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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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eigensinnige Geist des großen toulousanischen Grafen fand sich bei ihm wieder…
Sie sah ihn vor sich, wie er in den Krieg gezogen war, von stolzer Freude erfüllt unter seinem großen Hut. Sie sah ihn für die Königin singen, hörte seine Engelsstimme:
    »Adieu, mein Herz, adieu mein Lieb,
Adieu mein Hoffen du …!«
    Und sie erinnerte sich, wie sie ihn als ganz kleines Bübchen in den Temple heimgetragen hatte, durch ein winterliches Paris, das vom Duft der Krapfen von Mariä Lichtmeß erfüllt gewesen war. Das müde Hufeklappern eines Pferdes drunten auf dem Pflaster des Hofs riss sie aus ihren Erinnerungen. Gleichgültig schaute sie hinaus und glaubte, in dem Reiter, der schwerfällig aus dem Sattel glitt und die Stufen der Freitreppe heraufkam, Philippe zu erkennen. Aber Philippe war ja bei der Armee an der lothringischen Front, wohin der König sich eben erst begeben hatte. Ein zweiter Reiter trat unter den Vorbau des Haupteingangs. Diesmal erkannte sie eindeutig die lange Gestalt des Dieners La Violette, die sich unter dem Regen duckte. Es war also wirklich Philippe, der da ankam. Sie hörte seinen Schritt in der Galerie, bevor sie noch Zeit gefunden hatte, ihre quälenden Gedanken zu sammeln, und schon stand er vor ihr, bis zum Gürtel schmutzbespritzt und zum ersten Mal in einem recht kläglichen Zustand. Von seinem Filzhut und den Aufschlägen seines Mantels rann das Wasser.
»Philippe!« sagte sie und stand auf. »Ihr seid ja völlig durchnässt!«
»Es regnet seit heute früh, und ich bin ohne Unterbrechung galoppiert.«
Sie läutete.
»Ich werde Euch einen warmen Imbiss bestellen und tüchtig einheizen lassen. Weshalb habt Ihr Euch nicht angemeldet? In Euren Gemächern arbeiten Tapezierer. Da der lothringische Feldzug begonnen hat, rechnete ich mit Eurer Rückkehr nicht vor dem Herbst und hielt den Augenblick für günstig, um einiges ausbessern zu lassen.«
Er hörte ihr gleichgültig zu, in der breitbeinigen Haltung, die er in ihrer Gegenwart so oft annahm.
»Ich habe erfahren, dass Euer Sohn tot ist«, sagte er schließlich. »Die Nachricht ist erst in der vergangenen Woche zu mir gedrungen.«
Es entstand eine Stille, während der das Tageslicht unvermittelt zu erlöschen schien, nachdem die Regenwolken die letzten Strahlen der untergehenden Sonne verschleiert hatten.
»Er hatte davon geträumt, zur See zu gehen«, fuhr Philippe fort, »und es ist ihm noch beschieden gewesen, dass sein Traum sich erfüllte. Ich kenne das Mittelmeer. Es ist ein tiefblaues und gleich der Standarte des Königs mit Gold verbrämtes Meer. Ein schönes Leichentuch für einen kleinen Pagen, der so gern sang…«
Angélique starrte ihn mit großen Augen an. Tränen liefen ihr über die Wangen. Er hob die Hand und legte sie auf ihr Haar.
»Ihr hattet gewünscht, er möge nicht verdorben werden. Der Tod hat ihm jene Tränen der Scham erspart, die die bestürzten Knaben insgeheim vergießen. Jedem ist sein Schicksal vorausbestimmt. Das seinige war eitel Freude am Leben und am Gesang. Er hatte eine Mutter, die ihn liebte.«
»Ich habe nicht viel Zeit gehabt, mich um ihn zu kümmern«, murmelte sie, während sie ihre Tränen abwischte.
»Ihr liebtet ihn«, wiederholte er, »Ihr habt für ihn gekämpft. Ihr habt ihm das gegeben, was er zum Glücklichsein brauchte: die Gewissheit Eurer Liebe.«
Angélique hörte ihm mit einem wachsenden Gefühl der Verblüffung zu.
»Philippe«, rief sie schließlich aus, »Ihr wollt mich doch nicht glauben machen, dass Ihr die Armee verlassen und achtzig Meilen auf vom Regen durchweichten Straßen zurückgelegt habt, nur um... um mir diese Trostesworte zu bringen.«
»Das wäre nicht die erste Dummheit, zu der Ihr mich veranlasst«, sagte er grob. »Aber ich bin nicht deswegen gekommen. Ich wollte Euch auch etwas schenken.«
Er zog aus seiner Tasche etwas wie ein Etui aus altem, abgestoßenem Leder, das er öffnete. Ein seltsamer Halsschmuck kam zum Vorschein, aus einer grüngoldenen Kette und drei Plättchen aus rosa getöntem Gold bestehend. Die Plättchen trugen drei große, nach ihrer natürlichen Form geschliffene Edelsteine, zwei Rubine und einen Smaragd. Das Ganze war prächtig, aber von barbarischem, altväterlichem Geschmack, geschaffen, um von derben Schönen mit blonden Zöpfen getragen zu werden, wie die Königinnen der frühen Capetingerzeit es waren.
»Dies ist der Familienschmuck der Bellière-Frauen«, sagte er. »Er hat ihnen in all den Jahrhunderten die Tugend der Beherztheit

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