Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
Vom Netzwerk:
nicht allein. Ich möchte in meinen Kampf und meinen Sieg die Masse der Verdammten einbeziehen, aber sie hat ein zu schweres Gewicht, das ich nicht zu heben vermag... Man zerstückelt uns, einen nach dem andern. Und der Gärungsstoff der Empörung wird schwinden, bevor er noch wirksam werden konnte.«
Mehr noch durch seinen resignierten Ton als durch seine Worte beeindruckt, wusste sie nicht, was antworten.
»Siehst du Raymond zuweilen?« fragte sie.
»Den Jesuiten? Pah?... Er würde mich nicht verstehen. Niemand kann mich verstehen. Nicht einmal du... Da, schau!«
In der Mitte des Saales angelangt, blickten sie zu der gewölbten Decke mit den weiten, bunten, von vergoldeten Stukkaturen eingerahmten Himmelslandschaften auf. Der Gott Mars schwebte dort in der Apotheose der aufgehenden Sonne, und sein strahlender Körper bildete einen scharfen Kontrast zu den dunklen Gestalten der Wölfe, die seinen Wagen zogen.
»O Gontran!« rief Angélique betroffen aus. »Er ähnelt ja Philippe!«
Der Maler lächelte selbstgefällig.
»Allerdings. Mir schien kein anderer Edelmann am Hofe geeigneter als Modell für den göttlichen Krieger. Welch unübertreffliche Schönheit«, meinte er, plötzlich in Feuer geratend, »welche Harmonie des Körpers und der Bewegungen – es ist eine wahre Augenweide, ihn zu beobachten.«
Er warf ihr einen Blick zu und brach in Gelächter aus.
»Du brauchst dich nicht aufzuplustern wie eine Truthenne. Ich will dir nicht schmeicheln, weil er dein Mann ist. Dein Verdienst ist es nicht. Du bist auch schön. Aber er, er hat etwas Zeitloses. Die melancholische Majestät der griechischen Statuen…«
»Hast du ihn aus dem Gedächtnis gemalt?«
»Aus dem Gedächtnis vermag ein Maler zuweilen Lebendigeres zu schaffen als vor der Wirklichkeit. Wenn du willst, male ich auch das Porträt deines Sohnes Cantor.«
Angéliques Augen füllten sich aufs neue mit Tränen.
»Ist das möglich? Du hast ihn doch kaum gekannt! Du bist ihm höchstens ein- oder zweimal begegnet.«
»Ich glaube, ich werde mich seiner erinnern.«
Er kniff die Augen zu, um sich einen halbvergessenen Eindruck zu vergegenwärtigen.
»Er sah dir ähnlich, er hatte grüne Augen. Du wirst mir helfen.«
Daheim fand Angélique zu ihrer Überraschung Monsieur de Saint-Aignan vor, der vom Kriegsschauplatz zurückgekehrt war und ihr ein Handschreiben des Königs übermitteln sollte.
»Des Königs?«
»Jawohl, Madame.«
Angélique trat zum Fenster, um die Botschaft zu lesen.
    »Madame«, schrieb der König, »Unsere Teilnahme an dem Verlust, der Euch in der Person Eures in so zartem Alter in Unserem Dienst gestorbenen Sohnes betroffen hat, regt Uns dazu an, Uns mit verstärktem Interesse um die Zukunft Eures ältesten Sohnes Florimond de Morens-Bellière zu kümmern. Demgemäß haben Wir den Wunsch, ihn als Pagen unter Monsieur Duchesne, dem obersten Mundschenk, in den Dienst Unseres Hauses zu nehmen. Wir würden Uns glücklich schätzen, wenn er sein neues Amt bei der Armee unverzüglich anträte, und es ist Unser lebhafter Wunsch, dass Ihr ihn auf dieser Reise begleitet.
Ludwig.«
    Verblüfft starrte die junge Frau auf die gebieterischen Züge der Unterschrift. Florimond Mundschenk des Königs! Die jungen Erben der größten Häuser Frankreichs rissen sich um ein solches Amt, dessen Erwerb sehr teuer war. Diese Ernennung bedeutete eine unerhörte Ehre für den unbekannten kleinen Florimond. Eine Ablehnung stand außer Frage. Doch Angélique zögerte, ihn zu begleiten. Sie zögerte zwei Tage lang. Dann schien es ihr lächerlich, eine Einladung auszuschlagen, die ihr die Möglichkeit geben würde, Philippe wiederzusehen, und die gerade im rechten Augenblick gekommen war, um sie von traurigen Gedanken abzulenken.
Schließlich begab sie sich, um Florimond abzuholen, nach Saint-Germain und fand dort die Hofgesellschaft in angenehmster Aufregung über eine offenbar recht pittoreske Szene vor, die der Marquis de Montespan, ermutigt durch die Abwesenheit des Königs, seiner Gattin in aller Öffentlichkeit gemacht hatte.
Die verschiedenen Zeugen geizten nicht mit Schilderungen von Einzelheiten, und hätte man die Geschichte vertuschen wollen, wäre sie durch den Papagei der Marquise dennoch in alle vier Himmelsrichtungen hinausposaunt worden.
»Hahnrei! Hahnrei!« kreischte der Vogel höchst aufgeregt. Sein Gezeter und Gebrummel war voller Klangmalereien, deren Sinn über jeden Zweifel erhaben war und in denen man, bei jeder Gelegenheit wiederkehrend, ganz

Weitere Kostenlose Bücher