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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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dem Pulver genommen und führte es zum Mund. Ohne nachzudenken, schlug Angélique ihm auf die Hand. Vor ihrem inneren Auge sah sie Fritz Hauer, der Gift, gnädige Frau! 2 schrie.

    »Nicht, Prudent. Das ist Gift, Arsen.«
    Sie blickte sich verstört im Raum um.
    »Gift!«, wiederholte Prudent bestürzt.
    Er wich ein Stück zurück und warf dabei eine Retorte zu Boden, die mit lautem Klirren zerbrach.
    Eilig verließen die Eindringlinge den Raum. Im Salon war niemand mehr. In der oberen Etage hörte man einen Stock auf die Fliesen knallen, und eine Altmännerstimme ließ sich vernehmen.
    »Ihr habt schon wieder vergessen, die Katzen einzusperren, Marie-Josèphe. Das geht einfach nicht. Jetzt muss ich hinuntergehen und nachschauen.«
    Dann beugte der Alte sich über das Geländer und rief ins Vestibül hinein: »Seid Ihr das, Sainte-Croix? Ihr wollt sicher Eure Zubereitung abholen!«
    Angélique und Prudent beeilten sich, in die Küche zu laufen, und durchquerten den Vorratskeller mit der kleinen Tür, die die Einbrecher aufgebrochen hatten. Ein paar Straßen weiter blieben sie stehen.
    »Uff«, seufzte Prudent. »Das war ein schöner Schrecken! Wie hätte man aber auch ahnen können, dass wir bei einem Hexer landen! Hoffentlich bringt uns das kein Unglück! Wo sind die anderen?«
    »Sie sind bestimmt auf einem anderen Weg zurückgegangen.«
    »Hätten ruhig auf uns warten können. Man sieht ja nicht die Hand vor Augen.«
    »Ach, jammere doch nicht die ganze Zeit, mein armer Prudent. Du und deinesgleichen, ihr müsstet doch im Dunkeln sehen können.«
    Aber dann griff er nach ihrem Arm.
    »Hör doch«, stieß er hervor.
    »Was ist?«

    »Hörst du das denn nicht? Hör doch …«, wiederholte er, und in seiner Stimme lag namenloses Entsetzen.
    »Der Hund! Der Hund!«, keuchte er.
    Er ließ seinen Sack zu Boden fallen und rannte davon.
     
    Der arme Bursche ist ja verrückt, dachte Angélique und bückte sich mechanisch, um das Diebesgut aufzuheben.
    Da hörte sie es auch. Das Geräusch erklang irgendwo tief in den stillen Gassen.
     
    Es klang, als nähere sich etwas in einem leichten, raschen Galopp. Plötzlich erblickte sie das Tier, das wie ein hüpfendes weißes Gespenst wirkte, am anderen Ende der Straße. Von einer unaussprechlichen Furcht ergriffen, trat Angélique ebenfalls die Flucht an. Wie eine Wahnsinnige rannte sie davon, ohne auf das schlechte Straßenpflaster zu achten, auf dem sie immer wieder strauchelte. Blindlings lief sie dahin. Sie fühlte sich verloren und hätte am liebsten geschrien, brachte aber keinen Laut hervor.
    Die Wucht, mit der das Tier sie von hinten ansprang, ließ sie mit dem Gesicht voran in den Schlamm stürzen.
    Sie spürte sein Gewicht und fühlte, wie sich ein Gebiss mit nadelspitzen Zähnen in ihren Nacken presste.
     
    »Sorbonne«, rief sie.
    Dann wiederholte sie es noch einmal leiser.
    »Sorbonne!«
    Ganz langsam wandte sie den Kopf. Zweifellos, das war Sorbonne, denn er hatte sie sofort freigegeben. Sie hob eine Hand und streichelte den gewaltigen Kopf der Dogge. Verblüfft beschnupperte das Tier sie.
    »Sorbonne, mein guter Sorbonne, du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt. Das ist nicht nett, weißt du.«

    Der Hund leckte ihr mit seiner rauen Zunge ausgiebig übers Gesicht.
    Mühsam richtete sich Angélique auf. Sie hatte sich bei ihrem Sturz sehr wehgetan.
     
    In diesem Moment hörte sie Schritte. Ihr blieb fast das Herz stehen. Wo Sorbonne war … da konnte Desgrez nicht weit sein.
    Angélique sprang auf.
    »Verrate mich nicht«, flehte sie, an den Hund gerichtet, leise. »Verrate mich bitte nicht.«
    Sie hatte gerade noch Zeit, sich in einem Türwinkel zu verstecken. Ihr Herz schlug zum Zerspringen. Gegen alle Vernunft hoffte sie, dass er es nicht war. Er hatte die Stadt verlassen müssen und konnte nicht zurückkehren. Desgrez gehörte in eine tote Vergangenheit …
    Die Schritte waren jetzt ganz nahe und hielten inne.
    »Na, Sorbonne«, hörte sie Desgrez’ Stimme, »was ist los? Hast du das Gaunerliebchen nicht erwischt?«
    Angéliques Herz pochte so heftig, dass ihre Brust schmerzte.
     
    Diese vertraute Stimme, die Stimme des Advokaten!
    Und nun, Messieurs, ist die Stunde gekommen, einer großartigen Stimme Gehör zu verschaffen, deren unwürdiger Mittler ich bin, einer Stimme, die, über alle menschliche Schändlichkeit erhaben …
    Inzwischen herrschte pechschwarze Nacht. Man sah die Hand nicht vor Augen, aber Angélique hätte Desgrez mit zwei

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