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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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den Zechern«, sagte Nicolas gern. Er war eifersüchtig, weil der Magister Angéliques Beachtung gefunden und sie dazu gebracht hatte, ihr Schweigen zu brechen.
    Er arbeitete viel und schrieb ohne Unterlass mit seinen schlecht zugeschnittenen Gänsekielen. Unter anderem kopierte er die Blättchen mit den Liedern, die Mutter Hurlurette tanzend und singend verteilte, während Vater Hurlurot dazu seine teuflische Kratzgeige erklingen ließ.
     
    »Diese Geschichte wird euch nicht interessieren, meine armen Mädchen«, hatte er seufzend zu dem Werk der »kleinen Mademoiselle« gemeint, das ihm der Hausgeistliche des Hôtel Guénégaud übergeben hatte. Denn er hatte die Aufmerksamkeit des weiblichen Teils des traurigen Publikums –
Bettlerinnen und müde Huren, die abends zurückkehrten –gewonnen, indem er ihnen Passagen aus den Manuskripten, die er gerade in der Hand hatte, vorlas. Er hatte ihnen den Cid und den Don Quichotte vorgetragen, bei denen es genug Schlachten und Fechtkämpfe gab, um sie zu fesseln, und Teile aus dem modischen Roman Astrée , der die Ereignisse um die vereitelte Liebe zwischen einem Schäfer und einer Schäferin darstellte und sein Publikum in eine träumerische Melancholie versetzte hatte.
    Er legte großen Wert auf die Pflege seiner grauen Perücke. Auf dem Hinterkopf trug er eine genähte schwarze Kappe, von der Locken aus einer Art grobem Rosshaar bis auf seine Schultern fielen. Die anderen machten sich lustig über ihn und erklärten, dass sie bestimmt eher aus der Mähne eines geschlachteten alten Kleppers stammten als von einem Menschen. Aber er war stolz auf seine Perücke und meinte, so könne man ihn wenigstens nicht mit dem Priestergezücht verwechseln, denn die Geistlichen durften sich zwar in Spitze und Samt kleiden, doch das Tragen von Perücken war ihnen verboten.

Kapitel 5
    E ines Nachts erhob sich auf grausame Weise die Vergangenheit vor Angélique.
    Calembredaines Bande war dabei, ein Haus in Saint-Germain zu plündern. Die Nacht war mondlos und die Straße schlecht beleuchtet. Nachdem es Tord-Serrure, einem jungen Burschen mit geschickten Fingern, gelungen war, den Riegel eines Dienstboteneingangs aufzuschieben, traten die Einbrecher ohne große Vorsichtsmaßnahmen ein.
     
    »Das Haus ist groß und wird nur von einem alten Mann und einer Dienerin bewohnt, die ganz oben unter dem Dach schläft«, erklärte Nicolas. »Da können wir unsere Arbeit in aller Ruhe tun.«
    Er zündete seine Blendlaterne an und führte seine Begleiter zum Salon. Pain-Noir hatte in dieser Gegend schon oft gebettelt und ihm die Lage der Räume genau erklärt.
    Angélique bildete das Schlusslicht. Dies war nicht das erste Mal, dass sie an einem solchen Abenteuer teilnahm. Zunächst hatte Nicolas sie nicht mitnehmen wollen.
    »Am Ende stößt dir noch etwas zu«, hatte er gesagt.
    Aber sie ließ sich nichts verbieten. Sie hatte nicht vor, etwas zu stehlen, sondern genoss es nur, den Duft der schlafenden Häuser einzusaugen: Wandbehänge, gut gewachste Möbel, Koch- und Backgerüche. Sie nahm eine Nippesfigur in die Hand und stellte sie wieder hin. Und nie erhob sich
eine Stimme und sagte zu ihr: »Was tust du nur da, Angélique de Peyrac?« Doch dann kam die Nacht, in der Calembredaine das Haus des alten Gelehrten Glazer in Faubourg Saint-Germain ausräumte …
    In dieser Nacht fand Angélique auf einer Konsole einen Leuchter mit einer Kerze. Während die Einbrecher ihre Säcke vollstopften, zündete sie die Kerze an deren Blendlaterne an. Als sie eine kleine Tür an der hinteren Wand des Zimmers entdeckte, wurde sie neugierig und stieß sie auf.
    »Donnerlittchen«, flüsterte Prudent hinter ihr, »was ist denn das?«
     
    Die Flamme spiegelte sich in dicken Glaskugeln mit langen Hälsen, und man konnte miteinander verschlungene Kupferrohre erkennen, Fayence-Töpfe mit lateinischen Aufschriften und Phiolen in allen Farben.
    »Was ist denn das?«, wiederholte Prudent verdutzt.
    »Ein Laboratorium.«
    Ganz langsam trat Angélique an eine gemauerte Arbeitsbank, auf der ein Brenner stand.
    Sie nahm jede Einzelheit wahr. Da war ein kleines Päckchen, das mit rotem Wachs versiegelt war und die Aufschrift »Für Monsieur de Sainte-Croix« trug. In einer offenen Schachtel befand sich eine Art weißes Pulver. Angéliques Nasenflügel bebten. Dieser Geruch war ihr nicht unbekannt.
    »Und das«, wollte Prudent wissen, »ist das Mehl? Riecht gut, irgendwie nach Knoblauch …«
    Schon hatte er eine Prise von

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