Angelique und der Koenig
Schlachtfelder zu führen – mehr verlangt er nicht. Herzensangelegenheiten steht er gleichgültig gegenüber. Er hat es oft genug bewiesen.«
»Er hat mir auch bewiesen, dass er mich liebt.«
Der König erinnerte sich des Hofklatschs und wand sich wie ein gefangenes Tier.
»Mars in Liebe zu Venus entbrannt…? Nein, ich kann’s nicht glauben! Freilich halte ich Euch durchaus für befähigt, auch ein solches Wunder zu vollbringen.«
»Und wenn ich Euch sagte: Sire, ich liebe ihn, er liebt mich. Es ist eine neue und so selbstverständliche, so einfache Liebe. Würdet Ihr sie zerstören?«
Der König betrachtete sie eindringlich; in seinem Innern stritt sich die autoritäre Leidenschaft mit dem menschlichen Gefühl.
»Nein, ich würde sie nicht zerstören. Wenn es so ist, werde ich mich beugen. Adieu, Madame. Schlaft in Frieden. Ich sehe Euch morgen bei der Armee – mit Eurem Sohn.«
Achtundzwanzigstes Kapitel
Philippe erwartete sie am Eingang des königlichen Zelts. Gemessen verneigte er sich in seinem Gewand aus blauem, mit goldenen Litzen besetztem Samt, nahm ihre Hand und geleitete sie mit erhobenem Arm zwischen den Gruppen hindurch zu dem mit Spitzen und Silbergerät gedeckten Tisch, an dem der König Platz nehmen würde.
»Ich grüße Euch, mein Herr Gemahl«, sagte Angélique mit gedämpfter Stimme.
»Ich grüße Euch, Madame.«
»Sehe ich Euch heute abend?«
»Wenn der Dienst des Königs es mir erlaubt.«
Sein Gesicht blieb kühl, doch seine Finger drückten die ihren in einer Geste heimlichen Einverständnisses. Der König sah ihnen entgegen.
»Kein schöneres Paar lässt sich denken als der Marquis und die Marquise du Plessis-Bellière«, meinte er, zu seinem Großkämmerer gewandt.
»In der Tat, Sire.«
»Überdies sind es zwei liebenswerte und treue Diener«, fuhr der König bekümmert fort. Monsieur de Gesvres’ Augenbrauen stiegen um eine Winzigkeit in die Höhe, während er ihm einen verstohlenen Blick zuwarf. Angélique versank in einer tiefen Reverenz. Der König ergriff ihre Hand, um sie wieder aufzurichten. Sie begegnete seinem musternden Blick, der von ihrem blonden, mit Edelsteinen besetzten Haar über das mit Kornblumengewinden gezierte Kleid bis zu den zierlichen Schuhen aus weißem Satin glitt. Sie war als einzige Dame zum Souper des Königs geladen, und unter den anwesenden Edelleuten gab es viele, die in langen Feldzugsmonaten nicht das Vergnügen gehabt hatten, eine so hübsche Frau zu betrachten.
»Marquis, du bist glücklich zu preisen«, sagte der König, »einen solchen Schatz zu besitzen. Kein Mann heute abend – dein Souverän eingeschlossen –, der dich nicht um dein Glück beneidet. Du weißt es zu schätzen, so wollen Wir hoffen. Pulvergeruch und Siegesrausch haben dich zuweilen, wie jedem bekannt ist, den Reizen des schönen Geschlechts gegenüber blind werden lassen.«
»Sire, es gibt gewisse Lichter, die den Blinden sehend zu machen und ihn auf den Geschmack anderer Siege zu bringen vermögen.«
»Eine gute Antwort«, sagte der König lachend.
»Madame, sammelt Eure Lorbeeren ein.«
Noch immer hielt er Angéliques Hand in der seinen, und mit einer jener verführerischen Gesten, die nur ihm eigen waren und die er sich in der ungezwungenen Lageratmosphäre williger gestattete, legte er den Arm um Philippes Schultern.
»Mars, mein Freund«, sagte er mit leiserer Stimme, »das Schicksal verwöhnt dich, aber ich werde nicht neidisch sein. Ich schätze deine Verdienste und deine Treue. Entsinnst du dich jener ersten Schlacht, als wir knapp fünfzehn waren und der Luftdruck einer Kanonenkugel mir den Hut vom Kopf riss? Du liefst durch den Kartätschenhagel und hobst ihn auf.«
»Ja, Sire, ich entsinne mich.«
»Es war eine Torheit von dir. Und du hast deren seither noch manche begangen in meinem Dienst.«
Der König war ein wenig kleiner als Philippe, aber sie ähnelten einander in den harmonischen Maßen ihrer geschmeidigen und muskulösen Körper, die gleich denen der jungen Männer ihrer Zeit trainiert waren durch gymnastische Übungen, durch das Reiten und das früh erlernte Kriegshandwerk.
»Der Waffenruhm kann die Liebe vergessen machen, aber kann Liebe Waffenbrüderschaft vergessen machen?«
»Nein, Sire, ich glaube nicht.«
»Das ist auch meine Meinung... So, Herr Marschall, genug philosophiert... Madame, setzt Euch zu Tisch.«
Als einzige Frau der Tischgesellschaft, zur Rechten des Königs sitzend, vertrat Angélique die Stelle der Königin. Philippe blieb stehen, da er
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