und Dispens gab es nur für Kranke und Alte über sechzig Jahre. Die Bratköche und Geflügelhändler, die diese Regeln umgingen, taten dies auf eigene Gefahr.
     
    Man beschwor den Fall des Sieur Gardy herauf, eines Schlachters aus der Rue de la Vieille Lanterne, der gegen dieses Verbot verstoßen hatte und mit einem Kalbsgekröse um den Hals an den Pranger gestellt worden war. Die Passanten hatten ihn mit weit aufgerissenen Augen betrachtet, und zwar in erster Linie wegen des Kalbsgekröses, bei dessen Anblick ihnen das Wasser im Mund zusammenlief.

     
    Angélique hatte auch die

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