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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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ahnen können, dass sie ein paar Tage später … tot sein würde?«
     
    Angélique kämpfte ihre Rührung nieder.
    »Sie freut sich ganz bestimmt, wenn sie vom Himmel herunterschaut und sieht, wie gut und großzügig Ihr seid. Diesen Muff werde ich nicht tragen; er ist hundert Mal zu schön für mich. Aber ansonsten nehme ich Eure Gabe gern an, Meister Bourjus. Ich werde schauen, was mir passt. Vielleicht könntet Ihr mir Barbe schicken, damit sie mir hilft, die Kleider zu ändern?«
     
    Sie sah den Umstand, dass sie mit einer Zofe zu ihren Füßen vor einem Spiegel stand, als ersten Schritt zu dem Ziel an, das sie sich gesetzt hatte. Auch Barbe, die den Mund voller Nadeln hatte, spürte das und redete sie – offensichtlich zufrieden – noch öfter als zuvor mit »Madame« an.
    Und dabei besteht mein ganzes Vermögen aus den paar Sols, die ich mir bei den Blumenverkäuferinnen vom Pont-Neuf verdient habe, und dem Almosen, das mir die Gräfin de Soissons täglich schickt, sagte sich Angélique belustigt.
    Sie hatte ein Mieder und einen Rock aus grünem Serge gewählt, die mit schwarzem Satin abgesetzt waren. Eine mit goldenen Blümchen bestickte Schürze komplettierte die Ausstattung einer wohlhabenden Geschäftsfrau. Leider hatte Meisterin Bourjus eine ausladende Oberweite besessen, sodass sich das Kleidungsstück nicht perfekt an Angéliques
feste und hoch angesetzte Brüste anpassen ließ. Doch ein rosafarbenes, grün besticktes Halstuch verbarg, dass der Ausschnitt des Mieders ein wenig klaffte.
    In einem Stoffsäckchen fand Angélique den bescheidenen Schmuck der Bratköchin: drei goldene, mit Karneolen und Türkisen besetzte Ringe, zwei Kreuze, Ohrringe sowie acht schöne Rosenkränze, von denen einer aus Jettsteinen und die anderen aus Kristall bestanden.
     
    Als Angélique hinunterging, trug sie ihre gestärkte Haube, die das geschorene Haar verbarg, die Ohrringe aus Achat und Perlen und am Hals ein kleines Kreuz an einem Samtband.
    Der gute Bratkoch verbarg nicht, wie sehr ihn diese anmutige Erscheinung entzückte.
    »Beim Heiligen Nikolaus, du ähnelst der Tochter, die wir uns immer gewünscht und nie bekommen haben! Oft haben wir von ihr geträumt. Sie wäre jetzt fünfzehn, sechzehn Jahre alt, pflegten wir uns zu sagen, und so und so gekleidet … Sie würde in unserer Gaststube umhergehen und fröhlich mit den Gästen lachen …«
    »Ihr seid sehr freundlich, Meister Jacques, mir diese schönen Komplimente zu machen. Doch leider bin ich keine fünfzehn oder sechzehn mehr, sondern Mutter von zwei Kindern.«
    »Ich weiß nicht, wer oder was du bist«, meinte er und schüttelte gerührt sein hochrotes Haupt. »Du kommst mir nicht ganz wirklich vor. Seit du wie ein Wirbelwind durch mein Haus fährst, habe ich das Gefühl, dass sogar die Zeit anders abläuft, und ich habe die unbestimmte Ahnung, dass du eines Tages so verschwinden wirst, wie du gekommen bist … Es scheint mir schon eine Ewigkeit her zu sein, dass du eines Tages, noch mit deinem langen Haar, hier hereingeschneit
bist und gefragt hast: ›Habt Ihr nicht eine Magd, die Barbe heißt?‹ In meinem Kopf hat es gehallt wie von einem Glockenschlag … Vielleicht sollte das bedeuten, dass du hier eine Rolle spielen würdest.«
    Das hoffe ich doch, dachte Angélique. Doch sie widersprach in einem Ton freundlichen Grolls.
    »Ihr wart betrunken, deswegen hat es in Eurem Kopf gehallt wie von Glockengeläut.«
    Nachdem sie in sentimentale Überlegungen und mystische Vorahnungen geraten waren, schien ihr der Moment ungeeignet, um ernstlich mit Meister Bourjus zu sprechen. Aber sie erhoffte sich aus dieser Zusammenarbeit sehr wohl eine finanzielle Entschädigung für sich und ihre kleine Truppe.
    Wenn Männer ins Träumen geraten, darf man sie nicht allzu schroff in die Realität zurückholen, die sie doch stets zu verfechten behaupten. Angélique beschloss, ihre ganze Impulsivität aufzubieten und ein paar Stunden lang ohne falsche Untertöne die Rolle der bezaubernden Wirtstochter zu spielen.
     
    Das Festmahl der Saint-Valbonne-Innung wurde ein Erfolg, und der Heilige selbst bedauerte nur eines, nämlich dass er nicht auf die Erde zurückkehren konnte, um nach Herzenslust mitzufeiern.
    Drei Körbe voller Blumen schmückten die Tische. Meister Bourjus und Flipot hatten sich in Schale geworfen, machten die Honneurs und reichten die Platten herum. Rosine half Barbe in der Küche. Angélique ging zwischen allen herum, behielt die Töpfe und

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