Angélique - In den Gassen von Paris
zu argwöhnen begann, dass seine Mätresse ihm keine Ehre machte.
Man setzte die gewitztesten Polizeispitzel auf die Spur des Schmutzpoeten.
Niemand zweifelte daran, dass man ihn dieses Mal aufknüpfen würde.
Kapitel 24
A ngélique war in ihrem kleinen Zimmer in der Rue des Francs-Bourgeois. Javotte hatte sich soeben mit einem Knicks zurückgezogen. Die Kinder schliefen. Von draußen vernahm sie eilige Schritte, die von der dünnen Schneeschicht, die an diesem Dezemberabend gemächlich gefallen war, gedämpft wurden.
Es klopfte an der Tür. Angélique warf ihren Hausmantel über und schob die Klappe vor dem Guckloch zurück.
»Wer ist da?«
»Mach auf, kleine Gaunerin, rasch. Der Hund!«
Ohne nachzudenken, entriegelte Angélique die Tür und trat unter den Torbogen. Der Schreiberling taumelte gegen sie. Im selben Moment tauchte ein weißer Umriss aus dem Dunkel auf, sprang ihn an und packte ihn an der Kehle.
»Sorbonne!«, rief Angélique.
Sie stürzte herbei und berührte das Fell der Dogge.
»Lass ihn, Sorbonne. Lass ihn, lass ihn! «
Die letzten Worte hatte sie auf Deutsch gesprochen, denn sie erinnerte sich, dass Desgrez dem Hund seine Befehle in dieser Sprache erteilte.
Sorbonne grollte. Er hatte die Zähne fest in den Kragen seines Opfers geschlagen. Doch dann hörte er Angéliques Stimme, wedelte mit dem Schwanz und gab sein Opfer frei, wobei er jedoch weiterknurrte.
»Ich bin tot! «, keuchte der Mann.
»Aber nein. Kommt rasch herein.«
»Der Hund wird vor der Tür sitzen bleiben und den Polizisten alarmieren.«
»Ich sagte doch, kommt herein.«
Sie schob ihn nach drinnen und blieb, nachdem sie die Tür hinter sich zugeschoben hatte, unter dem Torbogen stehen, Sorbonne hielt sie am Halsband fest. Am Eingang des Tors sah sie im schwachen Lichtschein einer Laterne den Schnee wirbeln. Schließlich vernahm sie gedämpfte Schritte, die stets dem Hund folgten: die Schritte des Polizisten François Desgrez.
Angélique ging ihm entgegen.
»Sucht Ihr vielleicht Euren Hund, Maître Desgrez?«
Er blieb stehen und trat ebenfalls unter den Torbogen. Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen.
»Nein«, erwiderte er gelassen. »Ich suche einen Pamphletschmierer.«
»Sorbonne ist vorbeigelaufen. Ich kannte Euren Hund ja von früher, da habe ich mir erlaubt, ihn festzuhalten.«
»Er war sicherlich entzückt darüber, Madame. Habt Ihr bei diesem bezaubernden Wetter auf Eurer Türschwelle frische Luft geschnappt?«
»Ich war gerade dabei, meine Tür abzuschließen. Aber wir sprechen im Dunkel, Maître Desgrez, und ich bin mir sicher, dass Ihr nicht erraten könnt, wer ich bin.«
»Ich rate nicht, ich weiß es. Mir ist schon lange klar, wer in diesem Haus wohnt; und da mir keine Taverne in Paris unbekannt ist, habe ich Euch auch in der Roten Maske gesehen. Ihr lasst Euch Madame Morens nennen und habt zwei Söhne, der ältere heißt Florimond.«
»Man kann nichts vor Euch verbergen. Aber da Ihr
schon wisst, wer ich bin, warum bedarf es eines Zufalls, damit wir miteinander sprechen?«
»Ich war mir nicht sicher, ob Euch mein Besuch freuen würde, Madame. Als wir uns zum letzten Mal gesehen haben, sind wir im Streit auseinandergegangen.«
Angélique erinnerte sich an die Nacht in Faubourg Saint-Germain, als die Polizei sie gejagt hatte. Ihr war, als wäre ihr Mund völlig ausgetrocknet.
»Was meint Ihr?«, fragte sie mit tonloser Stimme.
»In jener Nacht hat es ebenfalls geschneit, und an der Pforte des Temple war es nicht weniger dunkel als in Eurem Tor.«
Angélique unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung.
»Wir haben uns nicht gestritten. Wir waren besiegt, das ist etwas anderes, Maître Desgrez.«
»Nennt mich nicht Maître, Madame. Ich habe mein Advokatenamt verkauft, nachdem man mich zu allem anderen noch von der Universität verwiesen hat. Ich habe es jedoch zu einem guten Preis losschlagen können, sodass ich mir dafür den Posten eines Polizeioffiziers kaufen konnte, bei dem ich mich einer einträglicheren und nicht weniger sinnvollen Tätigkeit widme, nämlich der Verfolgung der Missetäter und Bösewichte dieser Stadt. So bin ich also von den Höhen des Wortes in die Tiefen des Schweigens gestürzt.«
»Ihr sprecht immer noch so schön wie früher, Maître Desgrez.«
»Gelegentlich finde ich wieder Geschmack an wohlgesetzten Reden. Zweifellos hat man mir daher insbesondere diejenigen ans Herz gelegt, die ihre Worte – ob geschrieben oder gesprochen – nicht bei
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