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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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den Hof, um die frische Morgenluft zu atmen. Fest schloss sie die Hand um die Münzen und drückte sie an die Brust. Diese Goldstücke waren der Schlüssel zur Freiheit. Meister Bourjus hatte gewiss keinen Anlass, sich betrogen zu fühlen. Aber wenn ihre kleine Truppe sich von den Resten der Festmähler ernährte, so rechnete sie sich aus, könnte sie ihren ganzen Verdienst, der noch anwachsen würde, sparen und so ein Vermögen zusammenbringen. Anschließend konnte sie etwas anderes probieren. Warum zum Beispiel nicht dieses Patent nutzen, das David Chaillou zu besitzen behauptete und in dem es um die Herstellung eines exotischen Getränks mit Namen Schokolade ging? Das einfache Volk würde das Getränk zwar kaum zu schätzen wissen, aber die eleganten jungen Herren und die preziösen Damen, die stets auf der Suche
nach Neuheiten und Merkwürdigkeiten waren, würden es vielleicht in Mode bringen.
    Angélique sah schon vor sich, wie die Kutschen edler Damen und mit Bändern geschmückter Adliger in der Rue de la Vallée-de-Misère hielten.
    Sie schüttelte den Kopf, um ihre Tagträume zu verscheuchen. Besser, man setzte sich keine allzu ehrgeizigen Ziele. Das Leben war immer noch ungewiss und wechselhaft. Vor allem musste sie Geld scheffeln und es sammeln wie eine Ameise. Reichtum war der Schlüssel zur Freiheit und verlieh ihr das Recht, nicht zu sterben, und ihre Kinder nicht sterben, sondern lächeln zu sehen. Wenn mein Vermögen nicht beschlagnahmt worden wäre, sagte sich die junge Frau, hätte ich Joffrey bestimmt retten können! Doch sofort schüttelte sie den Kopf. Sie durfte nicht mehr daran denken. Denn jedes Mal, wenn sie sich darauf besann, spürte sie, wie verstohlen der Tod durch ihre Adern floss, und sie wurde von dem Wunsch ergriffen, in alle Ewigkeit zu schlafen, so wie man in der Strömung eines Wasserlaufs, der einen davonträgt, einschlummern mag.
    Nein, sie würde nie wieder daran denken. Sie hatte anderes zu tun, musste Florimond und Cantor retten. Und dazu würde sie zusammentragen so viel sie konnte! Ihr Gold würde sie in der hölzernen Schatulle verwahren, diesem kostbaren Erinnerungsstück an eine scheußliche Zeit, in der bereits der Dolch von Rodogone lag. Und neben dieser Waffe, die jetzt nutzlos geworden war, würde sich das Gold häufen, dieses Instrument der Macht.
    Angélique sah zum feuchten Himmel auf, an dem das Morgenrot verblasste und einem schweren Bleigrau wich.
    In den Straßen war der Ruf des Branntweinhändlers zu hören. Am Hofeingang leierte ein Bettler seinen Klagegesang herunter. Als sie ihn ansah, erkannte sie Pain-Noir;
Pain-Noir mit seinen Lumpen, seinen Schwären und den Muscheln dieses ewigen Pilgers des Elends.
    Von Furcht ergriffen, rannte sie nach einem Brotkanten und einem Napf Brühe und brachte ihm beides. Der Gauner warf ihr unter seinen struppigen weißen Brauen einen finsteren Blick zu.

Kapitel 15
    November 1661
     
    N och einige Tage teilte Angélique ihre Arbeitszeit zwischen Meister Bourjus’ Kochtöpfen und Mutter Marjolaines Blumen auf. Die Blumenhändlerin hatte sie um ein wenig Unterstützung gebeten, denn die Geburt des königlichen Erben rückte näher, und die Damen wurden mit Aufträgen überhäuft.
     
    Als sie eines Novembertags auf dem Pont-Neuf saßen, begann die Palastuhr zu schlagen. Die Samaritaine fiel ein, und in der Ferne hörte man die dumpfen Böllerschüsse der Kanone der Bastille.
    Das ganze Volk von Paris geriet in Aufregung.
    »Die Königin ist niedergekommen! Die Königin ist niedergekommen!«
    In atemloser Spannung zählte die Menge mit.
    »Zwanzig, einundzwanzig, zweiundzwanzig…«
    Beim dreiundzwanzigsten Schuss brachen Handgreiflichkeiten aus. Manche meinten, es wäre der fünfundzwanzigste gewesen, andere beharrten auf zweiundzwanzig. Die Optimisten waren mit dem Zählen schon weiter, die Pessimisten hingen zurück. Weiter regneten Kirchenläuten und Böllerschüsse auf das im Freudentaumel befindliche Paris herunter. Es gab es keinen Zweifel mehr: ein Knabe!

     
    »Ein Dauphin! Ein Dauphin! Es lebe der Dauphin! Es lebe die Königin! Es lebe der König!«
    Die Menschen lagen sich in den Armen. Auf dem Pont-Neuf wurde gesungen. Spontan bildeten sich Reigen. Läden und Werkstätten schlossen. Aus den Springbrunnen floss der Wein in Strömen. An großen Tischen, die von Lakaien des Königs aufgestellt wurden, ergötzte man sich an Pasteten und Süßigkeiten.
    Am Abend wurde über der Seine, gegenüber dem Louvre, ein

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