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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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Schritten erreichen können. Sie nahm seine Bewegungen wahr und spürte seine Verblüffung.
    »Diese verfluchte Marquise der Engel!«, rief er aus. »Lange wird sie uns nicht mehr an der Nase herumführen.
Komm, Sorbonne, nimm die Witterung auf. Die Banditin war so dumm, ihr Halstuch in der Kutsche zurückzulassen. So kann sie uns nicht entwischen. Komm, wir gehen zur Porte de Nesle. Ich bin mir sicher, dass die Spur dorthin führt.«
     
    Schweiß rann Angélique über die Schläfen. Ihre Beine wollten sie nicht mehr tragen. Schließlich beschloss sie, sich ein paar Schritte weit aus ihrem Versteck zu wagen. Wenn Desgrez in der Nähe der Porte de Nesle herumstrich, war es besser, nicht dorthin zurückzukehren.
    Sie würde versuchen, Cul-de-Bois’ Höhle zu erreichen und ihn für den Rest der Nacht um Asyl bitten.
    Ihr Mund war trocken. Sie hörte das Wasser eines Brunnens plätschern. Ein Öllämpchen, das vor einem Kurzwarenladen hing, warf einen schwachen Schein über den kleinen Platz mit dem Brunnen.
    Angélique trat näher, tauchte ihr schmutzverschmiertes Gesicht in das kühle Nass und seufzte vor Behagen.
    Doch als sie sich aufrichtete, umschlang sie ein starker Arm, und eine Hand presste sich brutal auf ihren Mund.
     
    »Sieh mal an, meine Hübsche«, ließ sich Desgrez’ Stimme vernehmen. »Glaubst du, mir entwischt man so leicht?«
    Angélique versuchte sich loszumachen. Aber er hielt sie so fest, dass sie sich nicht bewegen konnte, ohne vor Schmerz aufzuschreien.
    »Nein, nein, mein kleines Hühnchen, du entkommst mir nicht«, wiederholte er dumpf auflachend.
    Wie gelähmt atmete sie den vertrauten Geruch seiner abgetragenen Kleidung ein – das Leder seines Gürtels, Tinte, Pergament und Tabak. Das war das nächtliche Gesicht des Advokaten Desgrez. Kurz davor, in Ohnmacht zu fallen,
beherrschte sie nur ein Gedanke: Hoffentlich erkennt er mich nicht … Ich würde mich zu Tode schämen … Wenn ich nur weglaufen kann, bevor er mich erkennt!
    Desgrez, der sie mit nur einer Hand festhielt, blies in eine Trillerpfeife und kurz darauf tauchten aus den benachbarten Gassen fünf oder sechs Männer auf. Man hörte ihre Sporen und Schwertgehänge klirren. Sie gehörten zur Nachtwache.
    »Ich glaube, ich habe den Vogel«, erklärte Desgrez.
    »Donnerwetter, eine einträgliche Nacht. Dort hinten haben wir zwei Einbrecher verhaftet, die flüchten wollten. Und wenn wir jetzt noch die Marquise der Engel mitbringen, dann kann man wirklich sagen, dass Ihr ein guter Führer wart, Monsieur. Ihr kennt eben die Schlupfwinkel dieses Gezüchts …«
    »Eigentlich hat uns der Hund geführt. Dadurch, dass wir das Halstuch dieses Flittchens hatten, konnte er uns direkt zu ihr bringen. Aber… etwas verstehe ich nicht ganz. Sie wäre mir beinahe entwischt … Kennt Ihr sie eigentlich, diese Marquise der Engel?«
    »Sie ist Calembredaines Mädchen, mehr weiß man nicht über sie. Der Einzige von uns, der sie aus der Nähe gesehen hat, ist tot; der Büttel Martin, den sie in einer Weinschenke erstochen hat. Aber wir brauchen die Kleine, die Ihr da habt, nur mitzunehmen, Monsieur. Wenn sie es ist, wird Madame de Brinvilliers sie erkennen. Es war noch Tag, als diese Halunken ihre Kutsche überfallen haben, und sie hat die Frau, die ihre Komplizin war, ganz genau gesehen.«
    »Was für eine Dreistigkeit«, knurrte einer der Männer. »Diese Banditen fürchten sich vor nichts. Die Kutsche der Tochter des Polizeipräsidenten zu überfallen, am helllichten Tag, mitten in Paris.«
    »Sie werden dafür büßen, glaub mir.«

     
    Angélique hörte den Männern zu. Sie versuchte stillzuhalten und hoffte, dass Desgrez irgendwann seinen Griff lockern würde. Dann würde sie mit einem Satz in die Nacht flüchten, die ihre Verbündete war. Sorbonne würde sie bestimmt nicht verfolgen. Und diese unbeholfenen, in ihre Uniformen gezwängten Männer konnten sie nicht einholen.
    Aber der einstige Advokat hatte anscheinend nicht vor, seine Gefangene zu vergessen. Mit fachmännischer Hand tastete er sie ab.
    »Ja, was haben wir denn da?«, meinte er.
    Sie spürte, wie seine Finger unter ihr Mieder glitten. Dann stieß er einen leisen Pfiff aus.
    »Ein Messer, meiner Treu! Und kein Federmesser, das dürft Ihr mir glauben. Also, du kommst mir nicht wie ein sanftes Täubchen vor.«
    Er steckte den Dolch, der einmal Rodogone gehört hatte, in die Tasche und setzte seine Untersuchung fort.
    Sie zuckte zusammen, als seine heiße, raue Hand über ihre

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